Plot zur November Con 2006
Mittwinternachtstraum
Die Welt fiebert Mittwinter entgegen.
Seit Tagen liegt eine knisternde Spannung in der Luft.
Die Feierlichkeiten in Thendara versprechen die grandiosesten seit Jahren zu werden, denn allem Anschein nach werden alle vier Monde zu Mittwinter am Himmel stehen.
Grund genug, dass auch ihr euch auf den Weg macht.
Als die Sterne einer frostigen Nacht am Himmel stehen, erreicht ihr auf eurem Weg Titanias Kupferkessel, ein großes Gasthaus an der Kreuzung der Nordstraße mit der Gewürzroute.
Gerade noch rechtzeitig bevor die Tore für die Nacht geschlossen werden.
Der Duft feiner Speisen heißt euch willkommen und das Aroma von Jaco und heißem Gewürzwein verspricht Ruhe und Erholung von der Reise. Die Grezalis laden zum Verweilen wie auch die Musik und das Angebot an Glücksspielen, um die Börse noch einmal aufzufüllen vor dem großen Fest. Dennoch liegt eine seltsame Stimmung über dem Hof und als ihr den Wirt nach einem Zimmer fragt, rollt ferner Donner über den Himmel.
Zur Tür kommt ein junger Mann herein, dem noch der Stallgeruch anhaftet.
„Da habt Ihrs ja grade noch geschafft vor dem großen Sturm!“, zwinkert er Euch zu.
Dann fährt er fort dem Wirt zu erklären, dass im Norden Gewitterwolken die Sterne verdecken und der eisige Wind bereits metallisch nach Schnee und Eis schmeckt. Einige Gäste blicken unruhig zur Theke hinüber und der Wirt legt Euch nahe, doch vielleicht lieber die Feierlichkeiten hier zu verbringen, statt zu riskieren morgen oder übermorgen auf offener Straße ein Opfer des Sturms zu werden.
Gemütlich ist es allemal und für Zerstreuung und das leibliche Wohl scheint gut gesorgt.
Ihr vereinbart einen erträglichen Preis für Kost und Logie und der junge Stallknecht bietet Euch an, die Zimmer zu zeigen.
„Mit all den Leuten hier, dürfte die Feier wirklich großartig werden.
Oberon wird sich da sicher einiges einfallen lassen.“
Er grinst Euch schelmisch an und meint:
„Wenn Ihr irgend etwas braucht, lasst es mich wissen!“
Als er sich umdreht hält er kurz inne, blickt Euch erneut an und stellt sich vor:
„Übrigens, mein Name ist Puck!“
~*~
Out-Time - Infos
Liebe Conteilnehmer, oder solche die es noch werden wollen,
dieser Plot ist als „Kleine-Leute-Plot“ gedacht.
Deshalb wäre es super, wenn ihr euch erst mal mit einem Bauer/Bürger anfreundet als mit dem Superlaranzu oder dem Domänenlord.
Wer bis zur Deadline nicht abgegeben hat, der bekommt von uns seine Rolle.
Wer gerne als NSC kommen möchte, möge uns doch bitte per Mail anschreiben, wir werden uns dann mit ihm/ihr in Verbindung setzen.
Wir haben uns viele Gedanken um ein verändertes Regelwerk gemacht, gerade wegen der vielen Diskussionen nach dem letzen Plot.
Folgende Rollen sind zu vergeben:
Der Bauer / Wirt
2 Schankmaiden
1 Stallknecht
Personal für einen großen Bauernhof mit Taverne und Gästehaus
Lia, Dio und Nayell
November Con 2006 - Berichte
Hier findet ihr die Berichte der Cons, die die im Forum gepostet wurden.
Ein bischen Hebammenklatsch
Puuuuk!!!
Lyondris Geschichte
Des Söldners Leid
Comyn,oder nicht Comyn? Das war hier die Frage
"Eine Bettgeschichte" v. Rafaith Scott
Ein bischen Hebammenklatsch
Wenn man den Gerüchten glauben schenken darf, die jetzt die Runde über das Geschehene machen, so war ich unbewusst an der rechten Stelle, als ich – verloren im Schneesturm – auf eine Reisegruppe traf, der ich mich anschließen konnte. Ein Mann mit zwei Frauen und einem Kind waren von den ungemütlichen Witterungsbedingungen genauso überrascht worden wie ich und gemeinsam machten wir uns auf die Suche nach einer Herberge für die Nacht.
Da! Endlich ein Licht in der Dunkelheit! Und ein warmes kupfernes Leuchten vom Zunftzeichen von Oberons und Titanias Kupferkessel! Noch dazu ein eilfertiger Bursche namens Puck, der uns ins Haus geleitete und einen Tisch zuwies. Sogleich war Beta, die Wirtstochter, dabei uns mit warmen Getränken zu versorgen. Meine erfrorenen Hände um den Henkeltopf mit heißem Jaco gelegt, schaute ich mich in der Herberge um.
Meine Mitreisenden waren recht schweigsam, wie schon auf dem ganzen Weg, denn nach ihrer Vorstellung hatten sie wenig von sich gegeben.
Ganz anders die beiden Männer an unserem Tisch! Der Mund lief ihnen fast über, als sie vom grausamen Tod ihres Gefährten berichteten, den die Vogelmenschen überfallen hatten. Pferde und Geld schienen ihnen auch noch verlorengegangen zu sein, was sie offensichtlich mehr beeindruckte, als der Verlust ihres Kumpans.
Es dauerte nicht lange und die Schänke füllte sich. Kaum ein Platz war noch frei und so kam es, dass ein weiterer Mann, ein Händler, an unserem Tisch Platz nahm. Claudius Caramellus handelte mit Süßigkeiten und auch er – oder besser gesagt: seine Bonbons - waren Opfer der hungrigen Ya-Männer geworden. Ohne Geld war er auf die Gunst des Wirtes angewiesen. Nichtsdestotrotz fing er bald darauf an mit einer der zwielichtigen Damen anzubändeln. Zugegeben, sie war ja hübsch und adrett, aber man konnte von weitem sehen, was ihr Gewerbe war. Als ich daraufhin den Händler nach seiner Familie befragte, gab er unumwunden zu, zu Hause eine Frau und Kinder zu haben. Soviel zur Treue der Männer! Als Hebamme bekomme ich genügend Klagen zu hören.
Ich setzte mich dann an einen anderen Tisch, denn die Gesellschaft behagte mir nicht, nachdem sich die Familie zurückgezogen hatte. Das Baby hatte Bauchgrimmen und die junge Frau nahm einen meiner Kräutertees entgegen und flößte ihn dem Kinde ein.
Erinnern kann ich mich auch noch an einen seltsam gekleideten und daherredenden Mann. Er wurde vom Wirt aus der Stube verbannt, weil einige Gäste seinen Geruch als anstößig empfanden. Da saß er nun im Stall und fror und brabbelte unverständliches Zeug. Er dauerte mich. Deshalb bezahlte ich ein Kupferstück für einen Becher Bier und brachte ihn dem Unglücklichen. Er schien immer noch verwirrt und nannte mich „Vai dom“, obwohl meine Röcke wohl kaum zu übersehen waren.
Dann lauschte ich noch einem Barden und ein paar Besuchern, die mit Liedern gegen Dunkelheit und Langeweile ankämpften, denn der Wirt hatte allen gesagt, dass ein Fortkommen an diesem Abend nicht möglich war. Wir waren eingeschneit.
Ich schlief tief und fest und selbst das Rütteln der Fensterläden machte mir nichts aus. Manche Gäste kamen am Morgen aber mit tiefen Augenringen zum Frühstück. Gerede von schrecklichen Albträumen machte die Runde und ein halbwüchsiger Junge schlug sogar auf dem Boden hin und sandte Blitze über uns. Es wurde nach Heilern gerufen und flugs war ich zur Stelle, aber ein Mann von Stande, gekleidet in gutes Tuch, machte mir klar, dass meine Hilfe hier nicht nützen würde.
Nun ja, es gibt immer hochnäsige Herren die die Leistungen anderer gering schätzen, und dieser Comyn gehörte wohl dazu.
Andere hatten Albträume von den Vogelmenschen gehabt und glaubten, jene wären noch nicht endgültig in den Wälder verschwunden.
So machten sich einige Männer an das Bauen einer Falle. Dass sie für Tiere durchaus brauchbar war, ergab eine Überprüfung mit des Wirtes Hausgetier.
Ich war sehr zufrieden, dass das Baby die Nacht gut überstanden hatte. Selten habe ich eine Familie gesehen, in der die Männer sich so um ein Kleinkind mühten. Da waren der junge Mann, ich nehme an, der Vater des Jungen, und dann auch noch sein Großvater, der plötzlich aufgetaucht war und dem wirr sprechenden Menschen vom Abend zuvor verdächtig ähnlich sah. Gerade als der Kleine seine Mahlzeit erhielt, tönte lautes Geschrei über den Hof. Vogelmenschen! Alles, was ein Schwert halten konnte, rannte nach draußen und mit vereinten Kräften war es ihnen vergönnt, die Eindringlinge zu fassen und einen Kopf als Abschreckung an die Wirtshaustür zu nageln.
Aber das sollte noch nicht der letzte Schrecken des Tages gewesen sein. Plötzlich gab es einen Riesentumult in der Küche. Der feine Herr stürzte auf den Wirt und seine Angestellten los und es kam zu einem heftigen Kampf, in dem auch Tiegel und Nudelhölzer als Waffen eingesetzt wurden.
Der Wirt und sein Koch wurden dabei schwer verletzt. Nun, da kein Heiler zugegen war, besann man sich meiner Fähigkeiten. Ich muss zugeben, es war kein leichtes Unterfangen, denn beim Versuch, mein bescheidenes Laran einzusetzen, konnte ich beim Hausherren kein Ergebnis erzielen. Ein Druckverband musste reichen und dazu ein Tee mit blutstillenden Kräutern. Und wie der Wirt sein Gesicht verzog und lamentierte, als er das Gebräu schluckte! Es gibt eben keine richtigen Männer mehr heutzutage. Beim Koch schoss mein Laran Kapriolen und erreichte zuviel des Guten. Das Blut gerann in Windeseile und der arme Mann wurde blass und blasser. Was tun? Ein paar meiner weißen Pillen konnten dem abhelfen. Froh, dass beide wieder genesen waren, durfte ich mich von jetzt an freier Kost und Logis erfreuen, was ich sogleich mit einen Krug Jaco ausnutzte.
Beta brachte ihn und zugleich ein geheimnisvolles Papier mit seltsamen Zeichen. Keiner hatte diese jemals zuvor gesehen. Ein paar des Schreibens kundige Gäste begannen, das Gewirr zu entziffern und erfuhren eine seltsame Geschichte von unvollständigen blauen Steinen. Mit aller Kraft wurden diese im Wirtshaus gesucht und um den Hals und im Zimmer der gewerbetreibenden Damen gefunden.
Eine davon war mir schon aufgefallen. Immer spielte sie mit einem feinen Taschentuch, das sie von einem ihrer Verehrer bekommen hatte, vor meiner Nase herum, so dass – ich gebe zu, ich war nicht neugierig! – ich das Monogramm erkennen musste. G.H.!!! Das war dasselbe Monogramm, mit dem ich im vergangenen Jahr auf die Suche nach dem Vater des Findelkindes gegangen war. Damals hatte ich keinen Erfolg. Sollte er mir hier beschieden sein?
Aber nein. Die Dame könnte sich nur an die Erscheinung und Kleidung des edlen Spenders erinnern, aber nicht an seinen Namen.
Unheimlich wurde uns allen, als der Barde berichtete, wir würden alle diesen Abend nicht überleben. Das Böse gehe um, sei aber nicht greifbar. Hatten die blauen Steine etwas damit zu tun?
Irgendwann hatten die Männer diese mit Kupferdraht zusammengesetzt und ein Matrixgitter gebaut. Laran sollte helfen, den Stein wieder zum Ganzen werden zu lassen. Diesmal war ich froh, dass man mich nicht fragte, denn als wilder Telepath wäre das Risiko wohl zu groß gewesen.
Von Ferne betrachteten wir die geheimnisvolle Zeremonie, die in einem nebelverhangenen Disaster endete. Der Kreis brach auseinander und Hilfe tat Not. Doch ich hielt das Kind im Arm, das mir die junge Mutter, die im Kreis wirkte, anvertraut hatte. Wo sollte ich meine Loyalitäten zuerst suchen? Das Kind bewahren oder die Verletzten retten?
Ich drückte es einem neben mir Stehenden in die Hand und stürzte ins Gedränge der gefallenen und verwundeten Kreisarbeiter. Mit letzter Kraft setzte ich mein Laran ein, um dem Großvater des Kindes bei einer tiefen Rückenwunde beizustehen und endlich hatte ich Glück und konnte meine Fähigkeiten so einsetzen wie ich es geplant hatte. Froh, einen Menschen gerettet zu haben, wandte ich mich nach dem Kinde um.
Oh Schreck! Der Mann war verschwunden!! Mir wurde kalt bis ins Mark. Was hatte er mit dem Jungen vor? Die Mutter erhob sogleich ein wildes Geschrei und stürzte auf mich zu. Gemeinsam rannten wir durch alle Räume des Wirthauses. Aldones sei Dank, das Kind war wohlbehalten aus der Gefahrenzone gebracht worden.
Nach all der Aufregung klang der Abend doch noch versöhnlich mit einem guten Braten und fröhlicher Musik aus. Und diesmal hätte es draußen stürmen und schneien können, es hätte uns nicht gestört.
PS. Mit meinen „Laranaugen“ habe ich das alles festgehalten. Die Bilder sind noch durch die Hellers unterwegs.
Puuuuk!!!
Ich hoffe ihr seht es mir nach, wenn ich daß ein oder ander dezent durcheinanderwirbel, aber beim vielen herumwirbeln hab ich von den 1000 Fäden einige schwer fallengelassen.
PUCK!
Willkommen in Tiatania’s Kupferkessel, darf ich mich kurz vorstellen:
Mein Name ist Puck, ich bringe Euch zu Oberon dem Wirt und egal WAS Ihr braucht,
ich besorge Euch ALLES was in meiner Macht steht.
So begrüßte ich die ersten Gäste, welche gut daran taten, hier bei uns in der Herberge zuflucht zu suchen.
Es war noch früh am Tag und mein Gebein, auf welches leider immer Verlass war, ließ mir nur zu gut spüren, daß ein schwerer Schneesturm wohl auch Gast zum Wittwinter-Fest sein wird.
Eigentlich hatte ich mir ein ruhiges Fest erhofft, aber daß was die Tage auf mich lauerte, spottete jeder Beschreibung, von wegen Ruhe!
Die Leute strömten geradezu auf den Kupferkessel zu.
Zwei Söldner, der eine größer als der Schrank in meiner Stallknechtsstube mit einem mehr als edlem Streitroß und grimmigem Blick und ein daneben fast windig wirkender junger Kerl, welcher aber flink und wach dreinschaute und einem ..nunja…was hatte er am Zügel…wenn ich es nicht besser wüsste und ansich weiß ichs noch immer nicht, so könnte dieses jämmerliche Geschöpf eine Mischung aus Muli und Chervine sein.
Wohlan, ich führte die Beiden zu Oberon und justament hörte ich schon die nächsten Gäste sich vor der Tür den Schnee von den Stiefeln klopfen.
Eine ganze Reisegesellschaft, grob durchgefroren, ein Mann und zwei Frauen, von denen eine ein quäkendes Bündel unter dem Schweren Mantel verbarg. Bei Evanda! Ein Baby!
Hurra, ich hoffte nur, daß dieses Balg Nachts nicht die ganze Herberge zusammenschrie.
vor allem nicht meine wohlersehnte Nachtruhe.
Dann kamen auch noch zwei Herren, welche ich schon oft genug hier antraf und war nicht böse über ihre Anwesenheit, denn wenn sie da waren schadete es meinem Kupferbeutel nie.
Die Herrschaften hatten eine lukrative Geschäftsidee umgesetzt und die Damen die sie seinerzeit in unserer Herberge als Dauergäste einquartierten waren ja auch nicht so ganz ohne.
So fiel auch dauerhaft der ein oder andere Sekal für mich ab, wenn ich den ein oder anderen Gast in die Nähe einer der Damen geschickt bugsieren konnte.
Auf alle Fälle war mir klar, daß den Beiden daran gelegen war, ob ihrer Identität in Kognito
bleiben zu wollen.
Einer der Söldner war neugierig und wollte wissen, wer wohl die beiden Gecken seien. Auf die schnelle fiel mir nichts dümmeres ein, sie als Alderans zu deklarieren. Wer kennt in dieser Gegend schon einen Alderan von Angesicht, dacht ich mir, unwissend wie falsch ich mit dem Gedanken liegen würde.
Der Sturm begann urplötzlich stärker zu werden und was schneite mit ihm herein…na Toll…Ich roch den Ärger regelrecht. Zwei Männer…na ja einer grad eben dem Knabenalter entwachsen…in guter Kleidung und sie stanken förmlich nach Kupfer. Der Junge zog ein Gesicht, welches gut und gern der schlimmsten Gewitterwolke entsprungen sein könnte.
Ein vorlauter verzogener Bengel der grad noch auf dem Weg zum Tor eine Standpauke über das benehmen eines Mannes von Stand abbekam.
Na Bravo, da kommen auch noch Comyn zu uns, die haben mir grade noch gefehlt. Auch wenn es mir nicht schwer fiel, so zog ich meine geistigen Barrieren etwas höher. Der Fluch in Meinem Kopf war mir ab und an bei meinen Geschäften zuträglich, aber ansonnsten war ich nicht all zu froh über meine Donas. Es hatte seinen Grund warum ich fernab hier als Stallbursche lebte und einfach meine Ruhe wollte.
Flugs sah ich zu, die beiden zu Oberon und Titania zu bringen und möglichst nicht in Ihrer äußerst Arroganten Gegenwart zu verweilen, gleich gar nicht nachdem der Junge lautstark krakeelte, es röche hier nach Ziege.
Ich verdrückte mich in den Stall um einmal in Ruhe die Reittiere der Gäste zu versorgen und auch einen Überblick zu bekommen, welche der Tiere sich nebeneinander am besten vertrugen. Es dauerte nicht lange bis Oberons mehr als ungeduldiger Schrei meinen Namen sehr laut und lang gezogen über den Hof schallte.
PUUUUUUUUUUUCK! Verdammt nochmal wo steckst du schon wieder.
oh oh…jetzt pressierts.
Schnell folgte ich dem Ruf und fragte Oberon was er den wolle.
Aufgeregt teilte er mir mit, daß wir Comyn zu Gast haben herrjeh, welch Neuigkeit! und daß wir uns um die hohen Gäste besonders zu kümmern hatten und ich die Betten in Ihrem Zimmer nochmal aufschütteln soll.
Ich, PUCK der Stallknecht, soll die Betten der Schnösel aufschütteln!? Aber Halloooo, sind in seiner Familie nicht genug Weibsbilder, welche dieser Arbeit nachkommen sollten??
Nun gut, dann schüttel ich die Betten halt auf, obwohl ich weiß, daß sie es nicht nötig haben.
Leicht frustriert trieb ich meine Faust in das Kopfkissen, stellvertretend für den Kopf dessen, der sich als nächster darauf betten würde.
Zurück in der Schankstube, in der Hoffnung einen Schluck heißen Jaco’s zum wärmen meines durchfrorenen Körpers zu bekommen.
In der Stube wimmelte es nur so von Gästen und Beta, die Tochter Titania’s warf mir einen schmachtenden Blick zu. Selbst wenn ich gewollt hätte, aber ich habe gelernt mich nicht mit Frauen einzulassen, welche in Ihrem Clan Verwandte mit der Aufschrift Ärger hatten.
Sie war lieb und bemühte sich wahrlich um mich, aber ich wollte mir meine neu gefundene Heimat nicht durch den Zorn Oberons verscherzen. Es wäre nicht das erste mal, daß mir nahegelegt würde zu gehen, nur weil sich die falsche Frau unaufgefordert aber willig in mein Bett gelegt hat. Was kann ich dafür, daß ich von Kindesbeinen an beim Fahrenden Volk gelernt habe, Frauen anders zu achten als es bei den sesshaften der Fall war.
Tja und ganz adrett bin ich ja nun auch…Aldones bin ich heißßßßßßß 😉
Aber lieber gönn ich mir ein Schäferstündchen mit Rabatt bei einer unserer Stammgäste,
als Lohn und Brot zu verlieren.
Lang konnte ich nicht meinen Gedanken nachhängen, als plötzlich lautes Geschrei erschallte.
Es wurde nach Hilfe gerufen und von einem Angriff geplärrt. Männer mit gezogenen Schwertern eilten an mir vorbei und zur Hintertür hinaus. Ich zog meinen Dolch, welcher mir ansich meist nur zum Essen diente und blieb vor der Hintertür, durch welche die todesmutigen stürmten stehen und beobachtete das Geschehen aus der Weite. „Vogelmenschen“ riefen die einen, „Puck einen Heiler“ die anderen.
Heiler…einer von der Reisegesellschaft schien mir ein solcher zu sein, also trabte ich in die Stube und rief einfach „ist ein Heiler zugegen?“
Der den ich vermutete sprang auf und folgte mir zum Ort des Geschehens.
Er stellte nur noch den Tod des armen Kerls, der dort danieder lag fest und empfahl dummerweise diesen zu verscharren. Mir schwante böses, wer wohl diesen letzten Dienst erweisen darf.
Welch schöner Tag, murrte ich vor mich hin und traf im Hof auf einen ziemlich heruntergerissenen Mann. Er irrte ziemlich Planlos umher...
Fast zur gleichen Zeit, als ich den Alten erspähte hörte ich, wen wunderts ein lautes
„PUUUUCK! Was ist das für ein Penner?? schaff ihn vom Hof, er hat doch eh nix!“
Ich war entsetzt! Einen Mann in diesen Sturm zu jagen war grade so als ob man ihn gewollt in den Tod schicken würde. Schnell merkte ich, daß mein Gedanken von mehreren die dies hörten geteilt wurde. Ich eilte geschwind auf ihn zu, wenigstens um zu erfahren wer er denn überhaupt sei.
„Hey da alter Mann, was verschlägt euch zu uns. Nun gut, er sah schon etwas heruntergekommen drein, aber unter der tiefen fransigen Hutkrempe blitzten zwei freundliche Augen hervor. Er zuckte kurz zusammen, als ich ihn anrief aber er lächelte mich an.
„„Ich bin Dereck, vai Dom.““ sprach er und hielt wie zum Schutz den angewinkelten Arm vor sich.
„Aha, Dereck heißt du, aber warum nennst du mich Vai Dom? Ich bin kein vai Dom, sondern nur Puck. Also sag mir wo du bei dem Wetter hin willst.“
Er sah mich an und es war so als ob er jedes Wort Buchstabe für Buchstabe in sich aufsaugen würde.
„„Vai Dom hat gesagt, geh nach Thendara, vai dom Puck.““
Ich zog eine Augenbraue hoch jetzt nennt er mich schon wieder vaiDom, was soll daß? Der hellste ist er wirklich nicht
Von der Eingangstür hörte ich Oberon schon wieder plärren „Puck! Was stehst Du da rum, schick den Alten weiter!“
Der ältere unserer welcher sich darum kümmerte, daß wir in der Taverne wenig Ärger haben und sich um seine einquartierten Damen kümmert kam auf uns zu.
Er nahm mich zur Seite und meinte „Wir haben hinten noch das Problem, welches tiefer gelegt werden müsste, vielleicht kann dir der Alte dabei helfen, wenn er es macht gib ihm die 2 Sekal, dann kann er sich wenigstens was Warmes zu trinken kaufen“
Ich strahlte ihn an, der Mann gefällt mir und er hat immer ne gute Lösung parat.
„Dereck“ rief ich und winkte ihn zu mir zu kommen und er kam sogleich auf mich zu und schaute mich an wie ein großer treuer Hund.
„Dereck, kannst Du mir helfen ein kleines Problem zu beseitigen? Du bekommst auch 2 Sekal als Lohn und kannst dir damit etwas warmes zu Trinken kaufen.“
Er nickte mir voller Eifer zu. „„Dereck vai Dom Puck helfen und 2 Sekal bekomme, ja ja, was soll Dereck für vai Dom Puck der kein vai Dom ist machen?““
Ich führte ihn zu dem Ort, wo das Problem abgelegt wurde und gab ihm Spitzhacke und Schaufel und wies ihn an, das Problem zu verscharren und flugs machte er sich an die Arbeit.
Als ich zurückkam stand Rafaith, ein strammer Kerl der zuvor mit einem etwas seltsam und vor allem komisch sprechenden Mann eintraf, vor der Tür. Ich hatte mich in der Stube schon kurz mit ihm belanglos über das Wetter und dergleichen unterhalten und er schien mir ganz in Ordnung. Kaum daß ich auf seiner Höhe war, sprach er mich auch gleich an „„Sag mal, es gibt hier doch bestimmt viel zu tun, kannst du mir nicht irgend eine Arbeit besorgen für die ich eventuell einen Schlafplatz erhalten könnte, egal was es ist, hauptsache ein Bett und vielleicht eine Mahlzeit kommen dabei rum?““
Ich überlegte kurz sagte er egal was es ist…hm…sei vorsichtig um was du Bittest, es könnte Dir gegeben werden, da war noch eine Arbeit um die ich mich seit Tagen drückte
„Du bist gut gebaut und ich hätte da was, ich frag Oberon ob er mit dem Handel einverstanden ist. Ah da kommt er eh gerade.“
Oberon kam eh schon auf uns zu und ich nutze sogleich die Gelegenheit, ihm schmackhaft zu machen, daß der Mann diese Arbeit machen wolle.
„Oberon, der Mann würde uns die längst fällige Latrinengrube ausheben, wenn er für diese Nacht ein Bett und eine warme Mahlzeit bekäme, es wäre ja wirklich dringend, bei den vielen Gästen wird die alte Grube…na du weist schon…und ich hab alle Hände voll zu tun.“
Irgendwie konnte ich es mir nicht verkneiffen, über die Schulter zu Rafaith zu sehen, als ich
Oberon den Handel unterbreitete. Rafaiths Blick als er die Art der Arbeit erfuhr sprach Bände.
Was bin ich doch für ein Schelm, lächelte ich in mich hinein.
Oberon war klar, daß bei unserer alten Grube und der Menge Gäste die Sch… bald bis an den Donnerbalken reichen würde und er willigte sogleich zum abgemachten Lohn, wenn auch murrend ein.
Grinsend wandte ich mich zu Rafaith „Siehst, es ist ganz einfach, schon hast Du ein warmes Bett und eine Mahlzeit, ich sagte nicht umsonnst bei der Begrüßung, wenn Du etwas brauchst, wende Dich an mich.“
Rafaith schluckte, er hat wohl nicht damit gerechnet, sich das Bett so hart verdienen zu müssen, aber des einen Freud des andren Leid und spitzbübisch geb ich zu, daß ich lieber auf der Seite der Freud stehe.
„„Tjaaa…““ seufzte Rafaith „„Dann werde ich mich wohl an die Arbeit machen, danke Puck!
Wenn du mir noch Werkzeug geben könntes, dann mach ich mich sogleich an die Arbeit.““
schwang da leichter Sarkasmus in dem Wortlaut mit? Ok, ich verstehs
„Ich bring Dir gleich Schaufel und Spitzhacke, der Boden ist leider verdammt hart.“
So dann schau ich mal ob Dereck mit der Landschaftsverschönerung schon fertig ist.
Seine Arbeit war gut verrichtet. Wer hätte gedacht daß in dem Alten so viel Kraft steckt, einfach war es gewiss nicht.
Eigentlich klopfte ich dem Mann nur freundschaftlich auf die Schulter und wollte Ihm für die gute Arbeit danken, aber er wich sofort erschreckt zurück und hob abwehrend den Arm und rief fast panisch „„Nicht schlagen, vai om Puck, der nicht vai dom genannt werden will, vai dom!““
„Bei allen Göttern, ich tu dir nichts, sieh her, ich hab hier 2 Sekal mit denen du in die Stube gehen kannst um was Warmes zu trinken und dich etwas aufwärmen kannst. Komm mit und erzähl mir doch was dir armen Mann geschehen ist? Was ist passiert?“
Der Mann tat mir leid, wer weiß wie lange er schon so umherirrte und ich wusste zu gut, wie grausam Menschen sein konnten, wenn ihnen Fremde gegen den Strich gingen. Denn das fahrende Volk wurde nicht überall freundlich empfangen. Irgendwie wollte ich ihm helfen.
Dereck griff lächelnd nach den Kupferstücken in meiner Hand und sagte in einem Tonfall als ob er über die Schönste Sache der Welt reden würde „„Alle tot, vai Dom, Frau tot, Tochter tot, großes Feuer, alles verbrannt. Vai dom sagen, Dereck nach Thendara gehen und großen Vai Dom sagen, alle tot.““
Wie vom Donner gerührt blieb ich stehen und sah den Mann an.
„Gnädige Avarra, alle tot? Deine Frau und deine Tochter verbrannt und Haus und Hof auch hin?? Wo ist das geschehen und welcher Vai Dom schickt nach Thendara?“
Wir waren schon nah genug bei Rafaith, daß dieser die Worte von Dereck auch vernahm.
Er eilte sogleich mit bestürztem Gesicht auf uns zu und fragte mich ob er es recht verstanden hatte. Der arme Mann, kein Wunder, daß sein Geist angeschlagen war, bei dem Grausamen Erlebnis.
Zugleich redeten wir auf den gebeutelten Mann ein, wo dies denn geschehen sei und warum ihn ein vai Dom nach Thendara schickt und zu welchem großen vai Dom er das sagen solle.
Dereck schaute mit einer gewissen faszination abwechselnd Rafaith und mich an
„Komme von Alton Land, vai dom Puck, geh nach Thendara sagt vai Dom, Thendara Hasturland, sage alle tot.“
Rafaith und ich sahen uns fragend an, über unseren Köpfen hingen Fragezeichen so groß wie die schweren Schneewolken am Himmel, wir verstanden überhaupt nichts mehr.
Die beiden Söldner kamen nach draußen, wohl um etwas Luft zu schanppen
„He da, ihr beiden“ rief ich sie an „Herrscht auf Alton-Land Krieg?“
Der größere sah uns verdutzt an „„Auf Alton-Land? Dort herrscht seit einem Jahr Frieden, wir kommen geradewegs von Hammerfell, aber von erneutem Krieg auf Alton-Land weiß ich nichts.““
Rafaith sah mich an und stillschweigend waren wir uns einig, daß diesem Mann gehofen werden musste. Er nahm Dereck Hacke und Schaufel ab und nickte mir zu
„Sieh zu daß der Mann was warmes bekommt und ich werde nicht eher ruhen ein Zweites Bett für den Mann zu besorgen, wenn ich mir eines verdingen kann, dann auch ein zweites.“
sprachs und machte sich an die Arbeit.
Respekt, ein Mann mit dem Herz am rechten Fleck. Jetzt wurmts mich fast, daß ich ihm solche Drecksarbeit zu geschanzt hab.
Dereck hatte nun Kupfer, was soll Oberon jetzt noch sagen können, wenn ich Ihn in die Stube brachte. Falsch gedacht, kaum hatte ich den alten in die Stube geschoben, erschallte schon Oberons gebrüll, auch einige der Gäste warfen uns unfreundliche Blicke zu. Ich seufzte, einzig und allein die Reisegruppe sah eher interessiert und nicht abweisend zu dem Mann.
Rufe, nicht nur von Oberon wurden laut. „Der stinkt nach Ziege“ kam, wen wunderts, aus der Castamier Ecke, „Er verärgert unsere Gäste“ brüllte Oberon, ich sah zu Titania und sie blicke verunsichert zu den Castamiers und mir, als wollte sie mir flehentlich zu verstehen geben, daß sie auch nicht weiß was sie tun soll und für wen sie sich entscheiden solle.
Mir blieb nichts als laut zu seufzen und insgeheim wünschte ich den Leuten, in eine ebenso missliche Lage zu geraten, wie dieser geplagte Mann. „Komm Dereck, die sind alle nicht Nett, ich bring Dich in die Futterscheune, dort ist es wenigstens nicht so kalt und führte ihn fort von den feindlichen Blicken. Mögen die Götter geben, daß er diese Blicke nicht mehr zu deuten verstand.
Kaum als ich von der Scheune zurückkam um noch etwas Jaco für ihn zu holen, kam Oberon wutentbrannt auf mich zugeschossen „PUCK!Was hast Du getan!?“ brüllte er und packte mich sogleich am Arm und zerrte mich unwirsch ums Hauseck.
Er zwang mich in die Knie und setzte eine Zange an meinem Ohr an und drückte zu.
Schmerz durchfuhr mein Ohr und ich konnte nur noch winselnd fragen, was denn in ihn gefahren sei.
Aufgebracht und voller Zorn rief er „Du mieser Knilch bist so dreist und greifst in meine Kasse!!“
Das war zu viel, der Schmerz war höllisch, aber die Wut über diese böswillige und vor allem Falsche Anschuldigung ließ mich fast mit fester Stimme sagen, daß ich nichts dergleichen getan habe.
Es reichte Oberon nicht und er glaubte wohl noch derber werden zu müssen und zog mir eine Daumenschraube über den Finger und drehte so zu, daß ich das Gelenk knacken hörte
„Gieb es endlich zu!!“ schrie er.
Die Tränen schossen mir in die Augen, es tat so weh.
Jetzt konnte ich nur noch wimmern „Ich hab nichts getan, warum sollte ich und es ist Titanias Kasse und Sie würd ich nie bestehlen!“
Oberon ließ ab, wie es schien glaubte er mir nach der Folter doch.
Gequält schleppte ich mich zur Scheune, Dereck stand da und ich klagte ihm mein Leid.
Der alte Mann hob die Hand und griff sachte nach meinem Ohr und legte die andere Hand auf meinen schmerzenden Daumen. Meine Nackenhärchen sträubten sich und ich fühlte plötzlich starkes Laran. Dereck sagte ganz ruhig „Du bist geheilt“ und lächelte.
„Wer bist Du?“ stammelte ich, der Daumen und auch das Ohr schmerzten nicht mehr, wer war dieser Mann???
Ich konnte nur noch „Danke, ich komm bald wieder“ stammeln, denn jetzt wollt ich wissen was es mit der Beschuldigung auf sich hatte. Schnell noch ein Taschentuch um den Daumen gebunden und die Hand ans Ohr gelegt ging ich in die Stube und winkte den Heiler herbei.
Schon länger schwante mir, daß auch er Laran hat und irgendwie traute ich ihm.
Oberon rief mir „Tut mir leid Puck, es hat sich alles geklärt“ zu. Dafür erntete er erst Recht einen beleidigten Blick.
Finn, so erinnerte ich mich, kam auf mich zu., laut bat ich ihn meinen kaputten Daumen anzusehen und hielt ihn ihm unter die Nase.
Verwirrt sah er mich an „Da ist nichts?“ sprach er leise fragend.
Leise flüsterte ich ihm zu „Genau daß ist das Problem, Oberon hat mich mit einer Daumenschraube taktiert, so daß das Gelenk knackte und das Ohr hat er mir auch fest gezwickt. Der Alte Mann hat mich nur berührt und weder Schmerz noch Wunde sind noch da.“
Finn schaute mich erstaunt an „Was soll ich jetzt heilen?“
Ich zwinkerte ihm zu, „Du warst seit eurer Ankunft immer nett zu mir, sollst auch was davon haben.
Schnell drehte ich mich zu Oberon, dessen Blick tatsächlich so was wie schlechtes Gewissen ausstrahlte „Oberon, gib den Mann 2 Kupfer, dafür daß er meine Arbeitkraft wieder hergestellt hat.“ stand auf und ging mit einem leichten grinsen im Gesicht.
Mein Hauptbegehr war nun in erster Linie heraus zu bekommen was es mit Dereck auf sich hatte. Wer war er und was war ihm geschehen. Eines war klar, er hatte Laran und davon nicht zu wenig, denn die Leichtigkeit mit der er mich heilte war schon fast unheimlich, aber letztendlich stand ich in seiner Schuld, denn ohne seine Tat hät ich länger mit einem sehr schmerzenden Daumen zu kämpfen.
Von den meisten Leuten die hier weilten war nicht viel Hilfe zu erwarten und vor allem wenig Verständnis oder glauben an meine neue Erkenntnis von Dereck.
Mir fiel Sharian (Möge daß Nayells geheimnisumwittertert Char-Namen gewesen sein, jetzt heißt er halt so *g*) ein. Er hatte von Anfang an für Dereck gesprochen, also machte ich mich auf die suche nach ihm, oder wollte.
Wie es auch sei, eines der wohl häuffigsten Wörter in dem Sprachschatz aller am Anwesen befindlichen hallte durch die Gänge „PUUUUUUUCK!“
Flugs eilte ich in die Richtung, aus welcher gebrüllt wurde und lief dem älteren Castamir in die Arme „Puck, hast Du Lyondri gesehen? Such Ihn!“ Auch Oberon kam dazu und machte eine scheuchende Handbewegung. Nun gut, wenn der Bursch verstecken spielen will, dann such ich ihn halt und tat das auch pflichtbewusst und sah wirklich in jedem Winkel des Hauses nach. (Ganz schön groß die Herberge, hab ich da erst mal so richtig realisiert)
Zurück von der Ergebnislosen Suche, stellte sich heraus, daß der Bursch wieder aufgetaucht ist, aber dennoch wanderte eine Belohnung für meine Mühe vom Castamir in meine Geldkatze. So dann, auf zu Sharian, mal sehen was der von meiner Information hält.
Gesucht, gefunden und er war sichtlich Erstaunt über meine Vermutung, daß der alte nicht das ist was er schien. Ein Mann mit starkem Laran, auch wenn sein Geisteszustand das nicht erahnen ließ. Gemeinsam suchten wir die Castamirs auf, die einzigen von denen wir wussten, daß sie mit Laran umzugehen vermochten. Der Junge kam geradewegs aus dem (für mich verfluchten) Turm zu Hali. Dereck brachte ich nach kurzer Absprache in meine Kammer und Sharian mit den Castamirs stießen dazu. Merryl Castamir beauftragte Lyondri einen Wahrheitszauber zu weben. Dieser wandte ein, wer ihn überwachen solle und zu meiner eigenen Überraschung, wohl weil ich zum einen Helfen und zum anderen meine Neugierde zog ich meinen Matrixbeutel heraus und sagte „Ich überwache dich.“
Drei verwunderte Augenpaare hafteten sogleich auf mir „Schon gut, ich bin ausgebildeter Überwacher, wenn auch schon etwas aus der Übung, aber dafür reichts noch und nickte Lyondri zu.“
Ich griff mit meinen Geist hinaus zu Lyondri und fühlte seine anfängliche Nervosität, welche aber schnell der Routine wich. Es war spürbar, wievile Kraft es den Jungen kostete, er griff mental nach Dereck und stellte ihn mit harter Stimme die Frage, wer er denn sei.
Dereck zuckte kurz zusammen und begann sein altes Lied herunter zu leiern.
„Ich Dereck vai Dom, nach Thendara gehen muß…nicht schlagen…“
Dereck wand sich und Lyondri brachte Immense Kraft auf, wiederholt befragte er den alten mit eindringlcher Stimme „Wer bist Du und was willst Du!“
So gut es ging versuchte ich mental Lyondri zu stützen, es war seltsam, daß ein Wahrheitsbann so schwer aufrecht zu erhalten war für einen geübten Turmarbeiter, es sei denn der zu Befragende war stark.
„Ich Dereck…vai Dom Raffalla Hagebuttenwein…großen vai dom sagen Yoric…nicht schlagen vai Dom Puck der nicht vai Dom genannt werden will…nach Thendara gehen, alle tot…“
Wie durch einen gut gezielten Faustschlag warf es Lyondri zu Boden und aus der Verbindung und auch mich traf eine Welle von Schmerz und versuchte so vorsichtig es ging den Raport zu Lyondri zu trennen. Beide fühlten wir uns ausgelaugt.
Merryl, Sharian und wir beiden sahen uns verwirrt an.
Dom Castamir schüttelte verständnislos den Kopf „Dom Hagebuttenwein…der Mann ist wirr, sonnst nichts.“ Auch Sharian konnte mit dem gestammel nichts weiter anfangen und Lyondri und ich wurden losgeschickt uns zu erholen und vor allem zu Essen.
Bereits auf dem Weg hat es bei uns beiden ’KLICK’ gemacht und Lyondri begann die gehörten Namen lamentieren.
„Verdammt soll ich sein, wenn ich diese Namen nicht vor langem im Zusammenhang gehört habe, schließlich liegt es nicht zu lang her, daß ich dieses Verdammten Zuchtbücher studieren und deshalb auch Latrinenschrubben musste und überhaupt, wo hast du überwachen gelernt?“
Ich schluckte kurz, ja die verdammten Zuchtbücher, sie waren für mich hochinteressant und zugleich erschreckend. Es war wohl eher nicht davon auszugehen, daß auch nur ein Funken von Liebe bei der gezielten Zeugung solch Kinder mit im Spiel war.
„So wie Du habe ich in Hali gedient, ich kam bis zum Überwacher als man mir nahe legte den Turm zu verlassen, aber hake nicht weiter nach, es war weit vor Deiner Zeit.“
Während wir da saßen und Rosinen und Nüsse mechanisch in uns reinstopften versuchten wir die Namen irgendwo unterzubringen…Yoric…Raffaella…Hagebuttenwein???
Plötzlich entfuhr Lyondry „Alderan, ja klar…er meinte nicht Raffaela sondern Rakhaila und Yoric ist ihr Vater!“
Lyondri wurde laut und sofort begann Merryl Castamir beschwichtigend auf ihn einzureden, daß hier keine Alderans oder wohl noch schlimmer di Asturiens unter den Gästen verweilen würden.
Eine Welle von Wut und Hass schwappte zu mir und ich war froh, daß er den Jungen aufs Zimmer schicke um zu Ruhen, was er auch nötig hatte nach der Anstrengung.
Ruhe…daß wärs jetzt dacht ich mir aber da wurde schon wieder nach mir verlangt.
Ein seltsamer Typ mit noch viel seltsameren Akzent bat mich, ihm nach draußen zu folgen.
Er druckste etwas herum und meinte dann, er habe einen Freund der seit langem nicht mehr geschlafen hat und er habe gehört, daß evt. ich ihm etwas besorgen könnte, was das Schlafproblem beheben könnte.
hm…Schlafproblem, wer hat dies zur Zeit nicht… in Gedanken ging ich meinen kleinen Fundus durch und tatsächlich, ich hatte was, daß dem FREUND helfen könnte.
Ich bat ihn kurz zu warten und stapfte zu meiner kleinen Fundgrube, er wartete derweil und ich kam schon bald zurück und hielt ihm meine Version von Schlafmittel hin.
Er schaute mich verwundert an „Ein Pilz? Ich dachte ein Pulver oder dergleichen? Wie soll ich Ihm das geben?“
Herrjehh, der hat wirklich keine Ahnung WAS für einen Pilz ich ihm da hinhielt
Als ich den Mann das erste mal sah, dacht ich mir bei seiner Kleidung, er könne zu einem der kleinen unbekannteren Clans der Fahrenden gehören, aber nach dieser Reaktion, fiel der Gedanken flach.
„Soll er ein paar Stunden schlafen, dann gib ihm maximal die Hälfte davon, ist es mehr schläft er zu guter Letzt für immer. Misch es unter das Essen oder zerreib ihn und gibs ins Getränk.“
Wir einigten uns auf einen, im nachhinein lächerlichen Preis. Normalerweise verkaufte ich sie Scheibchenweise. Ein Scheibchen in die Backe geklemmt und man ertrug die nächsten Stunden mit einem lächeln. Ein paar Kupfer schnell verstaut und zurück in die Stube.
Hät ich nur nicht diesen Weg gewählt, lautes Gerumpel und Gebrüll und haufenweise aufgeregte Leute und wie soll es anders sein…“PUCK“
Was ist denn jetzt schon wieder?
„„Hier Puck, dein Stein! Er lag vor der Küche, sie hat ihn eben gefunden und jetzt ist der…““
hörte ich gerade noch und hielt den großen kaputten Matrixstein in den Händen und hatte sogleich einen aufgebrachten fasst mit Schaum vor dem Mund wütenden jungen Söldner vor mir der mich anbrüllte den Stein heraus zugeben. Der Kerl wurde mit Gewalt von ein paar Männern zurückgehalten und ich floh mit dem Stein in die Küche.
*anmerkung der Redaktion: Puck musste, als er DIESEN Stein sorglos in der Küche
deponierte etwas zuviel von seinen Pilzen genascht haben ;)*
Urplötzlich stürmten der große Söldner und der Castamir in die Küche und brüllten auch um die herausgabe des Steins. Da hatten sie aber den falschen Ort und vor allem Ton gewählt.
Titiana schnappe sich ihr Nudelholz und Oberon den Fleischhammer und als die ungebetenen Eindringlinge nicht nachgeben wollten °dong° °dong° gingen die wackeren nach Holz und Hammer Massage ihrer Gedächtnisstuben schon zu Boden.
Glaub nie, ungebeten die Heiligtümer einer Köchin zu betreten zu dürfen!
Ich kauerte in der Ecke, den Stein verkrampft in der Hand haltend und gut geschützt von meinen Wirtsleuten und deren Töchtern und Nichten….puh…das war Eng.
Nach kurzer Zeit hat sich die Lage wieder beruhigt und ich gab Oberon den Stein um ihn Sicher zu verwahren. Der arme hat Kopf und Kragen für mich riskiert und bei dem Küchenüberfall eine unschöne Armverletzung davon getragen. Ansich eine heroische Tat, aber die darf ich gewiss irgendwie abbezahlen.
Kaum daß man etwas RUHE erwartete schon das nächste geplärr vom Hof.
„Hilfe Angreiffer! Vogelwesen! Hiiiiielfe“ hörte ich Rafaith rufen.
Nunja, ich gebs zu…es war mir im Moment egal. Wenns was zum wegräumen gibt, werden sie mich schon holen. Mein begehr war, die nächste Zeit dem irren Söldner aus dem Weg zu gehen.
Ja es dauerte nicht lange, bis man mich zum Aufräumen rief. Der seltsam sprechende Kerl war hin.
Wie Rafaith mir erklärte, hat er sich von ihm überreden lassen den tiefschlafenden Barden zu irgendeiner nahe gelegenen Hütte zu bringen.
Doch sie kamen nur grad an die Grenze des Gehöfts und wurden von riesigen Vogelwesen angegriffen. Der Barde wurde von dem Fall in den Schnee wohl wieder munter und entkam wieder zurück in die Herberge. Rafaith hat sich an der Harfe des Barden, wie auch immer, die Finger verbrannt und auch Dereck wurde in die Tat verwickelt. Sharian gebot uns, den Entführer der seinen Versuch mit dem Leben bezahlte gegen einen netten Lohn tiefer zu legen.
Ach wie gut daß wir eine neue Latrinengrube hatten, rein mit dem Kerl und drauf ge…
ach lassen wir weitere Ausführungen.
Schnell wurden Raffaith und ich drauf angesetzt Fallen für die Vogelwesen zu bauen.
Mit Menschenatrappen und Ködern wie wir sie für Vögel andachten…Ratten, Körner und Beeren, dazu Seile und Fangschlauffen. Wär doch gelacht wenn wir keinen fangen würden.
Ich war sooo müde. Dereck hatte die letzte Nacht mein Bett bekommen, da ich wegen dieser verdammten Viecher draußen in der erbärmlichen Kälte, zwar dick eingemummelt aber dennoch kaum ein Aug zutuend schlafen durfte.
Jetzt hatte er sich ein eigenes Bett an Lohn verdient.
Ruhe…welch süßes Wort.
„PUUUUUUUUUUUUUUCK“
Tja, noch bin ich wohl nicht so weit.
Der kleine Castamir hat herrlich schlecht geträumt von…was wohl…Vogelmenschen.
Auch diverse andere Gäste hatten ähnliche oder andere bedrückende Albträume.
Ein Zettel, welcher im Feuer des Backsteins gefunden wurde verhieß nichts gutes.
Schon kamen sie wieder auf die Idee, mich wegen meines Steines zu nerven.
Sie schickten Lyondri, weil sie schon wussten, daß ich weder den alten Castamir noch sonnst einen in Bezug auf meinen Stein auch nur einen Funken vertrauen schenken würde.
Es schien tatsächlich so, daß mein Stein mit dem im Zettel erwähnten was zu tun haben könnte und ich konnte mich nach dem Lesen dieses Verdachts auch wirklich nicht erwehren.
Der Gedanken gefiel mir dennoch nicht. Es war ein Großer Stein, nicht komplett, aber einen kompletten Stein dieser größe in falschen Händen…bei Aldones…mir wurde Angst und bang und es sträubte sich einiges in mir. OK das große Bruchstück solln sie schon mal haben.
Schnell geholt und Lyondri gegeben. Zwei der dauerhaft gastierenden Damen hatten auch noch Splitter, von welchen ich mit der Zeit erfuhr, daß sie tatsächlich zu meinem Stein passten. Aber ich bat Lyondri und auch Finn, der in die Sache wohl auch Involviert war, die Teile bis auf weiteres gut zu verwahren und war zufrieden diese in einem Matrixschloß versiegelten Kästchen in Titanias Obhut zu wissen.
Herrjeh, da hatte ich doch glatt Dereck vergessen, nunja er hatte eine gemütliche Schlafstatt,
nämlich meine. Na er wird schon irgendwann angekrochen kommen, wenn er sich aus dem flauschig wohlig warmen und von mir bitterlich vermissten Lager trennen kann.
Fast alle Anwesenden wirkten etwas verunsichert und verstört. Es hat die Runde gemacht, daß irgendetwas Bedrohlicheres als ein Wintersturm über uns allen lag.
Mir ging es nicht viel anders und grübelte auch vor mich hin, der seltsame Zettel erinnerte nicht nur mich an eine alte Sage, wie sie meine Großmutter oft am Feuer erzählte.
Aus gut wurde Böse und nur durch reinstes Licht kann das Böse gebannt werden und mit edelstem Metall gebunden.
Ein weiterer jäher Schrei riss alle von den Stühlen.
Wieder waren Vogelmenschen aufgetaucht, aber real und nicht in Traumform.
Eines der Wesen verlor schnell seinen Kopf und ein anderes konnte tatsächlich, wenn auch schwer verwundet gefangen werden.
So sahen die also von der Nähe aus. Starke Klauenbewährte Beine, ein großer scharfer Schnabel und eine fast anderthalb Mann hohe schlanke Statur. Wirklich wohl fühlte ich mich nicht in der Nähe dieser krächzenden Kreatur, schnell noch geholfen das Vieh? im Holzschuppen zu fesseln und dann nichts wie weit fort von dem Wesen.
Rafaith kam mir des Weges und ich fragte ihn ob er Dereck gesehen hätte. Er nickte und sagte, er sei bei der Reisegruppe und spräche mit klarer Zunge.
Wie jetzt, der redet normal???Ja hat der Alte mich wohl den ganzen Tag verarscht???
Leicht angeranzt machte ich mich auf die Suche nach ihm, da gabs noch was klar zu stellen.
Im Zimmer der Reisegruppe fand ich ihn dann auch frisch gekleidet mit den Frauen redend vor. Dann kam der Nächste Hammer. Dereck war nicht Dereck sondern Lord Alderan in Person. Freundlicherweise deckte die Gruppe ihre wahre Identität auf. Bei allen Göttern, da stand fast der gesamte Alderan Clan vor mir und der große Söldner war niemand geringeres
als Corran diAsturien, der Wolf. Sogleich begannen sie auf mich einzureden, daß ich ihnen den Stein überlassen solle und ob ich nicht eine Ahnung hätte, wo sich die restlichen Bruchstücke befänden. Sie waren äusserts Höflich und es kam auch wirklich ihr ungutes Gefühl rüber. Gut, daß sie so beunruhigt waren, daß sie sogar mit den Castamirs redeten, gab schon sehr zu bedenken, denn die Fehde dieser Clans war weit über ihre Grenzen bekannt.
Dennoch, ich kam nicht umhin auch meine Bedenken zu äußern. Ein Stein dieser größe, mir ward Angst und ich erklärte ihnen so gut es ging meine Bedenken. sie wussten mittlerweile, daß ich kein dummer Stallknecht bin, sondern in einem Turm ausgebildet wurde und um die Macht der Sternsteine wusste.
„Gebt mir Zeit, vielleicht kann ich die Bruchstücke auftreiben. aber setzt mich nicht unter Druck“
Als ich das Zimmer verließ kam schon wider der Ruf nach mir und es hieß ein weiteres Grab zu schaufeln. Raifaith wurde mir zur Seite gestellt und dieses mal schleppten wir ein lebloses Bündel weit ab des Gehöfts. Dort unter dem Massiven Baum wo zwischen dem Wurzelwerk eh schon eine kleine Kuhle war begannen wir zu schaufeln, aber es gab im Erdreich ein seltsames Hohles Geräusch. Mit den Stiefeln scharrten wir an der Stelle und es Kam der Deckel einer kleinen Truhe zum Vorschein. Sie war noch in sehr gutem Zustand und war mit Ketten und einem seltsamen Schloß versiegelt. Die Truhe schnell geborgen, daß Bündel etwas lieblos verscharrt, gingen wir mit unserem Fund zurück.
„Geben wir sie Sharian, da kommt wenigstens etwas Finderlohn rum“ beschlossen wir einstimmig.
Dieser war erstaunt und auch nicht minder Neugierig. Sofort begann er mit ein paar Leuten sich an die Öffnung der Truhe zu machen.
„Haut doch einfach drauf“ meinte Rafaith.
Der Vorschlag wurde schnell verworfen als der Hinweis „und was, wenn Haftfeuer drin ist?“
eingeworfen wurde. Haftfeuer scheute jeder, der auch nur davon gehört hatte.
Schnell verzog ich mich aus dem für mich nun zum Gefahrenbereich erklärten Platz.
Aber es zog mich dennoch zurück, denn ich hatte auf der Kiste ein seltsames Symbol gesehen, welches mir irgendwie bekannt vorkam.
Meinen kleinen Fundus an seltsamen Dingen und Sachen die ich irgendwo fand und nicht so, wie viele andere wohl achtlos liegengelassen, weil irgendwann könnt es ja von Nutzen sein.
Es waren Zwei miteinander verbundene Scheiben, aber es gab eine Ähnlichkeit zu dem Symbol. Ich gab es Sharian, mit der Bitte, sollte sich was von Wert drin finden, evt. auch etwas davon mir zukommen zu lassen. Etwas Lohn für meine Mühen soll schon rausschauen fand ich.
An allen Ecken fanden sich kleine Grüppchen zusammen und versuchten das ein oder andere Rätsel zu lösen, um das globalste Problem, was die schon als Visionen zu sehenden Albträume, welche nach und nach obwohl von verschiedenen Leuten geträumt, aber dennoch alle eine Übereinstimmung hatten und diese Informationen auf einen Nenner zu bringen.
Die Alderans sahen mich mit fragenden und fast flehenden Blicken an und überall wurden die Rufe nach den fehlenden Splittern lauter und verzweifelter.
Sie ahnen, daß ich die übrigen Bruchstücke habe. Aber sie setzten mich nicht unter Druck, was in mir doch ein gewisses Vertrauen weckte.
Von draussen hörte man Jubel und Rufe, daß die Truhe geöffnet sei.
Wie ein Lauffeuer verbreitete sich die Nachricht, daß darin ein Ding war, daß die Comyn als Dämpfer betitelten und irgend ein Gitterzeug.
Ein Dämpfer?! Bei Aldones, endlich mal eine gute Neuigkeit. So beschloß ich mich zu überwinden die fehlenden Splitter doch herauszugeben.
So ging ich in meine Stube, griff unter die Matratze in die kleine Falte und griff nach dem Beutelchen, daß dort ruhte. NEIN ruhen sollte. Panik ergriff mich. Ich riss die Matratze heraus. Tastete sie ab, sah unter das Lager und begann die ganze Stube zu durchwühlen.
NICHTS..wie kann das sein??? Jetzt ist alles aus und vorbei. Alle werden glauben, daß ich sie habe und nicht rausrücken will und wenn sich die Visionen bewahrheiten, dann ist es mit uns allen nicht gut bestellt und jedermann wird mich der Schuld bezichtigen.
Mehr kroch als ging ich in die Stube und war geknickter denn jeh. Mit einen Becher Jaco setze ich mich in die einsamste Ecke die ich finden konnte und gab mich der Depression und dem Elend eines bestohlenen hin. Der Barde spielte immer noch unabläßlich auf seiner Harfe wie seit Tagen, doch die Melodien gaben nichts mehr von Fröhlichkeit sondern mehr von Trauer und Leid wieder.
Mir war zum Heulen und kurz bevor ich mich wirklich meinem Elend hingeben wollte, hatte ich den Dolch eines vor Wut schäumenden Lyondris an der Kehle, welcher mich anbrüllte endlich die fehlenden Bruchstücke heraus zugeben, denn wer sonnst sollte sie haben.
Kurz hatte ich den Gedanken meine Kehle selbst gegen die Schneide zu drücken, aber schon wurde der Junge von mir weggerissen und ich hatte mehrere vorwurfsvoll fragende Blicke auf mir haften und das geschrieene „Gib die Splitter heraus!“ stand in dem nun Mucksmäuschen stillen Raum. Nur Beta sah mich voller Mitleid an.
Die Tränen rannen mir übers Gesicht und ich flüsterte mit zittriger Stimme
„Ich wollte sie holen, aber dort wo sie waren sind sie nicht mehr. Irgendwer hat mich bestohlen und glaubt mir ich habe überall gesucht.“
Unruhe machte sich breit und da standen der Castamir, der Aldaran mit finsteren Blick und befahlen mir mit ihnen in meine Kammer zu gehen.
Dort angekommen sahen sie mich Fordernd an.
„Puck, welcher Familie entstammst Du?“
Kleinlaut sagte ich „ähm ich bin von den Des Lucidos“ wohl wissend, daß mir nun wohl keiner mehr in irgendeiner Sache glauben schenken würde.
Schließlich war es so, daß unsere Donas gerne für …nennen wir es Spione, gefragt war.
Wir konnten selbst unter dem Wahrheitsbann eines Bewahrers Lügen wie gedruckt, ohne daß der einen Fehl unterstellen konnte.
„Nun gut, dann ist es ja für Dich ein leichtes zu erfühlen, wer als letztes an Deinen Sachen war. So können wir den Dieb finden.“
*Ein Skeptischer Blick meinerseits als Spieler zur SL. Kann daß ein Des Lucido? Mir war so als ob daß die Donas einer anderen kleinen Familie waren. SL sagt ja, ergo §1 *g*
Ich taste die Matratze noch einmal ab „Ich fühle Dereck, der lag letzte Nacht ja hier und dann kann ich auch Beta spüren…ähm…die lag vor ein paar Tagen in meinem Bett, aber ich hab sie weggeschickt“ setzte ich schnell und wahrheitsgmäs hinzu „aber sie würde mich gewiss nicht bestehlen! sonnst fühle ich keinerlei fremde Präsenz.“
Unverrichteter Dinge zogen wir wieder los und ich wanderte planlos durch die Gänge.
Eine der Tänzerinnen, welche für das Mittwinterfest zugegen war kam auf mich zu.
„Puck…Du kannst doch so ziemlich alles besorgen was man braucht?“
Endlich mal jemand der mich im Moment nicht anbrüllt, sondern einen höflich fast bittenden Ton anschlägt.
„hmja…wenn ich weiß was Du brauchst, kann ich mal schauen ob ich es organisieren kann.“
Sie hatte eine seltsame Bitte
„Ich bräuchte reinen Kupferdraht.“
Reinen Kupferdraht? Wozu braucht eine Tanzmaus so einen nicht grade billigen Draht? Ja, in meinem Fundus befand sich eine Rolle davon, welche ich als eine Art Altersvorsorge hütete.
Ich zog eine dünne Kupferkette hervor, welche ich den jungen Söldner gegen Sekals eintauschte, da der arme Tropf kein reales Zahlungsmittel hatte. er trennte sich nicht leicht davon und ich gab ihm ansich mehr als sie Wert war dafür.
Dafür hatte sie keine Verwendung. Sie zog einen kleinen aber hübschen Ring vom Finger als Anzahlung und meinte so zwei Ellen lang sollte er sein und deutete auf ihre Armlänge, die nicht all zu lange war. Ja soviel konnt ich gut entbehren, aber zu großzügig wollt ich nicht sein. Mein Gedanken war, daß sie wohl eine Kette für ein Mittwintergeschenk davon machen wollte und fand das Stück, welches ich ihr kurz darauf gab als ausreichend.
Der Hunger trieb mich in die Taverne und dort sah ich Finn oder wer immer er wirklich war, durch die ihn umringenden Leute, über ein Matrixgitter gebeugt und jemand hielt meinen komplett wirkenden Matrixstein wie ein rohes Ei in der Hand.
Leute murmelten in erleichtertem Ton, daß die fehlenden Teile allesamt gefunden wurden.
Die Geröllhalde des Scaravell-Passes fiele von meinen Schultern und ich war erleichtert.
Bei dem diAsturien sollen sie unter dem Kopfkissen gelegen haben. Ich wusste daß er sie nicht genommen hatte, irgend etwas übles war da vorgegangen, so verurteilte ich ihn nicht vorschnell. Denn man sah, daß er und Finn sehr vertraut waren, weshalb hätte er sie dann verstecken sollen.
Jetzt wagte ich mich nun doch näher an den Tisch und sah ein filigranes Gitter und auch der Kupferdraht für die Verbindungen kam mir bekannt vor.
Es sieht aus, als dort fähige Leute zusammen saßen und nun dafür sorgen würden daß alles gut würde. Langsam ging ich zur Tür hinaus als ich Finns Stimme hinter mir hörte.
„Puck…warte mal. Sag mal, Du hast Laran?“
Ich zuckte zusammen, leugnen nutzte nichts, es wussten eh schon zu viele.
„Ja und ich habe im Turm zu Hali gedient. Aber das ist eine Weile her und ich benutze es nicht gern.“
Was dann kam überraschte mich sehr.
„Puck, wir werden mit allen Laranbegabten einen Kreis bilden, kannst Du uns Überwachen?“
Herrjeh, einen Kreis dieser größe mit lauter mir Fremden? Vorallem nicht unbedingt mir mittlerweile Wohlgesonnenen, was das Unterfangen erschweren könnte??
Ich streckte mein Kreuz durch und erklärte Finn bereitwillig, alles in meiner Macht stehende zu geben.
Vorsichtig wurde das Gitter nach draussen gebracht und die mehr als zerbrechlich wirkende kaputte Matrix eingesetzt.
Erstaunt sah ich wie viele, vor allem welche Leute, sich in diesem Kreis niederließen und schluckte. Ein siebener Kreis! Finn übernahm den Part des Bewahrers und Corran stand hinter ihm und legte seine Hände auf seinen Kopf . Dies erschien mir seltsam, aber sie werden wohl wissen was sie da tun.
Langsam rief Finn die einzelnen Leute in den Kreis und griff nun auch nach mir und holte mich in die Runde. Die Nervosität der anwesenden war spürbar. Vorsichtig klopfte ich nach und nach bei allen an, sah zu daß sie in ihrer Atmung in Einklang kamen. Bei Lyondri fühlte ich eine Verkrampfung in einem Bein und löste diese vorsichtig. Ich ging alle sieben im Kreis sitzenden ab und aufeinmal fühlte ich eine weitere Präsenz, welche nur liebe ausstrahlte.
Yarid der Barde nannte sie glaub ich Alyra.
Wie eine leise Stimme in meinem Kopf vernahm ich Finns bitte an Lyondri, die Wolken über uns weg zu schieben und justament erhellte sich der Himmel und die Monde schimmerten ungehindert auf uns nieder und das Gitter samt Stein erhellte sich. Es war schön, doch plötzlich saßen wir in einem dichten Nebel und große Unruhe erfasste alle und ich hatte zu tun die Leute zu beruhigen.
„Haltet den Kreis!“ hallte Finns verzweifelnde Stimme in meinem Kopf.
Von jedem einzelnen strömten plötzlich die unterschiedlichsten Emotionen auf mich ein.
Von Panik abgewechselt bis zur freudigen Euphorie und dann tauchten dunkle Gestalten in diesem seltsamen Nebel auf, aber ich war zu konzentriert auf den Kreis und vernahm nur fetzen ihres Gebrülls und dann vernahm ich mit meinen Ohren von aussen her laute Widerworte von Corran, der wohl gegen diese Schatten anschrie.
Die letzten Worte die ich noch auffing waren „Den Überwacher zuerst!“
Im selben Moment fühlte ich einen brennenden Schmerz an meiner Hüfte.
Es riß mich herum und ich sah den gequälten Blick Padric’s und mir war klar daß er nicht aus freiem willen die Klinge führte und glitt zu Boden.
Ich fühlte noch kurz das Pumpen des Blutes an meinem Rücken und dann wurde es still. Wie aus weiter Ferne vernahm ich noch ein voll trauer ausgerufenes Puuuck!
Ein kurzes gleißendes Licht und dann unendliche Ruhe.
My End
Lyondris Geschichte
Der Plot aus der Sicht eines 15-Jährigen
Lyondris Geschichte
Na prima! Das hatte ich scheinbar wieder einmal richtig gut hinbekommen! Es stürmte und schneite, blitzte und donnerte und zu allem Überfluss befanden wir uns mitten in der Einöde zwischen Hali und Thendara. Nur dass ich weder wusste WIE ich das Wetter so hinbekommen hatte und schon gar nicht, wie es sich wieder normalisieren könnte. Wenn man im Winter auf Darkover überhaupt über normales Wetter reden konnte. Nur Verzweifelte und Verrückte reisen im Winter. Wohl wahr! Stellt sich nur die Frage, wer hier verzweifelt und wer verrückt war. Das einzige was ziemlich klar auf der Hand lag war, DASS ich dieses Wetter so hinbekommen hatte. Oh ja, das war nicht nur mir klar! Dass ich alles andere als glücklich über diese Umstände war und dass Merryl etwa ähnlich dachte, das war....!
Merryl!
Man oder vielmehr mein ältester Bruder und Lord, Marius Castamir, ließ mich von Hali nach High-Garth schaffen. Aus Gründen, die man mir entweder absichtlich oder ohne großartige Hintergedanken an meine Person, verschwieg und als ob das nicht genug wäre, setzte man mir, MIR, auch noch eine Art Amme vor die Nase. Meinen älteren Bruder Merryl.
Merryl Castamir, Lakai - oder wie er es nennen würde, Friedensmann - von Jermome Hastur von Carcosa.
Als ob ich es nicht allein (gut, mit dem ein oder anderem Gardisten, denn ein Comyn reist nun einmal nicht alleine) bewältigen würde, vom Turm zu Hali gen dem Stammsitz meiner Familie zu reisen.
Eine Frechheit!
Ich zähle immerhin 15 Sommer und bin Manns genug auch diese Aufgabe zu bewältigen.
Aber wiedereinmal interessierten meine Einwände niemanden oder alle Welt um mich herum zeigte sich diesbezüglich sehr unbeeindruckt. Ich war ja nur ein Turmnovize und der jüngste Sohn!
Den ein oder anderen Grund hätte auch ich mir zusammen reimen können, aber vielleicht wollte ich im Augenblick gar nicht daran denken, dass Asturias zum Krieg rüstete. Vielleicht wollte ich schon gar nicht daran denken, dass mir die Donas der Rockraven, das Wetterlaran, angezüchtet wurde, dass ich nur deswegen existierte und dass ich damit wohl die perfekte Waffe in einem möglichen Krieg abgeben würde (wenn ich diese Donas nur halb so sehr beherrschen würde, wie Lord Castamir sich das vorstellte, dann stimmte das sicherlich auch).
Und vielleicht wollte man mich von dieser Tatsache an sich ablenken oder man hatte wieder einmal vergessen mir gegenüber zu erwähnen, warum wir nicht auf direktem Weg nach High-Garth ritten, sondern einen Abstecher nach Thendara beabsichtigten.
Ich muss gestehen, wir beabsichtigen es, aber ob wir Thendara erreichen würden, lag in der Götter Hände (oder irgendwie in meinen - denn schließlich trug ich oder vielmehr meine Donas an diesem unglückseligen Wetter die Schuld. Aber auf diverse Schuldfragen werde ich später eingehen!)
Stand der Dinge war, dass wir nicht würden weiter reiten können, ohne das Leben unserer Reittiere und wohl auch unser eigenes aufs Spiel zu setzen. Merryl war zwar der festen Überzeugung, dass ER dieses garstige Wetter durchaus im Freien überleben würde, aber auf die Selbstüberschätzung meines verehrten Herrn Bruders möchte ich an dieser Stelle lieber nicht eingehen.
Letztlich hatte Merryl es geschafft, dass ich die Entscheidung fällte, dass wir in einer nach Ziege stinkenden, kleinen Taverne eine Unterbringung für die Nacht und ein warmes Mahl suchten.
Aber nicht ohne mir vorher meiner Meinung nach ein wenig zu eindringlich seinen Stand der momentanen Situation zu schildern.
Die ewige Leier:
Ein Comyn zu sein ist eine Ehre!
Man muss der Familie gegenüber loyal sein!
Wenn Marius nach mir ruft, muss ich dem nachkommen!
Ich trage die Waffe, welche diesen Krieg entscheiden kann, in mir!
Ich solle mich auf Grund der Tatsache, genau für einen solchen Zweck gezüchtet zu sein, nicht so anstellen - angeblich ginge es kaum jemandem der Comyn anders.
Merryls Theorie, dass man an Mitwinter und unter vier Monden doch sicherlich Spaß haben könnte und ich genießen solle, erntete einen weiteren bitterbösen Blick (er hatte allem Anschein nach nicht wirklich Ahnung, von was er da sprach. Schließlich wusste er, welche Donas ich in mir trug!)
Und das wäre mit Sicherheit nicht alles gewesen, doch irgendwann öffneten wir die Türe der Taverne und selbst Merryl wollte diese Unterhaltung nicht führen, wenn andere Leute hätten lauschen könnten.
Es stank nach Ziege!
Ich verstand noch nicht einmal annähernd oder sinngemäß, über was sich die Besucher dieser Örtlichkeit unterhielten - und wir waren nicht die Einzigen, die Unterschlupf wegen des miserablen Wetters suchten.
Es war kein einzelner Tisch mehr frei!
Die Leute trugen Kleider, mit denen ich noch nicht einmal den Boden dieser Spelunke würde aufwischen wollen (ich würde überhaupt keinen Boden aufwischen wollen!).
Allein die Gedanken an einen Bettler mit einem hässlichen Strohhut, der so erbärmlich stank, dass mir schier übel wurde, lassen mir heute noch einen kalten Schauer über den Rücken laufen.
Und ich hatte noch immer kein warmes Getränk geschweige denn etwas warmes zu essen.
(Gibt acht was Du Dir wünschst, es könnte Dir gewährt werden! Sollte ich mir HIER wirklich ein Abendessen wünschen?)
Und die Tatsache, dass mein Bruder vor mir stand und sich an dieser Konstellation wohl die nächsten Tage nichts ändern würde, verbesserte meine Laune auch nicht gerade - im Gegenteil.
Kurz gesagt, ich war wirklich sehr schlecht gelaunt, sehr hungrig, sehr durstig und meine Nase wurde einer üblen Prozedur unterzogen.
In mir kochte und brodelte es!
Man sollte annehmen, dass es damit genug sein könnte - weit gefehlt.
In dieser Taverne stank es nicht nur erbärmlich und über die Leute dort, möchte ich mich gerade nicht erneut auslassen, nein, ich fühlte an fast jeder Ecke eine Präsenz von Laran, dass es mich schier von den Füßen holte.
Weit und breit kein Comyn zu erkennen - und man erkennt uns, wenn man uns sieht, aber Laranenergie war vorhanden, als würden mindestens wenn nicht mehr von uns Gleichen in diesem Raum verweilen.
Doch ich kam vorerst nicht wirklich dazu, mir Gedanken zu machen, denn noch bevor ich mich endlich auf einem Stuhl niederlassen und meine kalten Gliedmaßen aufwärmen konnte, brüllte irgendwer, dass draußen vor dem Stall ein Unfall geschehen sei und man einen Heiler verlangte.
Gut, ich hörte es nur schreien, Merryl übersetzte mir, da ich noch immer niemanden richtig verstehen konnte und schickte mich zu allem Überfluss nach draußen.
ICH (!) sollte mir hier die Hände schmutzig machen? HIER?
Ich blickte meinen Bruder ungläubig an, zumal ich auch kein Heiler, sondern lediglich Turmnovize war, aber er zeigte sich einmal mehr unbeeindruckt und schleppte mich zu den Ställen.
Dort angekommen, kniete bereits ein Mann bei dem Verletzten und alle Welt um mich herum erklärte panisch etwas von Vogelmenschen.
Verstört blickte ich zu Merryl.
Vogelmenschen - vielleicht meinten diese Narren Ya-Männer. Aber diese kamen nicht in die Ebene und fielen schon gar keine Menschen an, das wusste doch jedes Kind!
Der Verletzte war jedenfalls nicht nur verletzt, sondern auch ziemlich tot. Merryl meinte noch, ich sollte diese Tatsache bitteschön überprüfen, aber der Mann, der noch immer bei dem Toten kniete, erklärte mir, dies sei nicht von Nutzen, denn schließlich wisse er, wann ein Mann tot sei und wann nicht.
Und wieder spürte ich die Präsenz von Laran und vor allen Dingen war der Mann vor mir der erste neben meinem Bruder, den ich problemlos verstehen konnte.
Ich öffnete schon den Mund um meiner Verwunderung Ausdruck zu verleihen, doch Merryl schien zu spüren, was mir durch den Kopf schwirrte und zog mich nach drinnen in den Schankraum. Wieder einmal ohne mich zu fragen, sollte ich das überhaupt noch erwähnen müssen!
Und noch immer durfte ich ihm nichts von meiner Verwunderung über diesen seltsamen Ort berichten. Denn er schob mich an einen Tisch und erklärte mir vehement, dass er sich um Getränke und Unterkunft für uns kümmern müsse.
Auch Merryl war mit Laran gesegnet, er hatte wohl genau gewusst, was ich ihm hatte sagen wollen, doch diese Gedanken hatte ich in diesem Moment nicht wirklich. Meine schlechte Laune steigerte sich ins unermessliche.
Und eine wirklich unzüchtige Frau, die mir eindeutige Avancen machte, ließ mich nicht nur sprachlos wirken, sie löste auch zusätzlich eine Welle der Empörung bei mir aus. Wo bitte war ich hier hingeraten!
Doch ich erwehrte mich der unflätigen Dame und tat wie mir geheißen. Ich war im Begriff, mich an den Tisch zu setzen, an den Merryl mich geschoben hatte.
Ein Lächeln - das erste an diesem Abend - huschte über meine Lippen, als ich die beiden bezaubernden Mestras erblickte, die bereits an diesem Tisch Platz genommen hatten.
"Ben Dia!"grüßte ich sehr charmant. In Anbetracht der Tatsache, dass bislang noch nichts so lief wie ich es mir vorstellte, war dies eine Meisterleistung meinerseits - ; finde ich!
Ich bat darum, ebenfalls Platz nehmen zu dürfen und versuchte krampfhaft, die übrigen Umstände einfach zu verdrängen und das, was sich mir hier bot, zumindest zu genießen.
Weit gefehlt, denn mein liebreizender Bruder kam alsbald zu uns an den Tisch und ich hätte zum x-ten Male an diesem Tage fragen können 'Kannst Du nicht einmal nett sein?';
Er konnte nicht, zumindest dachte ICH das!
Jedenfalls hatte ich etwas zu trinken vor mir und bald darauf brachte uns die Wirtin auch ein Abendbrot.
Ich will mich nicht weiter darüber auslassen, denn ich weiß bis heute nicht, was ich da gegessen habe, nur, dass ich es mit den Fingern essen musste und ich das Essen überlebt habe!
Ab diesem Augenblick war ich nicht nur wütend über diverse Ereignisse in meinem Leben, mir war auch noch langweilig!
Merryl drängte sich dermaßen in den Vordergrund und verbot mir mehr oder weniger den Mund, dass es mir vorkam, als trottete ich ihm wie ein gehorsamer Hund hinterher. Und das mir!
Die Mestras an unserem Tisch sollte und wollte ich jedoch weder mit meiner schlechten Laune, noch mit meinen weiteren Problemen und schon gar nicht mit den Problemen behelligen, die eventuell noch auf uns zu kommen könnten. Und es bedurfte sicherlich keiner Zukunftsvorausschau um erahnen zu können, dass Probleme ins Haus standen - wie Recht ich mit diesem Gedanken haben sollte, war mir allerdings zu diesem Zeitpunkt bei weitem nicht bewusst!
Ich setzte also meine telepathischen Fähigkeiten ein, um Merryl ungestört meine Befürchtungen, Bedenken und alle sonstigen Auffälligkeiten mit zu teilen.
Ich hatte ganz Recht mit meiner Annahme, dass diverse Dinge nicht nur mir aufgefallen waren.
Doch Merryl teilte mir SEINE Bedenken zumindest nur zum Teil mit.
Er unterhielt sich mit der Wirtin!
(Warum tat er das? Wir hatten doch unsere Getränke und auch ein Abendbrot!)
Er ließ seine Blicke durch den Raum schweifen, saugte Eindrücke auf und teilte sich mir nicht mit!
Typisch!
Eigentlich Merryls Schuld, dass ich auf dumme Ideen kam.
(Und ICH befand diese Ideen gar nicht für dumm).
Da war Puck, ein kleiner Kerl - wieder spürte ich Laran, der so urig war, dass er einem nur sympathisch sein konnte. Und Puck half mir, mich zumindest einmal in dieser Herberge umzusehen.
Ich zahlte ihm ein Kupferstück dafür, dass er mich nicht an meinen Bruder verraten würde. Im nachhinein stellte sich heraus, dass Merryl ihm den dreifachen Preis zahlte, nur um ihn dazu zu bringen, mich zu finden - was er natürlich nicht tat.
Nein, ich war so dämlich, dass ich meinem Bruder ganz allein in die Arme lief – aber ich hatte mich vorher zumindest ein wenig umgesehen und die Sympathie zu Puck sollte sich später noch für uns auszahlen.
Merryls Standpauke werde ich hier nicht weiter ausführen, dies würde mich in ein zu schlechtes Licht rücken *räusper*!
Es dauerte jedenfalls nicht all zu lange, da traten zwei geckenhaft gekleidete Herren an unseren Tisch und baten uns ihnen zu folgen.
Man wolle uns auf einen Begrüßungstrunk in bessere Gemächer einladen.
Endlich jemand, der sich daran erinnerte, dass wir Castamirs Comyn waren!
Doch weit gefehlt, wenn ich annahm, dass mein Bruder sich ebenfalls über diese Einladung freuen würde.
Mitnichten!
Er legte eine Überheblichkeit an den Tag, dass es mir schon fast peinlich war und als es letztlich anfing interessant zu werden, schickte er mich wie ein Kleinkind vor die Türe und erklärte, dass er alles weitere allein besprechen würde.
Wirklich ein erhebendes Gefühl! *vor Ironie trief*
Doch wie sollte ich mich wehren, er war mein älterer Bruder, ich hatte zu gehorchen und es hatte wenig Zweck, mich dagegen zu wehren. Wenn ich auch all das, was gerade um mich herum geschah, nicht wirklich verstand, diese Tatsache zumindest hatte ich verstanden!
Ich trottete also wieder zurück in den Schankraum, hoffte, dass man Merryl nicht vergiften oder ihm sonst etwas zu leide tun würde und überlegte, wie ich die Zeit, bis Merryl zurück kommen würde, überbrücken konnte.
Nein, ich hatte sicher nicht plötzlich die unbändige Liebe zu Merryl entdeckt, aber dennoch, er blieb mein Bruder. Und seine Argumente waren im allgemeinen ja ziemlich treffend und richtig, aber das konnte ich kaum zugeben, oder?
Ich sorgte mich, aber ich lenkte mich ab.
Schließlich trug ich nicht umsonst einen von mir eigenhändig gebrauten Trunk bei mir. Eben um genau in solchen Situationen nicht vor Langeweile zu sterben.
Mein Aphrodisiakum würde schon dafür Sorge tragen, dass es mir nicht langweilig würde, ich musste diesmal nur zusehen, dass ich es nicht selbst zu mir nahm - und ich begehe Fehler nur einmal.
Mit einem breiten Lächeln trat ich an den Tresen der Taverne und lenkte die Aufmerksamkeit der Schankmaid gekonnt in andere Bahnen um ungestört meinen Trank in all die Krüge zu verteilen, die gefüllt auf dem Tresen standen.
Herrlich!
Und wieder hatte ich weit gefehlt, denn die Auswirkungen meines Trunkes bekam ich wirklich nur am Rande mit.
Es dauerte nicht nur eine halbe Ewigkeit, bis die Schankmaiden die von mir bestückten Krüge überhaupt an die Besucher verteilten, nein, die Ereignisse überschlugen sich auch so sehr, dass ich meinen Erfolg nicht wirklich genießen konnte.
Eine der Mestras an meinem Tisch trank schließlich von dem Shallan und schenkte mir mit verzücktem Blick genau die Aufmerksamkeit, die ich von ihr hatte haben wollen.
Doch auch mein Bruder bestellte etwas aus einem dieser Krüge und so konnte ich mich in keinster Weise den Avancen der Mestra Beria widmen, nein, ich musste zusehen, dass Merryl nicht von diesem Wasser trank.
Sein Blick, als ich ihm letztlich zwei Becher umkippte - einen über den Tisch und einen über seine Tunika - muss ich denke ich nicht beschreiben, oder?
So kommen wir nun zu den bereits erwähnten Ereignissen!
Die beiden Männer, ich meine, es wären Nedestrosöhne der Familie Haldar (Haldir *lach*), waren nicht minder besorgt über die Geschehnisse und hatten ebenso bemerkt, dass irgendetwas nicht stimmig war.
Der stinkende Bettler, ich erwähnte ihn bereits, schien jedoch mehr zu wissen oder zumindest den Eindruck zu erwecken, als wisse er irgendetwas.
Wie auch immer, man musste mir ja nichts erklären, diesen Zustand kannte ich bereits. Doch als Merryl mir mitteilte, dass ich einen Wahrheitsbann weben müsse, um diesem verrückten Kerl sein Wissen zu entlocken, ging das eindeutig zu weit!
Meine Entrüstung zeigte keinerlei Wirkung und ehe ich mich versah, stand ich zusammen mit diesen Gecken, meinem Bruder, mit Puck und einem verrückten und nach Ziege stinkenden Bettler in einem der Zimmer und hatte meine Matrix in der Hand.
Das Leben erschien mir so ungerecht!
Mein Bann war wohl nicht gut genug oder der Verrückte wusste doch nichts zu sagen, als das Gewirr, welches er bereits die ganze Zeit von sich gab.
Und mich warf es aus dieser Verbindung - schmerzlich. Ich flog zusammen mit dem Hut des Bettlers unsanft auf den Zimmerboden.
Doch einen Vorteil hatte die Geschichte dennoch - zumindest für mich!
Er faselte wirres Zeug, ja, sicher, aber er sagte andauernd 'Vai Dom' und zählte der Reihe nach Namen auf, die mir seeehr bekannt vorkamen.
Nur götter-verdammter Reish, woher kamen sie mir bekannt vor.
Ich musste schon so oft Latrinen schrubben, weil ich mir die Zuchtbucheinträge nicht wirklich gut merken konnte (wollte! Aber das verraten wir keinem, in Ordnung?) und diese Namen kamen eindeutig in Zuchtbüchern und den dazugehörigen Stammbäumen vor. So viel Zufall konnte es gar nicht geben.
Mein Bruder war unbeeindruckt von meinen Ideen, nein, er zog mich sogar von Puck weg, dem die Namen genauso bekannt vorkamen wie mir.
Ärgerlich ließ ich mich nach draußen zerren, nutzte aber die nächste Möglichkeit, um mit Puck zu reden, der wie er mir erzählte selbst einige Zeit in einem Turm verbracht hatte, vor langer, langer Zeit. Und siehe da, zwei Leute die Grübeln erreichen mehr als einer.
Wir hatten den Stammbaum erkannt, von dem der Bettler sprach.
Als mir bewusst wurde, was ich da erkannt hatte und sehr laut herausplauderte, verschlug es mir wohl zum ersten Mal aber nicht zum letzten Mal die Sprache.
Der verrückte Bettler sprach von niemand Geringerem, als von der Sippe der Aldarans!
Rakhaela Aldaran!
(Aber wer bitte war Vai Dom Hagebuttenwein?? - egal)
Joric Aldaran!
Aliciane Aldaran!
Und mit wem war Aliciane Aldaran verheiratet?
Mit niemand anderem als Corran Di Asturien, Lord Green Scarp!
Mit einem Mal kochte Wut in mir hoch. Dieser Name schon genügte!
Dieser von sieben Vätern gezeugte Sohn einer Bergziege war an allem Schuld.
Er trug die Schuld, dass unser Vater dem Wahnsinn verfallen war.
Er schlug ihm ein Ohr ab und verletzte ihn damit nicht nur körperlich.
Er und sein götterverdammtes Laran traktierte unsere Familie, bis sie fast völlig ausgelöscht war.
Und er, er trug die Schuld, dass ich als Experiment gezüchtet wurde.
Wegen ihm entschied mein Vater, dass er eine perfekte Waffe züchten musste um diesem Bastard bei zu kommen. Wegen ihm pflanzte man mir, einem männlichem Comyn, die Donas der Rockraven in vollem Ausmaß ein, so dass ich das Wetter beherrschen würde und die Energiefelder des Planeten anzapfen konnte um damit letztlich die Linie der Di Asturiens und vor allen Dingen Corran Di Asturien vernichten sollte.
Alles Leid, welches mir wiederfuhr, wiederfuhr mir wegen diesem Mann!
Und ich teilte Merryl lautstark meine Bestürzung mit!
Draußen tobte der Schneesturm von Neuem!
In meinem Kopf aber ratterte es.
Und auch Puck pflichtete meinen Überlegungen bei.
Ich spürte Laran!
Ich sah eine Frau mit einem Kleinkind unter den Gästen!
Und dieses Kind könnte im gleichen Alter sein, wie das Kind von Rakhaela Aldaran.
Einen Mann, der allem Anschein nach ihr Gatte war, erkannte ich auch unter den Gästen und auch bei diesem Mann, der kein geringerer war als der Heiler, welcher vor ein paar Stunden den Tod dieses Bauern fest gestellt hatte, spürte ich Laran.
Der Bettler hatte auch den Namen Joric genannt und eine weitere Frau befand sich in der Reisegruppe dieser Leute - vielleicht Aliciane, Jorics Schwester und ich wusste, mit wem sie verheiratet war!!
Und mit wem war Rakhaela verheiratet? Mir Corrans Friedensmann Fionn!
Und an einem Ort, an dem sich Joric Aldaran, Rakhaela Aldaran, Fionn McEllinen und Aliciane Aldaran befanden, sollte nicht auch Corran Di Asturien an diesem Ort verweilen?
Wenn ja, dann nicht mehr lange, so dachte ich und fasste wütend nach meinem Dolch und meinem Schwert.
Ich würde schon dafür Sorge tragen, dass er sein Leben aushauchte, sobald er mir nur zwischen die Finger kam!
Doch Merryl machte mir unerbittlich klar, dass weder Corran unter den Gästen sei - und er kannte ihn schließlich - noch dass ich auch nur annähernd eine Chance gegen diesen Mann hatte, sollte ich ihm heute begegnen.
Zornig trommelte ich meinem Bruder gegen die Schultern - Corran musste sterben, lieber heute als morgen und am allerliebsten würde ich dies selbst übernehmen. Jawoll!
Ich erwähne an dieser Stelle nicht, dass mir Tränen in die Augen schossen - Tränen sind unmännlich!
Doch das 'Ciyu'von Merrly und sein Zuspruch trugen sehr dazu bei, dass ich mich vorläufig beruhigte und wie sollte es anders sein, der Sturm ein wenig nachließ.
Merryl drängte auf meine Vernunft! (Auf was?)
Er bat um mein Vertrauen! (Ach ja?)
Er siegte - auch wenn nur deshalb, weil ich kaum eine Wahl hatte.
Er bestätigte mir schließlich, dass er Joric Aldaran erkannt hatte und er bestätigte ebenso, dass Rakhaela, ihr Balg, Fionn und Aliciane verkleidet unter den Gästen waren. Corran hatte wohl zusätzlich zwei Söldner entsendet, um auf seine Sippe zu achten. Und einer der Söldner erschien mir nicht nur riesengroß, sondern auch irgendwie seltsam. Dieser Tatsache hätte ich vielleicht ein wenig mehr Aufmerksamkeit schenken sollen.
Doch ich war aufgewühlt und verstört. Zuviel war hier nicht in Ordnung, zuviel davon verstand ich nicht und zuviel war ich in die Dinge verstrickt.
Zumal ich mir absolut nicht erklären konnte, warum die halbe Aldaran-Sippe verkleidet durch die Ausläufer der Hellers zog und der Lord selbst nicht Alle beisammen hatte, denn das hatte ich während des Rapports mit dem vermeintlichen Bettler gespürt.
Merryl spürte meine Unsicherheit, Angst und Panik (oder er hatte Angst, dass sich das Wetter noch weiter verschlechtern würde, wer weiß, oder vielleicht beides). Jedenfalls schickte er mich ohne auf Widerworte zu achten in meine Kammer. Er befahl mir meinen Dämpfer zu aktivieren (als hätte es dieses Befehls bedurft!) und mich schlafen zu legen - morgen sei schließlich auch noch ein Tag.
Und wie sollte es anders sein - ich gehorchte.
Selbst wenn ich gekonnt hätte, ich war wirklich nicht mehr in der Lage, mich mit Merryl anzulegen.
Seltsamerweise dachte ich nicht mehr lange über die Geschehnisse nach, sondern schlief unmittelbar nachdem ich mein Schlafgewand übergezogen hatte ein.......
.........Lyondris Traum.........
..........Dunkelheit! Meine Angst überschattend. Ich stand in einem großen Raum, fast schon eine Halle. Seltsam mystische Geräusche und Melodien vernahm ich, doch sehen konnte ich nichts. Dann ein schummriges Licht am Ende der Halle.
Eine Gestallt, kaum zu erkennen und doch da!
Großgewachsen, weißes Haar, bleiches Gesicht - und doch so dunkel und kalt. Schwarze Kleider und eine bösartige Aura.
Und diese Gestallt nahm auch mich war, schien förmlich auf mich gewartet zu haben.
"Nun junger Castamir!"
Ich schluckte hart, zitterte am ganzen Körper – kalter Schweiß und doch obsiegte etwas diese Angst, denn ich gab ihm Antwort.
"Ja!"
Ein kaltes Lachen, welches mir Mark und Bein gefrieren ließ und immer noch spürte ich Böses!
"Hast Du die Macht Di Asturiens vergessen?", brüllte er und seine Stimme hallte von den Wänden wieder.
Ich konnte nicht mehr antworten, denn von drei Seiten kamen Ya-Männer auf mich zu, bewaffnet.
Und sie hoben ihrer Schwerter und schlugen auf mich ein.
"Drei gegen einen?", rief ich verzweifelt und erwehrte mich meiner Haut.
"Ist das die Macht Di Asturiens?"Einen konnte ich wohl verletzen, aber gegen drei Gegner kam ich nicht an.
Ich stürzte und noch immer schlugen die Ya-Männer auf mich ein.
Verzweifelt und voll von Todesangst rief ich nach....
"MEEEEERRRRYYYYYYYYYYYYYLLLLLLLLLL!"
und erlag der Macht.
Ich wurde erschlagen und starb!
"MEEEEEEEERRRRYYYYYYYYYYLLLLL!"
"MEEEEEEEERRRRYYYYYYYYYYLLLLL!"
Ich hörte mich selbst rufen.
Das erste, an das ich mich wieder erinnerte war, dass Fionn mich kräftig ohrfeigte (vielen Dank Farly *G*). Merryl hatte mir ja gestern Abend seine Identität bestätigt.
Ich keuchte auf und als nächstes befand ich mich wieder in der durch den Dämpfer brummenden, aber heilen Welt meines Zimmers.
Und Merryl war endlich da!
Irgendwer, vielleicht Merryl, vielleicht aber auch Fionn oder sonst jemand versuchte mir zu erklären, dass ich mich ausruhen sollte.
Aber ich wollte auf keinen Fall alleine sein!
(Würde man mich fragen, würde ich dies allerdings LEUGNEN)
Merryl konnte kaum bei mir händchenhaltend am Bett sitzen - dafür war einfach zu viel geschehen.
Und dass viel geschehen war, das wurde mit spätestens dann klar, als ich in Fionns Augen blickte, als ich verzweifelt versuchte den Traum wiederzugeben, der mir in dieser Nacht widerfahren war.
Erkennen!
Nicht nur ich hatte schlecht geträumt!
Merryl schickte Fionn nach draußen, half mir in meine Kleidung (Oh Götter, dies sollte vielleicht nicht die Runde machen - mein Ruf wäre zerstört) und bugsierte mich zurück in die Taverne.
Ich ließ mir einen Becher heißen Jako bringen und als ich aufblickte, sah ich die beiden Mestras Beria und Elinor an meinem Tisch sitzen.
Sie blickten besorgt und ich versuchte mich an einem Lächeln.
Egal was geschehen war, ich wollte tunlichst nicht wie ein verängstigtes Chervine dreinblicken und den Eindruck erwecken, als sei ich viel zu klein für diese Welt.
Dann überschlugen sich einmal mehr die Ereignisse.
Mein Bruder zog mich vom Tisch weg und führte mich in eine Nische.
Selbst meinen Jako durfte ich nicht mitnehmen.
Er blickte mich ernst an, verlangte Vertrauen, weil er mir jetzt etwas sagen müsse. Er wolle mir Vertrauen zeigen, in dem er mir die Wahrheit erzählen würde. Merryl erinnerte mich an meinen Traum (vielen Dank, als ob ich nicht selbst ständig daran dachte), verlangte, dass ich darüber nachdachte (Zandrus 9. Hölle - genau das tat ich, seit ich mich von diesen Ohrfeigen erholt hatte). Er erklärte mir zudem sehr eindringlich, dass es wohl auf der Hand lag, dass ich im Augenblick keine Chance gegen Corran Di Asturien hatte.
Er blickte an den Nebentisch - und mir kippte die Kinnlade herunter.
Nein!
Das durfte doch bitteschön nicht wahr sein, oder?
Wenn Merryl sich hier einen Scherz erlaubte, dann war jetzt der geeignete Augenblick mich zum Lachen aufzurufen.
Doch nichts der gleichen geschah.
Hatte ich wirklich an meine Theorie des Söldners geglaubt?
Merryl blickte mich fast schon bittend an.
"Reiß Dich zusammen, Lyondri! Du weißt gut, dass hier etwas nicht stimmt und wir aber nicht weg können. Wir MÜSSEN jetzt zusammen halten. Ich will diesen Mann nur tot sehen, glaube mir! Aber jetzt wäre der denkbar ungeeignetste Zeitpunkt. Nicht nur, weil wir jetzt keine Chancen haben - auch weil wir zusammen gegen dieses Etwas angehen müssen, was uns hier traktiert!"
In meinem Kopf war Nebel und ich schüttelte nur den Kopf. Merryls Worte drangen nur zu einem Teil zu mir durch.
......etwas stimmt nicht.......nicht weg.....zusammenhalten......tot......keine Chance.....
Meine Lippen zitterten und Wut und Verzweiflung machten sich in meinem Bauch breit.
Wie von selbst glitt meine Hand an meinen Dolch und ehe Merryl sich versah, war ich aufgesprungen.
Meine schlimmste Vorahnung hatte mein Bruder ohne Worte bestätigt.
Dort drüben saß dieser verhasste Sohn einer Bergziege, der meinen Vater in den Wahn getrieben hatte und der mich auf dem Gewissen hatte.
Es war kein Söldner, den Corran seiner Sippe mit auf den Weg geschickt hatte. Es gab überhaupt keinen Söldner - der Mann dort drüben war Corran selbst!
Und er tat so, als sei es völlig natürlich, dass er mit seiner Sippe dort frühstückte oder was auch immer tat.
Brüllend wollte ich mich auf ihn stürzen - Corran tot sehen, leiden sehen, das war es, was ich wollte.
Blitze zuckten durch den Raum, doch ich merkte nichts. Wie toll schrie ich und tobte in meiner Wut um mich.
Ich hörte eine Harfe und mein Bruder hatte Kraft und zwang mich, ihm in die Augen zu blicken.
"Lyondri SEI RUHIG!"
Mächtig hallten seine Worte in meinem Kopf - nahezu liebevoll aber sein Blick.
Ich schien wie eingeschlafen - wieder diese Musik, ein zweistimmig gesungenes Lied und plötzlich war ich ruhig, so ruhig.
Yarid, der Barde kniete mit seiner Harfe vor mir und erzählte mir auch auf meine Frage nach der zweiten Stimme, dass eine Chieri-Frau in seiner Harfe sei.
Laran oder nicht Laran - ich hielt mich nicht lange mit der Frage danach auf.
"Fang an zu denken! Nicht hier und schon gar nicht jetzt würden wir Erfolg haben!" hörte ich Merryl sagen, als ich die Augen ganz aufschlug.
Und ich war ruhig und versuchte zu denken.
Merryl hatte Recht!
(auch das würde ich in der Öffentlichkeit nur sehr bedingt zugeben!!)
Ich vermochte den Hass, die Wut und die Verzweiflung hinten an zu stellen.
Doch ich bat Merryl, mich nicht mit Corran alleine zu lassen (mich am besten überhaupt nicht alleine zu lassen!) und wenn, dann immer zwischen uns zu stehen.
Er versprach es mir und ich fand mich an Corrans Tisch stehend, hinter Merryl wieder, um die Situation zu besprechen.
Man könnte meinen, das wäre genug und wir hätten genug damit zu tun, uns mit den bereits bestehenden Problemen zu befassen.
Wiederum weit gefehlt.
Irgendwer brüllte, dass Ya-Männer draußen wären und irgendwen angegriffen hätten.
Hart ausatmend schnappte ich mir mein Schwert und rannte nach draußen.
Die Götter sind nicht gnädig.
Ausgerechnet mit Corran stand ich einer dieser Kreaturen gegenüber.
Corran war der bessere Kämpfer. Wie er das Schwert schwang und diesen Vogelmenschen in die Enge trieb - wäre es nicht Corran, wäre ich versucht gewesen, bewundernd drein zu blicken.
Den letzten Hieb, der dem Ya-Mann die Kehle durchtrennte, konnte ich setzen, aber es war wohl Corran gewesen, der diesen Kampf gewonnen hatte und mir vielleicht das Leben rettete - vielleicht!
Spätestens jetzt war mir bewusst, dass sich mein Traum bewahrheitete und auch Merryl die Wahrheit sagte.
Verzweifelt ließ ich mich von meinem Bruder, der auf der anderen Seite der Taverne gekämpft hatte, nach drinnen führen
"Du hast es doch versprochen!", flüsterte ich und ließ meinen Kopf an seine Schulter sinken.
"Ciyu, Du warst großartig und hast Mut bewiesen!", beruhigte mich mein Bruder und das Zittern ließ ein wenig nach.
Ich wusste, dass ich jetzt Mann genug sein würde, Corran die Trophäe, das Schwert des Ya-Mannes, welches ich in Händen hielt, zu überbringen. Nun nicht ganz, ich drückte Merryl still das Schwert in die Hand: "Das gebührt Corran!!"
Ich betrat hinter Merryl die Taverne.
Plötzlich wallte eine Larankraft durch den Raum, man meinte es kröche aus allen Ritzen und Nischen. Mir zog es den Boden unter den Füßen weg. Alles drehte sich um mich und ich sah nichts und niemanden mehr. Dunkelheit und Angst waren in meinem Kopf.
"Heute Abend wird die Dunkelheit siegen. Corrans Barrieren werden fallen und Du weißt, was das bedeutet!"
Ich hörte die Stimme, die meinen Geist voll auszufüllen schien.
Schreiend öffnete ich die Augen und fand mich in Fionns Armen wieder, während Merryl meine Hände fest hielt.
Ein scheußlicher Geschmack (ESSIG!!!) - Raivannin - Fionn wusste sich wohl nicht mehr anders zu helfen.
Und wo gerade noch Laran im Überfluss zu sein schien, war plötzlich alles anders.
Mein Geist schien nur noch eine geleeartige Masse zu sein, selbst Corran hätte plötzlich ein netter Zeitgenosse sein können und Fionns Blick besorgt um mich als Person.
Tränen schossen mir in die Augen und ich war froh, dass mein Bruder noch immer meine Hände hielt, auch wenn ich nicht mehr spürte, warum und aus welchen Beweggründen er dies tat.
"Reish....." keuchte ich nur, aber ich konnte mich an diesen Zustand einfach nicht gewöhnen - kopfblind!
Ich drückte Fionn zur Seite und erklärte vehement, dass es mir besser gar nicht gehen könne.
Draußen waren noch immer Wolken, aber der Sturm schien sich gelegt zu haben.
"Merryl.......!", Ich atmete tief ein und aus, zumindest das war noch in meinem Kopf. Die einfachsten Verhaltensregeln.
Ich erzählte Merryl von meiner Vision.
"Hast Du auch nur annähernd eine Ahnung, was geschieht, wenn diese Vision sich bewahrheitet? Kennst Du das Laran Corrans????"
Merryl nickte nur schweigend, er wusste, wovon ich sprach. Schließlich hatte er Corrans Laranauswirkungen schon gesehen - an unserem Vater.
Wieder zitterten meine Lippen und ich bekam nicht mit, dass irgendwer nach einem Stein suchte und irgendwo ein Zettel im Feuer (Backofen) auftauchte.
Wenn wir bis heute Abend keine adäquate Lösung gefunden hatten - und einfach weg gehen war keine, denn dann würden wir erfrieren, dann würden wir alle SEHR qualvoll sterben (was Erfrieren doch zu einer annehmbaren Alternative machte).
Und ich wollte nicht sterben! Nicht jetzt und nicht hier und schon gar nicht so!
Und zum ersten Mal waren Merryl und ich einer Meinung!
Doch wieder ließen uns die Götter keine Zeit, uns mit der Situation in irgendeiner Form auseinander zu setzen.
Hatte ich irgendwann einmal irgendetwas gehörig falsch gemacht und bekam jetzt die Quittung?
Merryl schien mehr über irgendeine Matrix zu wissen und Puck hatte irgendetwas damit zu tun.
"Du kannst doch gut mit Puck!", erklärte mir Merryl nur und zog mich in Richtung Küche. Erklärungen bekam ich wieder einmal keine geliefert.
Ich nickte also götterergebend und folgte Merryl in die Küche.
Dort stand Oberon, der Wirt und Corrans Söldner und Corran schrie seinen Gefolgs-Mann an, er möge den Stein herausgeben (welchen Stein?).
Was dann passierte, kann ich nicht erklären, doch ehe ich mich versah, lagen Corran und Merryl vor mir auf dem Fußboden.
Avarra sei meiner Gnädig!
Dort lag er nun, der Mann den ich lieber tot und leidend sehen wollte. Doch ich hatte ja mein Wort gegeben. Ich vermochte mir zudem die Konsequenz, wenn ich Corran jetzt die Kehle, die sich mir entgegen zu strecken schien, durchtrennte, nicht aus zu malen.
Das Raivannin hatte mir mein Laran geraubt und als ob mir die Götter einen Streich spielen wollten, war es just in diesem Moment vorbei mit meiner Kopfblindheit und mein Laran wieder zur Stelle.
Wollte man mir eine weitere Möglichkeit geben, Corran einfach töten zu können? Wollte man mich auf die Probe stellen?
Sein Friedensmann war weit und breit nicht zu sehen - vielleicht auch außer Gefecht gesetzt, von was auch immer.
Doch die Vernunft siegte über den Hass.
Ich konzentrierte mich zuerst auf Merryl. Er schien zu schlafen, der Puls ging regelmäßig und ihm schien nichts zu fehlen.
Dann war Corran dran!
Ich schluckte hart und konzentrierte mich auf meine Matrix. Auch sein Puls ging regelmäßig und ich gab ihm Kraft, von der ich selbst kaum etwas hatte, so dass er seine Augen öffnete.
Mir war es ganz Recht, dass sich ab dann jeder um jeden kümmerte und ich mich offiziell um meinen Bruder sorgen durfte.
Merryl kam wieder zu sich - auch hier gab ich Kraft, von der ich nicht annahm, dass ich sie zu diesem Zeitpunkt überhaupt noch hatte.
Corran und seine Sippe waren irgendwann verschwunden und ich fand mich fast heulend an den Schultern meines großen Bruders wieder (passierte verdammt oft - das sollte vielleicht auch keiner erfahren!).
"Ich hab ihm reish-nochmal das Leben gerettet - ICH, ausgerechnet ICH!!"
Doch wenn ich dachte, dass sich Merryl ausschließlich um mich kümmern konnte, täuschte ich mich wieder.
Langsam wurde mir dieses Treiben zu bunt, doch hatte ich eine Wahl?
Merryl erzählte mir von diesem Brief, den ich kurz darauf zu lesen bekam. Hier zahlte sich aus, dass man mich im Turm öfters als mir lieb war getriezt hatte, denn binnen kürzester Zeit hatte ich nicht nur den Brief gelesen, sondern auch die Zusammenhänge verstanden.
Hier ging es um die dunkle Legende dieser Matrix und hier stand auch die Lösung - direkt auf diesem Schriftstück.
'Gutes wurde zu Bösem! Um das wieder rückgängig zu machen, benötigte man unter Sternenlicht: reinstes Metall, reinstes Licht und diese Matrix als Schlüssel'
Man sagte mir, dass Beria diesen Stein ebenfalls in Händen gehalten hatte und ihr nichts geschehen war. So war ich sicher, dass dieser Stein im Augenblick nicht aktiviert sein konnte.
Es erschien so einfach und doch so kompliziert.
"Merryl, das reinste Metall ist eindeutig Kupfer! Das reinste Licht ist das Licht der Vier Monde - die heute am Himmel stehen. Und diese Matrix, die im Moment noch unbrauchbar ist, weil sie nicht vollkommen ist, ist der Schlüssel, um das Böse wieder in Gutes zu wandeln. Dass von Sternen die Rede ist, zeigt, dass dies alles heute Nacht geschehen muss!!"
Merryl stimmte mir zu, auch er sah diese Zusammenhänge. Woher die restlichen Teile dieser Matrix nehmen, die eindeutig fehlten?
Daran dachte ich noch gar nicht!
Ich blickte Merryl verzweifelt an, denn jetzt kam meiner Ansicht nach der nahezu komplizierteste Teil des Ganzen.
"Aber die Vier Monde geben kein Licht ab, schon gar kein reinstes Licht, denn man sieht sich nicht, sie sind hinter den Wolken!!! Und ICH bin der Grund, warum dort", ich deutete verheißungsvoll nach draußen, "noch Wolken alles andere verdecken und wenn nichts geschieht auch heute des Nachts noch."
Wieder liefen mir Tränen über die Wange und dank meines Larans konnte ich spüren, dass mein Bruder bei mir war.
"Ich KANN aber die Wolken nicht beiseite schieben, so als würde ich den Tag über nichts anderes Tun, Merryl!"
Merryl schloss verzweifelt die Augen, denn auch er wusste, dass irgendetwas geschehen musste, dass ich nicht bei dem Versuch, die Wolken weg zu schieben, alle um mich herum mit Blitzen erschlug.
Merryl atmete tief durch.
"Jetzt müssen wir erst einmal mit den Di Asturiens reden, Corran muss von Deiner Vision erfahren Lyondri!"
Nach diesen Worten stiefelte ich alles ergeben abnickend hinter Merryl in Richtung der Räumlichkeiten von Corran und seiner Sippe her.
Ich schluckte allen Unmut und alle Angst hinunter, denn über diese Brücke musste ich alleine gehen. Nicht Merryl, ICH musste von dieser Vision erzählen - keinem geringeren als Corran Di Asturien, denn um ihn ging es in dieser Vision mehr als um alle anderen.
Und ich tat genau dies, ich erzählte ihm, dass man mir sagte, dass er heute des Nachts seine Barrieren verlieren würde.
Ich erntete erst Ungläubigkeit seitens Corran, er hätte sich im Griff.
Doch Fionn fühlte, dass ich nicht log und irgendwann schien auch dieser ungeschlachte Berg zu begreifen, dass ich mir hier keinen Spaß erlaubte.
Vielleicht weil er mir nicht gleich Glauben schenken wollte, vielleicht weil meine Nerven bloß lagen, vielleicht aber auch, weil ich gar nicht anders konnte und Corran MICH die ganze Zeit fixierte – meine Augen umwölkten sich und ich fühlte Hilflosigkeit und Zorn.
"Sieh mich an....!" Als ob ich das nicht bereits die ganze Zeit über tat.
"Zwischen uns gibt es kaum einen Unterschied, junger Castamir!"
Ich streckte stolz mein Kinn und ignorierte die zitternden Lippen.
"NEIN!", gab ich mit brüchiger Stimme zur Antwort.
"Ich bin nicht wie IHR!"
Corrans Blick ruhte weiter auf mir- graue Augen.
"Oh doch, als Waffe für einen Krieg gezeugt. Ein Krieg, für den keiner mehr den wahren Grund zu nennen weiß!"
"Ich bin nicht wie Ihr, denn Ihr seit der Grund, warum ich all dies erleiden muss. ICH weiß sehr wohl, warum es diesen Krieg geben wird. Denn Ihr habt meinen Vater in den Wahnsinn getrieben, habt mit eurem Laran meine Familie fast ausgelöscht. Aber ich habe all das nicht getan. Ich bin nicht wir IHR!!"
Corran schwieg einen Moment, doch er wurde nicht wütend, wie es in das Bild, welches in meinem Kopf bestand, gepasst hätte.
"Aye....!", gab er mir Recht?
"Aber Du kannst etwas ändern!"
Und wie?
"Du musst nicht dem gleichen Weg folgen, den ich ging. Du musst nicht das erfüllen, weswegen du gezeugt wurdest. Ich hatte keine Wahl. Zumindest dachte ich das und ich tat, was man mir befahl. Aber du....!"
Ich fühlte keinerlei Triumphgedanken von Corran ausgehen.
Doch konnte ich nichts sagen, denn die Gefühle und Gedanken in meinem Kopf wollte ich selbst nicht wahrhaben.
Ich konnte doch wohl kaum Bewunderung und Verständnis für den Mann aufbringen, der meine Familie fast zerstört hatte und meinem Vater wie meiner Mutter mehr oder weniger das Leben nahm und wegen dem ich zu dem erschaffen wurde was ich war. Oder hatte ich doch eine Wahl?
Merryl nahm mir die Entscheidung zu antworten auf seine Art und Weise ab, er sprach den Brief an und unsere Schlussfolgerungen.
Was dann geschah ließ mich meinen, wir wären doch nicht so verschieden wie ich angenommen hatte. Corran Di Asturien war alles andere als Vernünftig. Er wollte seinen Kram packen und gehen (erfrieren!). Er wollte weglaufen!
Erst Fionn konnte ihn dazu bringen, zumindest bis zum Abend zu bleiben.
Ich wusste in diesem Moment nicht warum, aber ein Gefühl sagte mir, dass es überhaupt nicht gut wäre, wenn Corran jetzt verschwinden würde, aus welchen Gesichtspunkten heraus auch immer.
Ein Gedanke, der mich wieder an mir zweifeln ließ, denn würde Corran jetzt weg reiten, würde er erfrieren und wir Castamirs hätten ein Problem weniger, DAS Problem weniger, oder?
Corran, Fionn, Rakhaela und Aliciane gingen, um das Schriftstück zu betrachten.
Ich ging nach draußen, Schnee hin oder her, ich benötigte dringend eine Ladung frische Luft und vielleicht ein paar Augenblicke keine neue Aufregung.
Ich zog die kalte Luft in meine Lungen und hatte noch nicht ausgeatmet, als Corran neben mir stand. Eine Weile blickten wir schweigend in verschiedene Richtungen.
Doch dann konnte ich meine Neugierde nicht bremsen.
"Wie habt Ihr das gelernt!"
Ich musste nicht erwähnen, dass ich von seinen Barrieren sprach.
"Ich habe jahrelang nichts anderes getan - und das ohne die Ausbildung, welche Du genießt!"
Zwar genoss ich diese Ausbildung bei weitem nicht immer, aber ich wusste, was er mir sagen wollte.
"Das macht doch einsam, oder?"
Ich hatte überhaupt nicht überlegt, die Frage war einfach aus mir herausgesprudelt.
"Sehr!", Corran nickte und wünschte mir einen Menschen an meine Seite, der für mich so sein möge, wie Fionn für ihn.
Ich ließ diesen Satz unbeantwortet.
"Kann ich es lernen?", wieder obsiegte meine Neugierde.
"Alles was ich Dir anbieten kann, ist zu mir zu kommen, dann lehre ich es Dich!"
"Ja, sicher!" - Ich lachte trocken auf.
"'Entschuldige mich einen Augenblick Marius!'", imitierte ich übertrieben.
"'Ich werde gleich für Dich gegen Di Asturien kämpfen. Aber erst muss ich noch zu Corran, dass er mir beibringt, wie ich meine Barrieren aufrecht erhalten kann'"
Wir lachten beide, wussten wir doch, dass dies unmöglich war und ich es absichtlich ins Lächerliche gezogen hatte.
Als ich wieder in den Schankraum zurück kam, sah ich einen weiteren Mann bei Aliciane und Rakhaela stehen - Joric Aldaran persönlich. Ich hatte zuvor schon von Merryl erfahren, dass dieser stinkende Bettler nicht Derrek hieß, sondern eben Domänenlord Joric Aldaran war. Wie man es geschafft hatte, ihn vom Wahnsinn zu befreien, wusste ich nicht. Ich wusste um Merryls Sorgen, weil Lord Aldaran, Corran, Rakhaela, Fionn und dieses Kind hier gezielt aufeinander trafen, denn Merryl war schließlich Friedensman von Hastur von Carcosa und da gab es wohl die ein oder andere Ungereimtheit. Aber ich stellte fest, dass mir die Gegenwart eines nicht stinkenden Mannes schicht lieber war, als die eines ranzigen Bettlers und ich eh nichts an der Situation ändern konnte.
Schließlich nahm mich Fionn beiseite. Eigentlich hätte ich stolz sein müssen, doch ich erkannte bald die Notwendigkeit.
Er fragte mich, was ich von der ganzen Sache mit dem Brief und der Matrix hielt und wie man sich weiter verhalten könne. Er hörte sich meine Zusammenhänge an und er fragte mich um mein Laranpotential und auch um das meines Bruders. Er fragte nicht Merryl - in Laranangelegenheiten fragte er mich und ein Blick in Merryls Augen ließ mich seine Zustimmung sehen.
Wir sprachen über die Matrix und wie wir sie, so wir die fehlenden Teile beisammen hätten, in Betrieb nehmen konnten.
Ich erklärte, dass ich lediglich Anwärter auf das Mechanikeramt sei, mich aber in einen Kreis einfügen würde können. Merryl war Telepath, mit ein wenig Empathie im Hintergrund, aber er würde seine Kraft ebenso einbringen wie jeder andere mit Laran gesegnete hier im Raum.
Da wären Aliciane - laut Fionn nutzte sie ihre Kräfte nicht oft, aber sie war vorhanden.
Rakhaela - jung, von der Geburt geschwächt, aber sie war stark.
Joric Aldaran - sicherlich ein gefährlicher Mann, aber mit einer solchen Macht ausgestattet, dass man sich über kaum etwas anders Gedanken machen müsste.
Dieser Barde, Yarid, ich hatte seine Kraft gespürt und war fast froh, ihn hier zu wissen, entgegen aller Gerüchte und Erzählungen.
Merryl, Fionn und meine Wenigkeit.
Das waren insgesamt sieben, denn Corran schied aus, da stimmte ich Fionn zu. Würden seine Barrieren fallen, wären wir alle tot - und ein Kreis mit Barrieren konnte kaum gut gehen.
Ich erwähnte Puck. SEIN Laran hatte ich nicht nur gespürt, ich wusste auch um seine Zeit im Turm.
Vielleicht der Part des Überwachers?
Ich grinste und rief nach dem kleinen Kerl.
Puck!
Puuuck!
PUUUUUUUUUUUUUCCCCCCCCCKKKKKKKKK!
Es dauerte nicht lange und ich hatte ihn überzeugt, er würde uns helfen.
Ein Hoffnungsschimmer - weit weg aber vorhanden und nicht nur ich spürte Hoffnung. Auch Fionn und als ich mich mit meinem Bruder austauschte, spürte ich auch hier ein wenig Zuversicht.
In der Zwischenzeit hatte irgendjemand entdeckt, dass die Huren einen Teil der fehlenden Matrizen um den Hals trugen. Man sammelte alle Splitter zusammen, ich schloss die Teile in meinen Dämpfer und gab diesen Titania, der Wirtein, zum Aufbewahren.
Jetzt galt es, die restlichen Teile zu finden - und das möglichst schnell, uns lief die Zeit davon. Um die Wolken vor den Monden musste ich mich schließlich auch noch kümmern - irgendwie.
Merryl brachte mich auf die Idee, dass auch hier mein Laran von Nutzen sein würde.
"Geh und frage jeden, ob er etwas mit den Steinen zu tun hat, ob er um diese fehlenden Steine weiß! DU wirst dann wissen, wer dich belügt und wer die Wahrheit spricht!"
Ich nickte und konnte nicht umhin die Brust ein wenig Stolz zu recken.
Ich fragte jeden, der mir über den Weg lief und fragte und fragte und fragte.
Ich war letztlich sogar so wütend, dass ich Puck meinen Dolch an den Hals hielt, weil ich keine andere Möglichkeit mehr fand - die Götter mögen seiner Seele gnädig sein.
Die fehlenden Steine waren und blieben verschwunden und kein Mensch schien auch nur annähernd etwas darüber zu wissen.
Draußen dämmerte es - wir hatten keine Zeit mehr!
Und dann fiel mein Bruder, mein Halt in dieser Situation, einfach um!
Er schlief!
Sein Puls ging ruhig, sein Atem regelmäßig, wirklich als ob er sich den ungeeignetsten Zeitpunkt erwählt hatte, um ein Nickerchen zu machen.
"MERRYYYYYL, wir brauchen Dich! Wach auf!"
Verzweiflung kam wieder zum Vorschein.
Auch Fionn kniete inzwischen neben meinem Bruder, so wie ein Söldner und auch Corran.
"Merryl, Reish, steh auf, Du hast gesagt heute ist die Nacht der Vier Monde und wenn wir dies alles geschafft haben, dann haben wir Spaß!
Merryl, Spaß haben ist aber etwas anderes!"
Nichts!
Ich wusste mir wiedereinmal nicht zu helfen und schlug wütend auf Corran ein, der ja schließlich die Situation auch hätte ausnutzen können.
Doch wieder blieb Lord Green Scarp ruhig, blickte mir in die Augen und erklärte, er trüge keine Schuld.
Und ich wusste, er sprach die Wahrheit!
Es dauerte wie mir erschien eine Ewigkeit, aber dann schlug Merryl endlich die Augen auf, schüttelte sich kurz und faselte etwas von einer Vision!
Avarra sei uns gnädig, blieb uns denn nichts erspart?
Die Steine seien in Asturias zu finden - ein wenig weit weg in Anbetracht der Tatsache, dass uns kaum mehr Zeit blieb.
Corran gab Anweisung, dass jeder seines Gefolges die eigenen Zimmer durchsuchen mögen - wer wisse schon, wer hier wem etwas untergeschoben hatte. Er blickte nicht in unsere Richtung und ich wusste, dass sein Verdacht auch nicht auf uns Castamirs fiel.
Und wirklich - unter Corrans Kopfkissen fanden sich die Steine.
Mir war in diesem Moment egal, wer sie dort hingelegt hatte oder ob überhaupt. Die Hauptsache war, dass wir die Steine beieinander hatten.
Wir begannen ein Gitter zu bauen und setzten zuvor die Teile der Matrix zusammen, die wir bislang hatten. Wir waren ein gutes Gespann. Alle halfen, Feindschaft war vergessen. Nur zusammen würden wir diese Gefahr bannen.
Und Corran blieb, trotz dass es draußen schon dunkel war - er harrte aus. Vielleicht vertraute auch er auf diesen neuen Zusammenhalt.
Es gab noch recht viel Trubel, weil mein Dämpfer plötzlich verschwunden war und unter mysteriösen Umständen wieder auftauchte.
Dann brachten die Haldars einen Kasten, wo auch immer sie diesen ausgegraben hatten, in dem noch weitere Matrix-Splitter zu finden waren und Teile für das Gitter. Die Tänzerinnen brachten Kupferdraht und endlich hatten wir das Gitter fertig und die Matrix zusammen geführt.
Jetzt musste der Kreis gebildet werden. Merryl misstraute Puck - warum auch immer, ich mochte den kleinen Kerl. Doch mit der Rolle als Überwacher gab sich nicht nur Puck sondern auch Merryl und die übrigen zufrieden. Doch wer sollte der Bewahrer des Kreises sein?
Ich blickte Fionn an - er schien zu wissen, dass nur er übrig blieb.
Auch wenn er vielleicht nicht den Hauch einer Ahnung hatte, was jetzt auf ihn zu kommen würde.
Fionn würde die Energonenringe lenken müssen - er würde unsere komplette Energie leiten müssen.
Doch war es nicht er, der es schaffte, Corrans Barrieren aufrecht zu erhalten?
War er nicht längst ein Bewahrer?
Keine langen Diskussionen, die Zeit drängte - der Kreis war gebildet und die erste Aufgabe war es, die Wolken weg zu bewegen. Meine Aufgabe!
Ich brauchte Kraft, meine Barrieren aufrecht zu erhalten und teilte dies den anderen mit.
Konzentration - Fionn holte uns einen nach dem anderen in den Kreis.
Das Gefühl, welches ich plötzlich mit Merryl (und auch mit all den anderen mehr oder weniger Fremden) teilte, trieb mir Tränen der Rührung in die Augen - und nicht nur mir!
Fast hatte ich das Gefühl, dass wir, dieser zusammengewürfelte Haufen aus Feinden, so harmonierten, als ob wir tagein tagaus nichts anderes tun würden.
Ich fühlte die Kräfte, die meine Barrieren stützten, Halt gaben und mir die Möglichkeit ließ, die Energien der Wolken aufzulösen und weg zu leiten ohne großartigen Schaden anzurichten.
Und endlich schienen uns die Götter gnädig gestimmt zu sein - die Wolken lösten sich auf, die Vier Monde waren deutlich zu sehen und reinstes Licht erhellte unseren Kreis.
Wieder vereinten wir uns, glücklich, dass uns der erste Schritt geglückt war. Ich vermochte nicht zu sagen, wo ich anfing und Merryl aufhörte. Zum ersten Mal trat ich nicht nur mit den Leuten um mich in Rapport, nein, das mir Wichtigste, zum ersten Mal trat ich mit Merryl, meinem Bruder in Rapport. Dazwischen waren noch Rakhaela, Fionn, Aliciane, Yarid und Joric zu finden. Und auch Corran, der von Außen Kontakt zu Fionn hielt, ihm seine Kraft gab, war ganz deutlich zu spüren.
Wir befanden uns in der grauen Ebene der Oberwelt. So zu sehen, wie wir uns zu sehen glaubten. Fionn, reine Kraft bestärkt von Corran. Aliciane, wie ein drittes und dringend benötigtes Bestandteil der beiden. Joric, ein Fels genauso wie Rakhaela. Yarid, klare Energie, gepaart mit der Chieri-Frau in seiner Harfe, die ich lichtdurchscheinend neben ihm wahrnahm. Merryl, der Energie leitete, von der er wohl bis eben nicht wusste, dass er sie überhaupt besaß und in dem Maße einsetzen konnte - und ich selbst, bei weitem nicht in undefinierbaren Roben eines Novizen. Ich war verbunden und fühlte Verbundenheit.
Doch dann schien irgendetwas nicht mehr zu stimmen.
Ich wusste nicht was und warum, hörte nur Fionn verzweifelt rufen "Bleibt zusammen, trennt die Verbindung nicht!"
Doch zu spät - die Verbindung brach und wir waren in unserem eigenen Kreis in der Oberwelt gefangen.
Meine eigenen Ängste holten mich ein. Nebel, überall Nebel!
Ich hörte Merryl, wie er verzweifelt nach mir rief. Fand ihn, hielt seine Hand und gab ihm Kraft durch zu halten. Wie auch immer wir uns aus dieser vertrackten Situation befreien sollten. Wir hielten uns an den Händen, wir gaben uns Mut. Ich höre noch immer Rakhaelas Stimme: "Lyondri, in Deinem Alter habe ich eine Domäne in den Krieg geführt - Du bist nicht zu jung!"
Wir waren so unterschiedlich und doch hielten wir zusammen, waren eins.
Ich sah, wie Ya-Männer auf uns einschlugen und konnte den Schmerz so deutlich spüren, als würde mein eigener Körper geschunden und nicht nur sein geistiges Abbild - und so war es auch. Merryl schrie, Yorick brüllte vor Schmerz und Fionn´rief laut nach Corran.
Dann brach etwas auseinander, ein Dämpfer explodierte und wir alle wurden aus dem Kreis katapultiert.
Was danach passierte, muss wohl von Corran berichtet werden, denn er sah die ins Dunkle gewandelten Chieris aus unseren Träumen mit Schwertern bewaffnet vor ihm stehen, er kämpfte für sich und für uns, so dass sie die Matrix nicht erreichen konnten und er tötete die Wesen nicht, weil er nicht wusste, was dann geschehen würde.
Er siegte über seine eigene Angst und rettete damit nicht nur sich, sondern uns allen das Leben. Allen, bis auf Puck, der sein Leben in diesem Kampf lassen musste.
In dieser Zeit lagen wir anderen alle ohnmächtig und von bösen Träumen und Ya-Männern traktiert am Boden.
Von irgendwo wurde uns Hilfe zu teil.
Die Tochter des Wirts holte mich ins Leben zurück, unterstützt von Beria, die meine verletzte Seite verband. Alle um mich herum waren verletzt. Man hörte Joric vor Schmerz stöhnen, Rakhaela nach ihrem Kind weinen, Fionn nach Corran rufen.
Ich hielt erst Merryls Hand und ihn dann im Arm. Ich gab Trost und fühlte ganz genau, dass uns das hier keiner mehr nehmen konnte. Bloß ist der Rücken dessen, der keinen Bruder hat. Und ich hatte in diesen Tagen einen Bruder gewonnen.
Wir hatten das Böse nicht wieder ins Gute wandeln können - und hatten damit verloren.
Aber wir waren am Leben und alle anderen auch und hatten zusammen gehalten - damit haben wir letztlich doch gewonnen.
Verloren und gleichzeitig gewonnen, denn sie würden wieder kommen, das war mir bewusst.
Aber dies würde nicht mehr mein Kampf sein, denn dieses unsere Gefecht in der Oberwelt, hatte wohl jeder halbwegs fähige Telepath auf ganz Darkover mit gefühlt (halb Europa ohne Strom?? *G*) und damit würden später andere kämpfen.
Ein seltsames Mitwinterfest, wohl wahr. Jeder Bissen Fleisch gab mir das Gefühl, noch nie zu vor so großartig gegessen zu haben. Jeder Schluck Ale glich einem Jungbrunnen. Das Bewusstsein über die alltäglichen Dinge des Lebens war in mir neu geweckt.
Die Geschichte darüber, warum ich mir die Erinnerung daran, dass ich Lord Aldaran jemals gesehen habe und daran, dass Merryl schließlich den Stein an sich genommen hatte, erzählt euch vielleicht mein Bruder, ihn betrifft dies weit mehr als mich.
Doch ich durfte meinem Bruder einmal mehr beweisen, dass ich ihm ein Bruder und wahrer Freund bin.
Ich hatte in diesen zwei Tagen so sehr viel gelernt.
Ich war gereift, wurde akzeptiert und respektierte mein Umfeld.
Wir waren alle nur Menschen und atmeten die gleiche Luft.
Nichts hat nur eine Seite und es ist im Leben wohl immer hilfreich, auch vorurteilsfrei die Gegenseite zu betrachten.
Adelandeyo
Lyondri Castamir
Des Söldners Leid
Ich nannte mich Corryn. Das war alles und niemand hatte sich für sonderlich mehr als diesen Namen interessiert. Ich reiste mit wenig Gepäck, kam direkt aus dem Norden und war ein schweigsamer, und manchmal auch mürrischer Geselle. Obwohl ich immer wieder davon sprach, dass es ein gutes Jahr war. Zumindest für einen Söldner.
Es hatte ein paar Scharmützel auf Hammerfell Land gegeben, dazu noch ein paar reisende Händler, die sich persönlichen Schutz durch unruhiges Gebiet leisten konnten. Alle hatten gut bezahlt, weshalb meine Kleider neu waren und mein Beutel gut gefüllt.
Jetzt, wo Mittwinter langsam nahte, war mein einziges Bestreben nach Thendara zu kommen.
Ein Mädchen, lautete meine Antwort, wenn man mich nach dem Grund fragte. Ein Mädchen und ein Kind.
Nichts davon war gelogen. Aber die ganze Wahrheit war es auch nicht gewesen.
Ivan interessierte das nicht. Ich hatte ihn vor einigen Tagen in den Kilghards getroffen. Er war ein Soldat, wie ich einer war, jedoch niemandem zur Treue verpflichtet und frei wie ein Vogel. Ohne viel Kupfer und ohne ein anständiges Reittier, denn beides hatte er verspielt.
Es gab gute Gründe sich zusammen zu schließen und gemeinsam zu reisen. Ich hatte etwas zu verbergen und er konnte mir die nötige Tarnung verschaffen. Er brauchte Kupfer und davon hatte ich tatsächlich genug.
Und der beste Grund von allen: unser beider Ziel hieß Thendara.
Verrückt genug waren wir, um uns in dieser Jahreszeit noch auf den langen Weg zu machen. Verzweifelt war keiner von uns. Denke ich zumindest nicht.
Dennoch lag es mir wie ein schwerer Stein im Magen, als das Wetter immer schlechter wurde und wir frühzeitig in eine Taverne einkehren mussten. Würde ich rechtzeitig nach Thendara kommen? Würde ich wichtige Dinge verpassen? Wäre ich zu weit weg, um schützend eingreifen zu können?
„Es hilft nichts“, meinte Ivan achselzuckend. „Wir müssen warten, bis der Schneesturm aufhört.“
Also blieben wir und wurden von einem Stallburschen empfangen. „Willkommen in Titanias Kupferkessel. Ich kümmer mich um die Pferde. Wenn ihr so lang warten möchtet!“
Sein Akzent war so ausgefallen, dass ich eine Weile brauchte, um ihn zu verstehen. Berge… Tiefster Hellersakzent.
„Aye“, erwiderte ich, schulterte meine Satteltaschen und wartete.
„Schönen Gaul hab Ihr da!“ rief er.
„He, pass mit meinem auf!“ Ivan rollte mit den Augen.
Der Stallbursche zögerte. „Öhm, joar. Schönes… Chervine?“
Ich war mir selbst nicht sicher, was es war. Aber ein Chervine mit Sicherheit nicht. Schließlich hatte er die Tiere versorgt und führte uns hinein. „Wenn Ihr irgendwas braucht, meine Herren… Mein Name ist Puck und ich kann ALLES besorgen!“ Dabei zwinkerte er verschwörerisch und übergab uns den Händen der Schankmaid.
Doch ich für meinen Teil bereute es schon schmerzlich, überhaupt einen Fuß in die Taverne gesetzt zu haben. Da saß ein Barde am Tisch. Ein Mann, den ich gut kannte.
Und bitterlich hasste!
Er sah mich. Seine Augen verengten sich in gleichem Maße wie meine und es dauerte lange, bis einer von uns den Blick abwandte. Fäuste ballten sich, Herzen schlugen schneller… er hatte auch mich erkannt. Lange würde es nicht dauern, bis ein anderer Name durch den Schankraum geflüstert werden würde als der, den ich mir gegeben hatte.
Abwesend, mit den Gedanken woanders, zahlte ich den horrenden Zimmerpreis für mich und Ivan und versäumte es in meiner aufkeimenden Wut sogar, mir das Zimmer zeigen zu lassen. Dafür wurden wir aber (zum Ausgleich?) am hintersten und zugigsten Platz der Taverne platziert und man setzte uns etwas zu trinken vor. Das Bier war gut, wenn auch lange nicht mit dem zuhause zu vergleichen. Doch für die nächste Zeit gab es kein zuhause. Zumindest nicht für die, die mich nicht kannten.
„Lass uns ne Runde würfeln. Du siehst aus, als könntest die Ablenkung gebrauchen.“
Wie immer war Ivan pragmatisch. Schließlich brauchte er Geld und der erste Einsatz ging um die Bezahlung des Zimmers.
Er gewann, doch sein Schicksal war es, dass er nicht aufhören konnte und am Ende gingen die Sekal wie Rosinen zwischen uns hin und her.
„Noch mal…“ forderte er. „Ich brauch ein paar Sekal, damit mein Bett heute Nacht nicht so kalt bleibt.“
Also gab ich nach, spielte weiter und streifte die umhergehenden Grezali mit kurzen Blicken. Genau so ein Blick war es, der mir enthüllte wer da noch in den Schankraum trat. Erleichterung mischte sich mit Sorge, als ich die schwer bepackten Gestalten erkannte. Da schritt ein junger Mann voran, gebeugt von der Last auf seinem Rücken. Hinter ihm eine hoch gewachsene schöne Frau, deren Haar unter einem Tuch verborgen war und ein Mädchen mit einem Neugeborenen in den Armen.
Es kostete mich Überwindung, um nicht von meinem Platz aufzuspringen und dort hin zu rennen. Nein, ich blieb sitzen, hob mein Kinn nur ein wenig an und hoffte auf einen Blick, der mir zu erkennen gab, dass ich gesehen worden war. Doch nichts dergleichen. Unruhig scharrte ich mit den Füßen und vermasselte zwei Würfe, worauf Ivan triumphierend grinste.
„Kennst hier jemanden?“
„Nein, nicht…“ wollte ich gerade sagen. Doch zwei weitere Flüchtlinge vor dem Sturm ließen mich innehalten. „Nun ja, mehr als ich dachte.“
„Du kennst die halbe Welt! Sieht aber nich aus, als würd’s dir gefallen, was du siehst.“
„Nicht wirklich.“
Castamir. Merryl Castamir, Friedensmann von Jerome Hastur. In seinem Schlepptau ein halbwüchsiger, lamentierender Knabe.
Merryl kannte mich. Er hatte mich mehr als einmal gesehen und er wusste, dass ich zwar einen Eid geleistet, dies aber alles andere als freiwillig getan hatte.
Ich senkte das Kinn, betrachtete mein Bier und wandte mich ein wenig zur Seite. Aber wozu das alles? Wir saßen in einem Schankraum, der nicht viel größer war als ein mittelprächtiger Pferdestall und früher oder später würde er mich entdecken.
Nun, damit hatte ich rechnen müssen. Meine Verkleidung war nicht so gut gewählt, als dass ich lange unerkannt hätte bleiben können. Ein Bart macht aus Corran di Asturien noch keinen beliebigen Söldner.
„Ich geh mal nach den Pferden gucken“, meinte ich leise zu Ivan, stand auf und ließ ihn sitzen. Im Gehen warf ich dem jungen Mann und den beiden Frauen einen langen Blick zu. Sie saßen in einer Nische, die nicht von meinem Platz einzusehen war. Doch sobald ich durch die Taverne ging, hefteten sich so gut wie alle Blicke auf mich. Ein großer Mann wird immer gesehen. Auch wenn er es gern anders hätte.
Ich war allerdings gerade an der Tür angelangt, als ein Schrei von draußen die Stimmung umschlagen ließ. „Vogelmänner!!!“
Ich zuckte zusammen. Sie mussten Ya-Männer meinen! Nicht hier… nicht in den Ebenen. In den Bergen sah man sie selten, aber hier…?
Ich zog mein Schwert und winkte Ivan heran. Wir mussten hinaus und nachsehen. Der frühe Abend war dunkel. Und es war kalt wie in Zandrus eisigster Hölle.
„Gebt das Bier den Gästen, nicht den Angestellten!“ brüllte ich laut und rannte mit dem Schwert in der Hand den Männern nach.
Vor einem auf dem Boden liegenden Körper blieb ich stehen. Hier kam wohl jede Hilfe zu spät, dachte ich, doch schon riefen sie nach einem Heiler. Ich wusste, wer da angerannt kam, auch ohne Licht. Leichte Lederschuhe klapperten auf den Pflastersteinen und der Heiler beugte sich über den Körper des Mannes. „Hier kann ich nichts mehr tun“, lautete sein Urteil.
„Das waren Vogelmänner!“ sagte der eine der Männer in fester Überzeugung.
„Sei nicht dumm, Mann!“ entgegnete ich. „Ya-Männer dringen nicht bis in die Ebenen vor. Selbst bei so einem Sturm nicht! Und sie greifen schon gar keine Menschen an, es sei denn sie sind verzweifelt genug dafür!“
Aber meine Einwände prallten an der Sturheit der beiden Männer ab, die den Toten gefunden hatten. Sie beharrten darauf, selbst als der Tote weggeschafft war und wir wieder in der Taverne saßen.
Ich hielt die Bedenken im Kopf, doch die auf mich einströmenden Eindrücke ließen das Geschehene bald in den Hintergrund treten. Zu erst einmal fielen mir die schwarz gekleideten Herren auf, die durch den Schankraum stolzierten. Unzweifelhaft von hohem Blut, aber sie sahen aus wie Gecken. Und sie hielten sich allzu gern in Gesellschaft der Grezali auf. Sie beobachteten ihre Handlungen genau.
Ivan beugte sich zu mir. „Puck sagte, das seien Aldaran“, flüsterte er.
Mir fiel es schwer keinen ungläubigen Gesichtsausdruck zu bekommen. Das war unmöglich. „Bist du sicher?“
Er nickte.
Mein Blick huschte zu der Nische, wo der Heiler mit den beiden Frauen saß. Aber sehen konnte ich sie nicht.
„Und draußen turnt einer rum, den sie nicht in die Taverne lassen, weil er aussieht wie’n Bettler.“
Nun horchte ich wieder auf und entschuldigte mich und ging nach draußen. Tatsächlich, da stand er.
„Guten Abend, vai dom!“
Groß, dunkel, mit einem Strohhut auf dem Kopf, der sein Gesicht fast völlig bedeckte, weil die ausgefranste Krempe so weit ins Gesicht ragte. Die Kleider waren bestenfalls als Einfach zu beschreiben und er verströmte einen Geruch, der einfach nur als bestialisch bezeichnet werden konnte.
„Nein, nein. Nicht vai dom. Ich bin Corryn. Ein einfacher Söldner.“
„Ist gut, vai dom!“
Ich kniff die Augen zusammen. Seltsam. Aber ein blitzendes Auge zwinkerte mich unter der Krempe an und somit gehörte es wohl zur Tarnung. Grinsend wandte ich mich ab und lauschte dem unsinnigen Gebrabbel. Derek nannte er sich und bald schon kam ein großer blonder Mann herbei, der sich mit ihm unterhielt, während er dabei war eine Latrine zu graben. Wahrscheinlich, um sich den Aufenthalt in der Taverne leisten zu können.
„Guten Abend!“ Der Heiler stand vor mir. Zusammen mit den beiden Frauen.
„Geht es euch gut? War die Reise gut? Keine Gefahren?“
Der Blonde kam immer wieder, schleppte Steine, verschwand um die Ecke… es gab nicht viel Zeit, um mich zu versichern, dass mit ihnen alles in Ordnung war.
„Alles in Ordnung“, erwiderte Finn, der Heiler. Ich nickte und fasste nach der Hüfte der älteren Frau. „Bei dir auch?“ flüsterte ich.
Sie sah zu mir auf und lächelte. „Aye.“
„Puck sagt, die schwarz gekleideten Gecken seien Aldarans.“ Es gab nicht viel Zeit für schöne Worte.
„Aldarans?“ Meine Frau sah mich an, dann glitt ihr Blick hinüber zu Derek. „Das kann nicht sein. Ich würde sie kennen. Was ist mit dir?“ Sie stellte diese Frage dem jungen Mädchen mit dem Kind auf den Armen. Sie schüttelte den Kopf. „Kann nicht sein.“
„Ich werde mich kümmern“, erwiderte ich.
„Ich rede mit Derek. Lenk Castamir ab.“ Der Heiler grinste und ich zuckte mit den Schultern. Irgendwas würde mir schon einfallen.
Drinnen stellte ich die beiden Gecken. „Vai domyn“, grüßte ich respektvoll. „Puck trug mir zu, ihr kämt von Aldaran?“
Die beiden wechselten einen Blick. „Nein“, erwiderte der eine mit dem Hut. „Kommen wir nicht.“
Das verblüffte mich. Entweder sie logen mir glatt ins Gesicht oder Puck log wie gedruckt. Aber sie sagten auch nicht, wo sie sonst herkamen. Seltsam…
„Nun, ich dachte… Ihr seht, ich bin ein einfacher Söldner, immer auf der Suche nach einer Anstellung für das Frühjahr. Könnt Ihr mich brauchen? Ich würd’ bei euch anheuern.“
Wieder tauschten sie einen Blick. Dann schüttelte der mit dem Hut den Kopf, aber der andere antwortete. „Nein. Brauchen wir nicht.“
In dem Moment kamen Merryl Castamir und sein lamentierendes Anhängsel an uns vorbei. Was mich daran erinnerte, sie abzulenken. Ich stellte Merryl ein Bein. Jeder sah es, jeder wusste, was ich tat. Merryl stolperte, hielt kurz inne, ging dann aber weiter, mich ignorierend.
„Aber das bringt mich zu etwas“, fuhr der eine Geck fort. „Ihr wisst, wie man sich Comyn gegenüber verhält. Also hört auf mit diesen Beleidigungen!“
Das machte mich mundtot. Natürlich wusste ich das. Ich war schließlich selbst einer! Aber das dürfte niemand erfahren. Unter anderen Umständen hätte ich mein Schwert gezogen und das nicht auf mir sitzen lassen, aber jetzt konnte ich das kaum tun. Also schwieg ich und neigte nur zustimmend den Kopf. Sollte mir recht sein. Reish!
Also tappte ich zurück zu meinem zugigen Platz und setzte mich wieder.
„Wen kennsten hier?“ fragte Ivan interessiert.
„Den Barden… das da drüben sind Castamirs.“
„Siehst nich glücklich darüber aus. Was is mit dem Barden?“
„Er ist wie ein falsches Kupferstück. Sieht von außen echt aus. Glänzt wie Kupfer, ist schwer wie Kupfer… aber wenn du an der Oberfläche kratzt, ist er nichts weiter als ein minderwertiges Stück Blei.“
„Und Castamir?“
„Reden wir nicht darüber.“
Ivan zuckte mit den Schultern und beschäftigte sich damit, sich nach den Preisen für die Grezali zu erkundigen. 100 für eine ganze Nacht. Soviel hatte ich noch nicht mal in meinem Beutel dabei! Aber er musste sich ja auch immer gleich die jüngste und schönste aussuchen. Für einen Söldner mochte die ältere auch hinreichend genügen. Ich sagte es ihm, aber er grunzte nur.
Es dauerte eine Weile und es fielen noch ein paar nicht böse gemeinte Frotzeleien zwischen uns, da fiel mein Blick auf meine Frau. Sie saß auf der Bank, trank Shallan und neben ihr der blonde Steineschlepper von vorhin. Er verschluckte sich an seinem Bier, röchelte, hustete. Er lief so rot an, dass ich den Eindruck hatte, gleich die nächste Leiche betrachten zu müssen. Aliciane holte weit aus und schlug ihm auf den Rücken. Einmal, zweimal… es schien zu helfen. Er bekam wieder Luft.
Sie begannen sich zu unterhalten. Er dankte ihr. Sie lächelte.
Ich runzelte die Stirn.
Dann sah sie ihn liebevoll an.
Meine Hand glitt zu meinem Becher.
Dann begann sie plötzlich ohne Vorwarnung seine Schultern zu massieren.
Ich haute den Becher immer wieder auf den Tisch. Laut. Immer lauter. Rhythmisch.
Ivan sah mich an, als hätte ich nicht mehr alle Tassen beisammen.
Dann stand sie auf und ging mit dem Knilch hinaus.
Die Wut staute sich in meinem Hals. Ich sprang auf.
„Entschuldige mich!“
„Schon wieder?!“
Aber ich erwiderte nichts, sondern stürmte den beiden nach. Zu spät. Sie waren nirgends zu sehen.
Derek, saß in einer Ecke. Ich hatte ihn gar nicht gesehen. Der Heiler kniete über ihm. „Aliciane ist weg!“ raunte ich ihm zu.
„Was?“
„Sie ist weggegangen.“ Nun musste ich die Worte hinauspressen. „Mit dem Latrinengräber.“
„Nicht wahr!“
Ich stemmte die Fersen in den weichen Schnee. „Doch!“ knurrte ich.
Ich begann zu laufen, um die Taverne herum. Zum Pferdestall. Da! An der Mauer!
Sie küssten sich versonnen!
„AUSEINANDER!“ brüllte ich. Ich sprang herbei, zerrte am Arm meiner Frau, kochte vor Wut. „Nein! Nein!“ rief sie. „Ich liebe ihn! Lass mich!“
„Du… WAS? Hierher mit dir!“
Der Blonde… nennen wir ihn lebensmüder Wüstling… besaß die Dreistigkeit mir gut zuzureden. Aldones, der hatte Glück, dass ich ihn am Leben ließ. Aber auch nur weil er keine Waffe in der Hand hatte und ich keinen wehrlosen Mann einfach mit dem Schwert durchbohrte. ICH besaß Moral… zuviel wie es schien. Denn meinem Gegenüber ging diese scheinbar völlig ab.
„Verschwinde und komm mir nicht zu nahe! Ihr auch nicht!“ zischte ich.
„HILFE! Mein Liebster! Ich will zu dir!“ Aliciane kreischte und ich rechnete jeden Moment damit, dass ein ganzer Pulk an Leuten aus der Taverne gestürmt käme, um die arme Frau aus den Händen des üblen Söldners zu befreien. Ich hätte wohl nicht viel Zeit, um glaubhaft verständlich zu machen, dass es sich um meine Frau handelte und ich alles Recht hatte, den lebensmüden Wüstling in die Flucht zu schlagen. Oder Schlimmeres.
„Ich will zu ihm!“
Plötzlich stand Fionn neben mir. Ich trat zur Seite, während er einen Arm um meine Frau schlang. „Schschhh…“ machte er und tätschelte ihren Rücken. Ihr Schluchzen war zum Steinerweichen. Ich fühlte einen dicken Kloß im Hals.
„Was redest du da! Du liebst nur einen Mann!“ Fionn versuchte es mit guten Worten. Ich war immer noch so wütend, dass ich ihr am liebsten zwei Ohrfeigen gegeben hätte, um sie wieder zur Besinnung zu bringen. Aber ich hatte noch nie eine Frau geschlagen und würde jetzt nicht damit anfangen. Ich trat ein paar Steine aus dem Weg.
„Ich liebe nur…“ Sie stockte, hustete und heulte weiter.
„Aldones! Ich bring den um!“ knurrte ich weiter und wäre auch schon weg gewesen, wenn sich Aliciane nicht plötzlich nach vorn gebeugt und übergeben hätte.
Sie kotzte sich tatsächlich die Seele aus dem Leib und ich stand ein wenig bedröppelt daneben und konnte nichts weiter tun, als ihr das Haar aus dem Gesicht zu halten. Was ich heldenhaft tat, auch wenn der Geruch mir selbst die Galle hochtrieb.
Dann entspannte sie sich, rappelte sich auf und sah erst mich, dann Fionn fragend an. „Was?“
„Wessen Frau bist du?“ fragte Fionn ernst. „Wen liebst du?“
„Corran“, flüsterte sie schwach. Dann sank sie an meine Brust und weinte. Ich strich ihr ein wenig hilflos über den Kopf. Alles schien wieder normal. Aber…
„Was war das?“ fragte ich Fionn über Alicianes Kopf hinweg.
Er zuckte mit den Schultern. „Hast du irgendwas gegessen oder getrunken?“
“Shallan“, erwiderte sie. „Und Fischpastete.“
Ich rollte mit den Augen. Fischpastete. Aber dann ging mir auf, auf was Fionn hinauswollte. „Du glaubst irgendwo war was drin?“ fragte ich.
Er nickte. „Wir sollten ab sofort vorsichtig sein mit dem was wir essen.“
„Gut.“ Ich bog den Kopf zurück. „Geht es dir jetzt wieder besser?“
Aliciane lächelte ein wenig. „Aye.“
„Gut, dann gehen wir zurück.“
„Es ist mir… peinlich.“
„Du konntest nichts dafür.“ Aber ich verstand sie. Ihr Stolz hatte gelitten. Sie, die hochadelige Dame hatte mit einem dahergelaufenen Streuner gezüngelt. Ja, wahrscheinlich ging es ihr noch viel mehr gegen den Strich als mir.
„He! Vai dom!“ Derek. Es war schon spät und mein Kopf raste vor lauter Kleinigkeiten, die sich nicht so recht zusammensetzen wollten. Ich sah die Castamirs, die sich mit den Aldarans, die keine Aldarans waren, verschwörerisch durch die Taverne bewegten und ich hatte das Gefühl, dass da Dinge an mir vorbei gingen, die äußerst wichtig waren.
„Ja?“
“Ich muss etwas unter vier Augen mit euch besprechen.“ Zuvor schon hatten wir einen stillen Moment abgepasst und uns alle zusammen im Zimmer des Heilers getroffen. Nun aber standen wir im Eingang der Taverne. Jeden Moment könnte einer heraustreten.
„In Ordnung…“
Ich sah mich um, doch wir waren tatsächlich allein.
„Joric bat mich Euch etwas auszurichten, vai dom, Mestru.“
Ich spitzte die Ohren. Das war wahrscheinlich wichtig.
„Derek, sagte er, im Augenblick der größten Not soll er sagen ….“ Verdammt, warum musste er so flüstern? Ich verstand kaum etwas, nur einen Namen… einen mir wohlbekannten Namen. Der Name, unter dem Derek eigentlich bekannt war.
„… von Aldaran….er…. Joric von…“
Das war alles. Ich wollte ihn bitten es noch einmal zu wiederholen, aber da kam jemand herein und es ging nicht. Mit einem mulmigen Gefühl im Bauch wandte ich mich ab und schlich zurück in die Taverne. Doch lange hielt es mich dort nicht. Ivan und ich ließen uns das Zimmer zeigen, um endlich unsere Sachen sicher aufbewahren zu können. Oben angekommen, hatte ich den Entschluss gefasst mich vor ihm zu offenbaren.
„Du hast dich gewundert, warum ich alle hier kenne.“
„Hm, joar“, meinte er.
Ich schluckte. „Das mag daran liegen, dass Comyn sich untereinander kennen und ich schon weit herumgekommen bin.“
„Comyn?“ Nun bekam er große Augen. Unsicherheit flackerte darin auf.
„Ich biete die eine Anstellung, Ivan. Einen sicheren Sold. Nicht nur für eine Saison.“
„Moment! Was soll das?“ Ivan wich weiter zurück.
„Ja… mein Name ist nicht Corryn. Sondern Corran. Corran di Asturien. Ich bin Lord von GreenScarp. Und ich kann Männer wie dich gut brauchen. Aber nur, wenn sie loyal sind. Was ist? Interesse?“
“Comyn, hm?“ Er musterte mich von oben bis unten.
„Aye. Der Heiler da unten ist mein Friedensmann. Das Mädchen mit dem Kind seine Frau und sein Ziehsohn. Die andere ist mein Weib.“
Seine Augen leuchteten. „Deshalb bist du raus gerannt.“
Ich nickte. „Genau deshalb.“ Die Wut kam zurück. Noch hatte ich den Blonden nicht mehr gesehen. „Also?“
Er dachte eine Weile nach, dann nahm er mein Angebot an. Gut, ein weiteres Schwert, das in der Not helfen konnte. Wir gingen nach draußen, um unseren Packt mit einem Bier zu besiegeln, als ich einen Tumult am Tor wahrnahm. Ohne zu Zögern lief ich los, rannte… stolperte… und fiel.
Dunkelheit um mich herum und Schmerzen. Ich spürte meine Nase kaum, mein Oberkörper war eine einzige schmerzende Masse. Ich rappelte mich auf, schwankte und spürte helfende Hände… nichts gebrochen, nichts verletzt. Nur ein paar schmerzende Glieder, nichts weiter.
Aber ich fühlte mich außer Gefecht gesetzt und bekam nur noch am Rande mit, dass Castamir sich sehr für Derek zu interessieren begann und ihn sogar unter einen Wahrheitszauber setzte, bei dem er aber nichts Wichtiges verriet. Irgendwas hatte er mit sich gemacht. Unser guter Lord Aldaran hatte sich sprichwörtlich außer Gefecht gesetzt. „Nicht schlagen! Vai dom, Mestru!“
Sein Geist schien vor sich hin zu dämmern. Er wurde vollends zu Derek und ließ den Aldaran hinter sich. Vielleicht hatte der alte Fuchs mit so etwas gerechnet und Vorsichtsmaßnamen getroffen. Ja, vielleicht war es das. Und wahrscheinlich hatte das, was er mir zuvor zugeflüstert hatte, etwas damit zu tun. Ich sagte Fionn, dass ich mich nicht mehr gut erinnerte und lieber ins Bett gehen sollte. Schließlich würde uns wahrscheinlich noch ein langer Tag bevorstehen. Der Schneesturm wurde schlimmer statt besser und alles zusammengenommen, hatten auch unsere Probleme zugenommen.
Merryl Castamir, der dem Hastur mit Sicherheit berichten würde, wen er hier angetroffen hatte. Yarid, der mich ebenfalls kannte und mit dem ich im Grunde noch eine Rechnung offen hatte. Die Verbannung sollte ihn schließlich eher vor mir retten, als mich vor weiteren Verrätereien.
Unser Vorhaben war uns entglitten. Auf seltsame Weise hatte es sich beschleunigt, aber es war gefährlicher, unkontrollierbarer geworden.
Zudem wimmelte es vor seltsamen Vorkommnissen und was das Schlimmste war… in der Nacht träumte ich schlecht.
Es war kein normaler Alptraum, nein. Es war eine der schlimmsten Ängste… hingerichtet, auf Hasturs Befehl. Weil ich zu viel liebte…
Ich schlief schlecht und sah mich umringt von dunklen Schattengestalten.
Der nächste Morgen begann mit einem pelzigen Geschmack auf der Zunge und einem Drücken hinter den Augen, von dem ich annahm, dass es den ganzen Tag nicht mehr weggehen würde. Ich fühlte mich miserabel und auch ein gutes Frühstück konnte diesen Zustand nicht unbedingt besser machen.
Der Alptraum hatte mir sehr zu schaffen gemacht, aber nun war es Tag und ich versuchte ihn abzuschütteln wie einen lästigen Käfer.
Aber eine Sache war mir klar… hier geschah etwas, das mir nicht gefiel und das zudem noch gefährlich war. Ich wollte weg, aber ein Blick hinaus auf das Wetter machte mir deutlich, dass daran nicht einmal zu denken war. Keiner konnte da draußen lange überleben. Keiner…
In Anbetracht der Lage wollte ich so nah wie möglich an Fionn und den Frauen bleiben, deshalb ließ ich ihn bezahlen, als die Maid mit etwas zu Trinken kam.
„Mein Auftraggeber zahlt!“
Ich streute mit sorgsam gewählten Worten das Gerücht, dass er mich und Ivan angeheuert hatte. Schutz konnte hier wahrlich jeder brauchen. Vor allem, wenn man ein Kind dabei hatte.
Doch kaum hatte ich die Hände um die heiße Tasse Jaco gelegt (oh, ein Getränk ganz nach meinem Geschmack und genau das richtige, um mich ein wenig zu besänftigen mit der allgegenwärtigen Misere), da durchdrang auch schon der mädchenhaft hohe Schrei des kleinen Castamir die Gaststube. Ich fluchte laut auf alle Castamirs dieser Welt und stand alsbald mit gezücktem Schwert auf beiden Beinen.
Nur um festzustellen, dass der Knabe schlecht träumte!
„Kleiner Bastard“, brummte ich und lauschte dem Gebrabbel, das er von sich gab. Sie brachten ihn zurück auf sein Zimmer und Aliciane, die neben mir stand raunte: „Eine Frau sollte sich um ihn kümmern. Jemand, der eine Mutter ist und zu trösten versteht.“
„Doch nicht du?!“ fragte ich sie entgeistert.
„Doch ich, Corran! Vergiss mal diese ganze Erzfeind hier und Erzfeind da Sache! Wir brauchen alle Hilfe hier!“
Ich sah sie ein wenig zerknirscht an. Sie hatte ja recht. Gewissermaßen.
„Gut… aber ich gehe außen rum.“
Das tat ich auch und vor dem Zimmer des kleinen Castamir trafen wir wieder zusammen. Sie klopfte und wurde eingelassen, aber nur, um dann wieder von Merryl herausgedrängt zu werden. Da standen wir uns nun gegenüber. Lord von GreenScarp und Friedensmann von Jerome Hastur mit castamirschem Blut. Wir hassten uns… wir verabscheuten die Familie des anderen. Es war eine lang gepflegte und gehegte Feindschaft.
„Ich brauche Eure Hilfe.“
Mir blieb vor Überraschung der Mund offen stehen. Da stand er und bat mich um Hilfe!
Hätte ich das fertig gebracht, wenn einer meiner Anverwandten danieder läge?
Ich verspürte Hochachtung und war verwirrt, weil das scheinbar nicht passte.
Er, der durchaus sah, wie sich auch der Hauch von Triumph in meine Augen schlich, fuhr ruhig und gelassen fort. Nur gemeinsam würden wir es schaffen. Nur als Gruppe konnten wir bestehen gegen was auch immer hier vor sich ging.
Ich verlangte von ihm zu wissen, wer die gutgekleideten Gecken waren mit denen er am gestrigen Abend Derek befragt hatte. Haldar, erwiderte er. Nedestri - Söhne, nichts wichtiges. Ich nickte und strich die beiden von der Liste der potentiellen Gefahren. Vielleicht ein wenig voreilig, aber ich musste auswählen.
Am Ende erklärte ich mich bereit, diese Allianz einzugehen. Für die Dauer des Aufenthaltes. Ich gab ihm jedoch nicht die Hand darauf. Aliciane schon… Frauen!
Lyondri war bald wieder auf den Beinen, blass zwar, aber gut beisammen und als wir alle wieder im Schankraum waren, setzte er sich mit seinem Bruder in die Nische und unterhielt sich mit ihm. Bald darauf trafen mich sengende Blicke. Aha, da wurde also scheinbar enthüllt, was es mit meiner Identität auf sich hatte.
Aus den sengenden Blicken wurden dann urplötzliche Blitze, die durch den Raum züngelten. Ich schrak zusammen wie ein junges Schaf und schützte meine Frau, aber niemand wurde getroffen. Aldones!
Die Blitze, das Wetter… schließlich setzten sich auch in meinem Kopf die Stücke zusammen und Fionn bestätigte mir letztendlich die Vermutung. Der kleine Castamir war ein Zuchtobjekt wie ich. Er tat mir leid… ich wusste nur zu gut, wie es sich anfühlte.
Also saß ich da und fühlte mich wie ein eingesperrter Catamount. Ich konnte nichts tun… nur da sitzen und Körner essen, Bier trinken und warten.
Dann war da dieser Puck… „Er hat einen Stein!“ Ivan. Wie von Sinnen zerrte er an Puck. „Gib mir den Stein!“
Ich sprang auf und zerrte an Ivan. „He, lass ihn! Beruhig dich, Mann!“
„Gib mir den Stein!“
Das Gerangel wurde wilder, ich zog und zerrte mit aller Kraft an Ivan und plötzlich… Stille. Während um mich herum das Chaos tobte, war in meinem Kopf Stille. Ich spürte Fionn nicht mehr!
Rasend ließ ich von Ivan ab. Sollten sich andere um ihn kümmern. Ich stürmte auf Fionn zu, nur sehend, wie Yarid sich um ihn kümmerte. „Nein!“ knurrte ich. „Lass ihn.“ Aber meine Worte blieben ungehört.
„Corran!“
Hin und her! Hier konnte ich nichts tun. Was war mit Fionn? Andere sahen auch sehr bleich aus.
Der Stein! Ivans ungewöhnliches Verhalten. Es hatte mit Puck zu tun!
„Gib mir diesen Stein!
Ich sprang auf, bereit alles an mich zu bringen, was uns helfen konnte. Ich konnte nichts mit seltsamen Dingen anfangen und im Zusammensetzen von Puzzeln war ich auch nicht zu gebrauchen, aber ich konnte sehr wohl mit roher Gewalt handeln. Und ich wollte diesen Stein! Puck war nun in der Küche und ich trat auf ihn zu, doch Oberon befahl mir, mich zurückzuziehen. Ich ignorierte ihn und plötzlich durchzuckte ein Schmerz meinen Schädel. Ich ging zu Boden und Schwarz wurde es vor meinen Augen….
Ich kam zu mir, den Kopf in Fionns Schoß. Merryl lag halb auf mir und Lyondris Augen verrieten, dass er es bereute mir nicht die Kehle aufgeschnitten zu haben, während ich hilflos schlief.
Mühsam rappelte ich mich auf. „Es geht mir gut.“ Es war nicht schlimmer als der Sturz am gestrigen Abend, nur tat mir jetzt nicht nur der Körper weh, sondern auch mein Schädel. Oberon hatte mit einem Hammer zugeschlagen und im Grunde hätte mich das umbringen können.
Aber der Stein war nun unser und ich betrachtete ihn. Blau war er, unvollkommen. Er war zerbrochen und ich wusste, wo ein Teil war, da musste es auch noch mehr geben. Irgendwie war mir klar, dass dieser Stein des Rätsels Lösung war. Kalt kroch mir die Angst den Rücken hinauf. Ich hasste Zauberei. Ich fand mich damit ab, weil es auch nützliches damit zu tun gab, Fionn lehrte es mich ab und an, aber all der Wahn und das Böse, das daraus entstand… man konnte sich nicht wehren, nicht dagegen kämpfen. Zumindest nicht so, wie ich es bevorzugte.
Ich konnte kaum mit einem gezückten Schwert vor dem Stein stehen und ihn anbrüllen. Er würde dadurch weder heil werden, noch sich vor meinen Augen auflösen.
Dazu brauchte es andere Waffen und die zu führen, war nicht meins.
Fionns war es. Normalerweile. Nun aber er stürmte panisch an mir vorbei… wie von einem der Blitze getroffen. Er wollte fort. Er redete auf die Frauen ein, ließ sich nicht beruhigen… ich folgte ihm auf das Zimmer, zerrte an ihm, wie zuvor an Ivan. Aber er war von Angst erfüllt.
Ich hielt ihn und er brach an meiner Brust zusammen. Schluchzend… ich barg ihn und tat etwas, das ich schon viel früher hätte tun sollen. Ich streckte meine Barrieren und gab ihm Ruhe und Stille. Er beruhigte sich sofort.
„Alles in Ordnung?“
“Was…?“
Ich lächelte. „Barrieren wie Felsgestein haben hin und wieder etwas für sich.“
Er nickte dankbar und ich war froh, doch noch etwas beigetragen zu haben. Wenn ich schon nur herumstand und zugucken konnte.
Also, was hatten wir? Einen Stein und jede Menge Fragen… Angst. Ja, davon hatten wir alle genug. Eine Allianz mit Castamir… hervorragend.
Und wir hatten einen Lord Aldaran, der nicht so recht wusste, wer er eigentlich war.
Rakhaila war es, die schließlich auf mich zu trat. „Du kannst ihn wieder zu dem machen, der er war“, sagte sie und sah zu mir auf.
„Ich weiß es nicht“, gab ich zu. „Was, wenn ich mich irre?“
„Wir müssen es versuchen.“
Also gingen wir und suchten Derek. Wir fanden ihn im tiefsten Schnee stehend, vor dem Kupferkessel.
Ich ging auf ihn zu. „Derek?“
„Ja, vai dom! Nicht schlagen!“
Grinsend wandte ich mich zu Rakhaila. „Darf ich das nicht noch ein wenig auskosten?“
Ein böser Blick traf mich.
„Schon gut, schon gut!“
Also trat ich näher und sagte fest: „Joric von Aldaran, du BIST Joric von Aldaran.“
Vorbei war es mit Derek. Vorbei mit dem stinkenden Bettler, dem keiner ein Bett anbieten wollte. Er kippte zur Seite in den Schnee und blieb liegen. Rakhaila stürzte vor, ich beugte mich ebenfalls nieder und schon schlug er die Augen auf.
„Joric?“
Es dauerte ein paar Herzschläge, dann antwortete er. „Ja.“
„Wir bringen dich hinein. Du solltest dir ein paar bessere Sachen anziehen.“
Er ließ es geschehen und während er sich umzog, ging ich zurück in die Taverne. Wieder konnte ich nur da sitzen und warten… unseeliges Warten.
Bis ein Gerücht an mein Ohr drang. Woher es kam weiß ich nicht mehr zu sagen, aber jemand sagte, dass all das mit mir zu tun habe. Mein Laran… es ging um Angst. Angst, die tötete. Ich erinnerte mich an meinen Albtraum, denn mittlerweile war klar, dass ich nicht der einzige war, der einen gehabt hatte. Und in allen Träumen hatte es die gleichen Wesen gegeben.
Lyondri, der in seinem Traum immer wieder die „Macht Asturiens“ erwähnt hatte.
Herr des Lichts! Ich war es!!
Ich sprang auf und rannte hinauf. Es gab etwas zu tun. Ich musste nicht nur da sitzen und abwarten. Ich dürfte nicht abwarten! Ich musste weg. Nur weg… Weit weg. Und wenn das Laran herausbrach, dann dürfte es niemanden treffen. Wenn, dann nur mich selbst. Ich raffte und packte alles zusammen, was ich finden konnte. Ich griff nach meiner Decke, nach dem sahnigen Firi, der mich wärmen würde in der Kälte…
Plötzlich stand Fionn vor mir, das Gesicht von Entsetzen gezeichnet. „Was tust du?“
„Ich muss weg. Weg! Ihr werdet alle sterben, wenn ich hier bleibe!“
„Was redest du da? Das ist Blödsinn!“
Ich hörte nicht auf ihn, sondern packte weiter, kämpfte mit den Schnallen.
„Corran, du wirst sterben, wenn du da rausgehst!“
Da standen auch Rakhaila und Aliciane im Zimmer. Ich schüttelte den Kopf. „Wenn ich bleibe, sterbt ihr! Das Kind! Willst du, dass das Kind stirbt? Da gehe ich lieber hinaus und sterbe im Schnee!“
„Ich kann dich schützen!“ Plötzlich schien es Fionn egal… er kam ganz nah und zwang mich ihn anzusehen. „Du kannst nicht gehen. Du musst uns schützen!“
Ich schluckte schwer. „Ich kann dein Laran lenken. Ich kann es… Außerdem sind wir schon so nahe dran! Ich glaube, ich weiß was das alles bedeutet!“
Ich holte tief Luft. „Bis zum Abend bleibe ich. Aber wenn die Nacht hereinbricht und wir immer noch dumm hier stehen, dann gehe ich.“
Ich ließ mich davon nicht abbringen. Stur wie ein Oudrakhi, wenn ich es wollte. Alle hier wussten es. Ich würde mich an das Wort halten…
Fionns Augen waren feucht, so verzweifelt war er. Meine waren nicht minder von Tränen überschwemmt. Angst, Hilflosigkeit… ich wusste um meine Macht.
Aldones! Ich hatte lange genug damit gelegt und bereits gesehen und gefühlt, was sie anrichten konnte.
„Wenn es passiert, dann bringe ich mich um. Ich will, dass ihr das wisst.“
Castamir nahte… Ich wandte mich ab, wischte mir über die Augen und beruhigte mich.
Aber Merryl war es nicht, der mich scherte. Natürlich wollten sie wissen, was los war. Ich kam nicht umhin es anzudeuten und es war Lyondri, dessen Augen sich umwölkten.
Ich fixierte ihn und ließ ihn nicht aus den Augen. „Aye, mein junger Castamir… sieh mich an. Merkst du es? Es gibt keinen großen Unterschied zwischen uns beiden. Du bist wie ich.“
Ich konnte sehen, wie er rebellierte. „Ich bin nicht wie IHR!“ schrie er laut.
Ich blieb ruhig und nickte nur. „Oh doch. Gezeugt, um als Waffe zu enden. In einem Krieg, bei dem keiner mehr weiß, warum er überhaupt geführt wird.“
„Ich bin nicht wie Ihr! Aber Ihr seid der Grund, warum ich das alles erleiden muss!“
„Aye…“ Das mochte stimmen. Er tat mir leid. Weil ich genau wusste, wie er fühlte. „Aber du kannst etwas ändern, junger Castamir.“
(An dieser Stelle möchte ich einfügen, dass ich mich kurzzeitig dazu verleitet fühlte das Wort „Padavan“ einfließen zu lassen. Aber das ginge dann doch zu weit…)
„Du musst nicht dem gleichen Weg folgen, den ich ging. Du musst nicht das erfüllen, weswegen du gezeugt wurdest. Ich hatte keine Wahl. Zumindest dachte ich das und ich tat, was man mir befahl. Aber du…“
Er funkelte mich an, aber ich merkte, dass das Saatkorn gepflanzt war. Aber ich fühlte keinen Triumph, weil Castamirs Waffe es sich vielleicht anders überlegte. Nein, in diesem Moment ging es mir nur um den jungen Mann, der auf die gleiche Weise litt, wie ich einst. Oder vielmehr, immer noch tat… Seht mich doch an! Die Sachen packend und fliehend… weil ich mir selbst nicht entkommen konnte.
Wenn ich Lyondri vor einem solchen Schicksal bewahren konnte, sollte es mir egal sein, welcher Familie er entstammte.
Merryl, der spürte, dass seinem Bruder alles zu viel schien, schritt ein. „Der Grund, warum wir kamen ist der… sie haben unten etwas gefunden. Einen Zettel….“
Die Schrift kannte keiner von uns. Dennoch konnte sie entziffert werden und der „Zettel“ barg die Legende um den Stein, welchen wir gefunden hatten. Er würde das Dunkel bannen können. Denn einst zerbrach, was zusammen gehörte und aus Licht wurde Dunkelheit, aus Hoffnung Angst… immer kälter wurde die Furcht und sie krampfte sich wie eine Faust um meinen Magen. Herr des Lichts, steh uns bei. Der Abend brach bereits herein. Es wurde immer dunkler da draußen.
Meine Satteltaschen lagen gepackt vor der Tür. Ich könnte jeden Moment aufbrechen. Auch wenn es mir leid tat, um meinen edlen Hengst… er würde früher oder später genauso verenden wie ich auch. Aber das war nur ein kleiner Preis, um das Leben der Menschen hier zu retten.
Ich war noch in diese selbstzerstörerischen Gedanken versunken, als Fionn auf mich zukam. „Du hast den Zettel gelesen… es geht nicht um dich. Du bist es nicht.“
Ich wollte das so gern glauben. Die Götter mögen es bezeugen, ich versuchte es! Aber es gelang mir nicht wirklich.
Fionn ging kopfschüttelnd und kümmerte sich um den Stein, genauso wie die Teile, die mittlerweile gefunden worden waren. Ich hatte so wenig dazu beigetragen. Gar nichts, um Grunde.
Wenn man Dinge dadurch finden könnte, indem man sich in die Mitte eines Raumes stellt, das Schwert reckt und laut brüllt, ich hätte die größten Schätze der Welt um mich geschart. Aber so ging es nicht und so war ich zum Nichtstun verdammt.
Nichtstun, bis Lyondri kam.
„Wie habt Ihr gelernt es zu beherrschen?“ fragte er. Wir wussten beide, wovon er sprach.
„Ich habe Barrieren um mich gelegt, die stärker sind als die Mauern Aldarans.“
Er sah mich verblüfft an. „Das geht?“
„Natürlich.“
„Wie habt ihr das gelernt?“
“Ich habe viele Jahre lang nichts anderes getan. Ich habe das Laran nicht ausgebildet, wie du. Nichts von dem, was ich besitze. Man sagt, ich sei mächtig und könnte viel erreichen, aber ich tue es nicht… Mauern sind besser.“
„Man ist einsam, nicht wahr?“
“Sehr“, nickte ich.
„Kann ich es lernen?“
Ich hob das Kinn und sah ihn an. „Aye.“
„Wie?“
Ich zögerte. „Alles was ich dir anbieten kann, ist zu mir zu kommen. Dann lehre ich es dich.“
Er lachte und stand auf, um zu gehen. Wir beide wussten, dass das niemals geschehen würde.
Sie bauten ein Gitter… soviel verstand ich. Ich sah zu, schnitt Draht… das war alles was ich tun konnte.
Fionn setzte den Stein zusammen, aber es fehlten so viele Teile.
„Warum sollten sie gerade hier sein?“
„Sie müssen hier sein! Nur wo?!“
Die Gespräche drehten sich kaum um etwas anderes. Ich saß an einem Tisch mit Yarid Ruyven und aller Zwist war vergessen. Ich traute ihm vielleicht nicht, aber er wusste zumindest was er tat und er kämpfte um sein eigenes Leben. Wie wir alle. Gemeinsam würden wir es schaffen, soviel war klar.
An einem solchen Ort blieb kein Platz für Hass oder kleinliche Streitigkeiten. Hier war alles vergessen, man kämpfte zusammen. Jeder mit dem, was er beitragen konnte. Bei mir war es herzlich wenig und das war frustrierend.
„Asturien hat die Steine.“
Woher kam das? Ich stand auf, reckte das Kinn. „Der das behauptet, möge sich vor mich stellen und es wiederholen!“
Blödsinn! Ich hatte mit Sicherheit keine Teile! Und auch sonst niemand aus meiner Familie!
Vielleicht Joric? Oder… Derek? Er durchsuchte die Habseligkeiten, die er als Derek getragen hatte, aber da waren keine Steine.
„Wenn sie bei uns sind, dann werde ich sie finden“, meinte ich fest. Ich leerte die Satteltaschen, die immer noch vor der Taverne standen.
Nichts.
Ich ging auf mein Zimmer.
Nichts.
Dann… ein Blick unter mein Kopfkissen.
Da lagen sie.
Herr des Lichts!
Ein kleines Säckchen, es passte gerade in meine Hand. Meine Stirn umwölkte sich. „Ganz hervorragend. Jetzt werden sie mich erst recht für eine Bedrohung halten. Für einen Verräter!“
Fionn sprach mir Mut zu, packte die Steine und verschwand nach unten. Es war nicht mehr viel Zeit.
Ich trottete hinterher, setzte mich schmollend in eine Ecke, doch keiner erhob irgendwelche Vorwürfe gegen mich. Wahrscheinlich waren sie nur froh, dass sie endlich aufgetaucht waren.
„Wir haben es!“
Triumph schwang in der Stimme mit. Aber auch zittrige Furcht. Natürlich… wir fürchteten uns alle.
„Und nun?“ Neugierig stand ich auf, doch respektvoll hielt ich Abstand von Gitter und Stein. Alles war erfüllt von Energie. Nackenhaare stellten sich auf, meine Handflächen wurden feucht.
Es musste ein Kreis gebildet werden. Etwas, das sonst nur im Turm geschah und genau um einen solchen hatte ich bisher einen sehr großen Bogen gemacht. Alles was nun folgte, kannte ich nicht. Hatte ich nie gesehn! Nur Erzählungen, Fionns kurze Berichte… daran erinnerte ich mich, aber alles andere war für mich unbekannt.
„Kannst du den Kreis leiten? Als Bewahrer?“
Ich starrte Fionn entgeistert an. Wie konnte er so etwas fragen? Er musste wahrlich verzweifelt sein!
„Nein!“
„Du hättest die Macht dafür.“
„Ich kann es nicht! Was ist mit dir? Wenn ich dir meine Kraft gebe?“
Allein dieses Angebot zu unterbreiten kostete mich all meine Willenskraft.
Er dachte kurz nach, dann nickte er. Also war es beschlossen.
Wir gingen hinaus… langsam. Als würde man uns zur Schlachtbank führen. Wer konnte es schon wissen, vielleicht war es genau das? Wer von uns würde diese Nacht überleben? Vielleicht keiner?
Sie saßen tatsächlich im Kreis. Um das Gitter herum. Sie sammelten Kraft. Plötzlich fühlte ich Pucks Geist an meinen Barrieren kratzen… er war nicht im Kreis. Er war draußen… warum auch immer… ich verstand es nicht. Mein Geist war nicht offen. Ich hielt die Barrieren geschlossen. Es war Nacht… was, wenn es jetzt geschah? Wenn ich die Macht nicht halten konnte? Wenn das Laran…? Ich versuchte den Gedanken zu unterdrücken und schenkte Fionn Kraft. All meine Kraft, bis ich mich kaum mehr auf den Beinen halten konnte.
Was geschah, weiß ich nicht mehr zu berichten. Es wurde dunkel… so fürchterlich dunkel… Nur der Stein leuchtete und er war heil. Die Monde erstahlten am Himmel. Alle vier und das Licht, das sich über die schneebedeckte Landschaft ergoss war so rein, wie ein Bergsee.
Wann waren die Wolken verschwunden? Ich wusste es nicht.
Ich starrte auf Fionns Rücken, dann sah ich wie er entglitt. Ich spürte es. Er war ganz weit fort.
Ich spürte plötzlich etwas anderes. Etwas grausames… fürchterliches.
Dann sah ich sie…
Sie waren so schön, dass es einem bei ihrem Anblick das Herz zerriss. Sie waren schmal, ihre Gestalt schien unendlich zerbrechlich. Ihre Bewegungen waren so fließend, dass ich Mühe hatte ihnen zu folgen. Sie schienen zu tanzen… Ich hätte sie bewundert und bestaunt, doch da war etwas, das mich daran hinderte.
Die Furcht.
Götter! Ich hatte noch niemals in meinem Leben eine solche Angst verspürt!
Es ging weit über die Angst vor dem Tod hinaus. Was sie verströmten, war mehr… das Ende der Existenz von Körper und Geist, der Tod der Seele. Ewige Schatten, Pein, Schmerz, Verzweiflung, Hoffnungslosigkeit und nicht enden wollende Qualen.
Sie waren all das und noch viel mehr.
Ich spürte all diese Gefühle und ich konnte mich nicht rühren. Festgewachsen an der Stelle, wo ich stand. Vielleicht sahen sie mich nicht? Vielleicht gingen sie an mir vorüber?
Sie gingen vorüber… weil sie das töten wollten, was ich liebte.
Meine Frau… Aliciane. Fionn, Rakhaila… Joric.
Aye, in diesem Moment verspürte ich sogar Zuneigung zu Merryl, Lyondri und Yarid, die ebenfalls im Kreis saßen!
(Wenn mich wer fragt, ich werde es LEUGNEN!)
„Geht weg!“ Ich schrie, aber ich spürte es nicht in meiner Kehle.
„Was willst du Mensch?“
Ihre Stimmen waren wie Wachs…. Weich und fließend, alles umgebend. Butterweich…
Meine Knie zitterten, ich hob die Fäuste.
Sie lachten.
Es musste lächerlich wirken.
Der Kreis lag danieder. Sie rührten sich nicht. Täuschte ich mich, oder hatten sie eben noch gezuckt vor Schmerz? Warum hatte ich es nicht wahrgenommen? Litten sie? Waren sie tot? Sie rührten sich nicht!
„Du hast doch Angst, Mensch!“ höhnten sie. „Wir können deine Angst fühlen.“
„NEIN!“
„DOCH!“
„NEIN!“
„DOCH!“
Ich holte tief Luft. Plötzlich durchströmte mich Ruhe. „Nein…“ Es kam ganz leise, sehr bestimmt.
Das eine Wesen zögerte und wankte leicht. Damit hatten sie nicht gerechnet.
„Ah…“ machte ich und lächelte leise. Immer noch war ich erfüllt von Angst, aber ich ahnte, dass ich sie unterdrücken musste. Auch wenn es schwer fiel, denn ich blickte in das Antlitz der Angst. Fleischgeworden! Oder nicht? Ich wusste es nicht… waren sie real? Waren sie Ausgeburten meiner Phantasie? Waren sie… mein Laran? War es das? Waren sie die Angst die in mir schlummerte und die ich nun unvorsichtigerweise hatte entkommen lassen?
Laran… wenn es Laran war, dann konnte ein Dämpfer das Laran bezwingen.
Aldones! Sie näherten sich ihm bereits. Einer stand im Kreis. Ich konnte ihn sehen!
Ich stürzte vor, griff nach ihm. Meine Finger, klobig und an Schwerter gewöhnt konnten das Ding nicht bedienen. Ich fummelte daran herum… wertvolle Zeit.
Sie griffen an…
Ich schaffte es und sie zuckten zurück. Aber noch waren sie da.
Also war ich es nicht? Wenn ich es nicht war, wer dann?
Ich zog mein Schwert…
Eines der Wesen näherte sich Joric. Ich stürzte vor, schubbste es weg. Es fühlte sich real an. Ich konnte es berühren, anfassen… Ich fühlte Stoff unter meinen Fingerspitzen. Aber war ein Schwert überhaupt nütze hier? Ich wagte nicht ihre Haut zu ritzen. Strahlend schöne Haut… Aber sie waren dunkel, böse…
„Geh Mensch!“
„Verschwindet!“ brüllte ich. „Lasst uns in Frieden! Ihr habt hier nichts zu suchen!“
Wieder ein Angriff. Ich beeilte mich sie zurückzutreiben. Rundherum… ich rannte, wie ein Schutzschild um die Daniederliegenden. Meine Familie… mein Leben. Ich würde eher sterben, als dass ihnen ein Leid geschehen sollte!
Der Dämpfer blockierte alles Denken… Ich sah die Tänzerinnen, die herangetreten waren, um zu helfen. Scheinbar lebten sie noch…
Fionn, Aliciane… Rakhi, Joric, Merryl, Lyondri, Yarid… und da war noch etwas gewesen… eine Frau, schön wie Licht… ich spürte sie, sie war da… aber weit weg. Sie gab mir Kraft. Ihre Stimme war wie Musik. Wie eine Melodie, gespielt auf einer…. Harfe.
Eines der Wesen griff die Tänzerin an. Ich lief wieder nach vorn, hinderte das Wesen an Schlimmerem.
Aber was sollte ich tun? Ich konnte nicht ewig hier herumstehen und wachen. Ich fühlte, dass meine Kraft schwand… Ich hatte das meiste an Fionn gegeben. Und ich konnte nicht mehr lange durchhalten. Jeder Schritt wurde zur Überwindung, jeder Schwung mit dem Schwert zur Willensanstrengung. Ich wollte nur noch sitzen, liegen… schlafen…
Ich rannte… ich rannte im Kreis, begegnete den Gesichtern, die so schön waren, dass ich nicht glauben mochte, dass nur Böses dahinter lauerte.
Eine letzte Anstrengung: „Verschwindet! Lasst uns in Frieden! Kehrt nie wieder zurück!“
Ich holte aus, traf nicht. Ich zog das Schwert im letzten Moment zurück. Was, wenn ich sie traf? Würden sie uns alle mit in den Tod reißen? Ich verstand überhaupt nicht, was ich hier vor mir hatte…
Und noch während ich versuchte es zu verstehen… verschwanden sie.
Sie lösten sich auf und nahmen die Angst mit sich.
Stille…
Nichts als gnadenvolle Stille. Vielleicht war das bereits das Reich der Toten?
Nein… denn kaum waren sie fort, als die reglosen Körper sich rührten.
„Sie leben!“ hörte ich plötzlich die Helfer rufen.
„Fionn?!“
Er öffnete die Augen.
„Aliciane!“ Sie lebte. Wie auch alle anderen…
Ich brach zusammen, zu müde, zu ausgelaugt, um noch einen Schritt zu bewältigen.
Ich hatte gesiegt und doch versagt. Sie waren fort… aber sie waren nicht vernichtet. Was, wenn ich zugeschlagen hätte? Hätte ich sie bluten sehen? Wären sie gestorben?
Niemals werde ich diesen Zweifel verlieren. Ich werde immer daran denken, immer hadern. Gewonnen und doch verloren. Sie würden wiederkommen, dessen war ich mir sicher.
Denn solange noch Liebe und Licht in der Welt war, würden sie Hass und Angst verbreiten, sich davon laben und niemals sterben. Sie würden weiter quälen…
Aber nicht heute. Vielleicht Morgen… oder Übermorgen… oder im nächsten Jahr.
Comyn,oder nicht Comyn? Das war hier die Frage
Ich lebe noch und auch meine Familie ist dem Infernal noch einmal entkommen, doch man muß sagen, daß es knapp war. Noch jetzt laufen mit kalte Schauder über den Rücken und ich spüre die Last der Schuld.
Nur Verzweifelte und Verrückte reisen im Winter. Wie wahr.
Doch war die Verzweiflung meiner Frau Rakhaila von Aldaran wirklich groß genug, hatte ich es mir nicht zu leicht gemacht, in dem ich ihrer Sehnsucht nachgab und einen Plan entwickelte, wie wir ihrem Vater begegnen konnten ohne den Versprechungen Hasturs erneut in die Quere zu kommen?
Ich bin ihm nicht loyal und selbst mein Vetter Corran ist es nur bedingt.
Wie sollte ich auch. Meine Frau ist Aldaran, das Kind in meiner Obhut wird der Erbe ihrer Domäne sein. Was habe ich mehr mit Hastur zu schaffen, als ihm niemals mehr in die Quere zu kommen bis das Kind alt genug ist, seinen Platz einzunehmen?
Ihr Schutz ist meine Pflicht und auch die Belange der Berglordschaft gilt es im Auge zu halten… Kaum das ich mich di Asturien nennen darf ist es Aldaran, das nach mir greift und mich in die Pflicht nimmt.
Doch damit eben dies in den fernen Tagen der Zukunft eintreten kann, mußte der Lord Aldaran, Joric, mein Schwiegervater, das Kind sehen. Er mußte, vor Zeugen, bestätigen, daß dieses Kind, dem die Mutter den Namen Laertes gab, sein gewünschter Erbe ist. Geboren von seiner einzigen Tochter…
Zudem spürte ich täglich, seit Rakhaila mit uns nach GreenScarp gekommen war, daß sie ihren Vater vermißte. Sie sehnte sich nach seinem Gesicht, nach Vergebung und würde sich, solange sie diese nicht bekam vielleicht niemals heimisch fühlen in ihrem neuen Zuhause, an meiner Seite.
Wir waren verzweifelt genug, so befand ich, um das Risiko eine Reise einzugehen. Nicht nach Aldaran, denn es war zu vermuten, daß Hastur uns immer im Auge behielt, seine Schergen uns aufstöbern würden und wir nicht mit heiler Haut davon kommen würde.
Rakhaila war die Reise nach Hause verboten.
Also harten wir der Tage bis kurz vor Mittwinter und schickten uns dann an nach Thendara zu reisen. Dort, direkt unter der Nase derer von Hastur würde man uns wohl am wenigsten vermuten. Es war waghalsig, aber der einzige Weg der mir einfiel.
Aldaran war informiert und würde sich ebenso auf den Weg machen. Corran und Aliciane versprachen uns ebenso Beistand und gaben das Wort als Zeugen zur Verfügung zu stehen.
Um wirklich sicher zu gehen, daß uns niemand erkannt reisten wir im Gewand des einfachen Volkes, gaben uns andere Namen und würden wohl, im allgemeinen Trubel der großen Stadt nicht weiter auffallen…
Soweit so gut, doch wer im Winter reist muß mit schlechtem Wetter rechten und alsbald fanden wir uns in einem dichten Schneesturm wieder. Laertes würde eine Nacht im freien nicht überleben und der dichte Schneefall machte ein schnelleres Vorankommen gänzlich unmöglich.
Wir suchten Quartier, unwissend ob Corran und Joric nicht schon in Thendara auf uns warteten, oder ob sie wegen des Wetters nicht ebenso an anderen Orten gefangen waren.
Kalter Wind wehte uns ins Gesicht und die Möglichkeit entdeckt zu werden bestand zu jeder Zeit. Ob ich allein in der Lage war, die beiden Frauen und das Kind zu beschützen war zweifelhaft.
Doch als wir in der Ferne Rauch am Himmel sahen und kurz darauf die Häuser eines Gasthofes sahen war es der Ort den wir wählten um vor dem Schneefall unter ein sicheres Dach zu fliehen. Bislang war alles gut gegangen und wir konnten darauf hoffen, daß es auch hier der Fall sein würde. Eine Wahl hatten wir eh nicht mehr, denn weit und breit war kein anderer Unterschlupf zu finden.
In den Ebenen sieht man weit, aber leider fehlen hier die dichten geschützten Wälder, die Hügel und Felsen, die zumindest für eine Weile ein wenig Schutz war Wind und Eis bieten würden.
So blieb nur dieses Haus und wie Wink der Götter lag es vor uns…
An der Tür empfing uns ein Mann namens Puck, und wenn auch viele andere Reisende, wie wir in die Taverne strömten, schien es, als habe man sich bereits darauf eingestellt und so konnten wir rasch ins Warme treten und nichts war mir in diesem Moment wichtiger.
Kaum eingetreten nahmen wir an einem Tisch platz, bekamen etwas Warmes zu trinken und sogar ein Zimmer.
Soweit schien alles in Ordnung und ich atmete ein wenig durch, als zudem noch eine vertraute Stimme an mein Ohr drang. Wir waren nicht die einzigen, die aus dem gleichen Ansinnen heraus aufgebrochen waren und eben in Titanias Kupferkessel Zuflucht gefunden hatten.
Ein Schwert mehr würde uns beschützen und zudem eines, dem ich wie keinem anderen vertraute.
Doch mehr als einen Blick aus unserem Platz in einem Winkel durch den Raum wagte ich nicht und es war gut, daß ich mich zurückhielt, denn der Barde der dort sang war mir vertraut… und um ehrlich zu sein freute ich mich sogar ihn zu sehen, selbst wenn es Gefahr barg. Er hatte sich schuldig gemacht, vor etwa einem Jahr an unserem Markttag, aber er war kein schlechter Mensch. Eher war er wie ich… auch wenn ich niemals die Harfe schlug, nicht dem süßen Klang einer fernen Stimme lauschte und in ihr Verzückung fand, so weiß wohl doch nur ein Bastard, wie ein Bastard fühlt.
Ein legitimer Comyn, aber von viel üblerer Art, fand sich einen Tisch weiter und mein Kopf sank tief und ich hielt mir den Becher vor die Nase. Der kurze Moment, das Gefühl der Sicherheit schwand. Was zur Hölle suchte dieser Friedensmann Hasturs an diesem Ort?
Ich wußte es nicht, aber Tante Alice wurde immer blasser um die Nase, Rafaella zog das Kind enger an sich und ich war mir gewiß, früher oder später würde es Ärger geben. Es gab immer Ärger für einen Asturien, wenn er irgendwo einen Castamir erblickte…
Wahrscheinlich mokierte sich dieser Typ schon jetzt über unserer Aufmachung und zumindest würde es für die Tratschtanten in Thendara noch mehr geben als einen boshaften Bericht direkt an die Ohren des Hasturs…
Unser Plan bekam jetzt schon eine fatale Richtung.
Plötzlich drangen Lärm und Rufe in den Schankraum und jemand rief nach Schwertern und faselte von Vogelmännern. Instinktiv war ich schon halb von meinem Stuhl herunter, doch an meinem Gürtel war kein Schwert, nur der kleine Dolch, der den Mann zu einem solchen machte. Mehr stand einem Heiler nicht zu… und es gab keinen Grund warum er dem finsteren Söldner nachlaufen und sein Leben riskieren sollte. Wie ungewohnt!
Das Ende von diesem kurzen Lied war, daß ich nur noch hinausgehen konnte um einen Toten tot zu finden…
Man sinnierte darüber in ihm nächsten Feld zu entsorgen, ich regte an, ihn vielleicht doch besser zu begraben und hastete zurück. Zuviel Gefahr lauerte in der sicheren Unterkunft um das Kind und die Frauen lange allein zu lassen.
Drinnen aber war alles ruhig und alsbald eroberten die beiden Männer, die die Warnungen gerufen hatten und bei der festen Überzeugung blieben Ya-Männer gesehen zu haben das andere Ende unseres Tisches.
Zwei dubiose Kerle, denen scheint’s alles verloren gegangen war, die aber dennoch bald zechten als wären sie Herren von Stand.
Oberon, der Wirt wies uns ein Zimmer an und Rafaella kümmerte sich um das Kind…
So kam es, daß der kleine nicht so Stank wie sein Ahnherr, als wir ihn durch ein Fenster erspähten.
Zuvor hätte ich jeden ausgelacht, der behauptet hätte der Herr Aldarans könne sich derart in Unterwurf und Debilität ergehen wie er es tat. Derek nannte er sich und beschäftigte sich wohl schon eine Weile mit einem weiteren Gast in der Taverne. Ich zuckte schon arg, als er mich mit Vai Dom begrüßte, ebenso wie das Kind… bis ich erkannte das für Derek wirklich jeder, selbst die Läuse in seinem Gewand, Vai Dom waren.
Auch der große Söldner trat nach draußen und im Grunde war damit das Familientreffen komplett, wäre da nicht der störende Fremde gewesen, dem Oberon wohl einen Auftrag gegeben hatte eine Grube zu bauen… mitten in der Nacht und im tiefsten Schnee…
Der ließ sich nicht verscheuchen und hinderte Derek den Wirren auch daran mit uns ins Haus zu kommen.
Ich sann über eine Bestechung nach, denn wenn dieser Rafait so knapp bei Kasse war, konnte ich da leicht aushelfen. Aber leider mußte sich feststellen, daß er nur darauf sann sich in aller Leute Dienste zu begeben und sie alle auszuplündern. An Geld mangelte es ihm nicht und ein paar Sekal würden da nicht weiterhelfen.
„Tod, alle tot… muß nach Thendara. Ich Derek, bitte nicht schlagen…“
Es war ein recht nervenzerrendes wenn auch gut gespieltes verrenken, bis der alte Mann irgendwann doch hereinkam, sich in das Zimmer schlich in dem seine Tochter und seine Schwester warteten… und es war ein rührender, stiller Moment.
Welch sonderbarer Zufall, der uns alle hier zusammengetrieben hatte, obwohl das eigentliche Ziel gar nicht erreicht war.
Nach Thendara brauchten wir nun nicht mehr, aber es war fraglich, ob all dies Merryl Castamirs Augen entgehen würde, selbst wenn der Junge in seinem Geleit, wohl ein Verwandter, sich alle Mühe gab ihn abzulenken.
Das Treffen blieb kurz und wir trennten uns alsbald wieder um nicht zu auffällig zu sein.
Derek ging hinaus, auch Corran warf sich seine Maske wieder über das Gesicht und ich trat mit den Frauen zurück in den Schankraum. Recht ruhig war es dort und von Castamir keine Spur. Wir zogen es vor an einen anderen Tisch zu ziehen und die Damen wollten Shallan. Ich bestellte ihn, lauschte nebenbei noch den Grübeleien über Ya-Männer und den unbekannten Toten und machte mir Gedanken, wie es Lord Aldaran wohl gehen würde…
Derek war ein harmloser Geselle, aber eben drum zog er viel Aufmerksamkeit auf sich…
Ich entschloß mich kurz nach ihm zu sehen….
Ein fataler Fehler.
Ich hockte bei ihm, als Corran hinter mich trat und ich spürte die Furcht in seiner Kehle, den unterschwelligen Zorn…
„Meine Frau ist fort, mit diesem… diesem…“
Ich sah ihn hinausrennen, sah ihm nach, zögerte und vergewisserte mich, daß niemand mich sah, als ich ihm kurz darauf hinterher lief.
Grade noch rechtzeitig wie mir scheint, denn er hatte Rafait in der Mangel, beschuldigte ihn sich an seiner Frau zu vergreifen und ich hörte Aliciane etwas von Liebe schluchzen…
Das konnte nicht sein. Da war etwas ganz und gar nicht in Ordnung…
Corran brachte niemanden um, aber es dauerte Aliciane zu sich zu bringen, und daß, wo sie doch sonst so eine vernünftige Person war.
Es stellte sich heraus, daß sie wohl irgendeine Art von Liebestrank zu sich genommen hatte…
Dies war ein verfluchter Ort. Langsam dämmerte es mir…
Wir schafften sie auf ihr Zimmer und sie beruhigte sich zusehends, gestärkt durch die Brust ihres Mannes, der seinen Zorn bezwang. Aliciane konnte nichts dafür, doch kaum waren wir wieder im Inneren der Taverne offenbarte mir Rafaella ebenfalls etwas getrunken zu haben und sich seitdem seltsam zu fühlen.
Wer trieb hier Schindluder mit unseren Frauen?
Ich braute meiner Gemahlin ein Brechmittel zusammen und wies einen jeden von uns an, nichts mehr von diesem Ort zu konsumieren. Wasser höchstenfalls, das war nicht so leicht zu vergiften…
Ich überdachte alle Personen, die hier mit uns waren, aber die meisten schienen mir harmlos. Blieben Castamir und die Wirtsleute selbst, die ihren Huren vielleicht auf diese Art Kundschaft vermitteln wollten. Vielleicht war alles nur Zufall… oder es war der erste Versuch gewesen uns in die Quere zu kommen.
Kurz darauf hörte ich jemanden erzählen, daß der Barde vergiftet und fortgeschleppt worden war. Ya-Männer hatten ihn zu befreien versucht… Ich faßte mir an den Kopf und fragte mich redlich, was das für einen Sinn machte. Außer das ein weiteres Mal Gift aufgetaucht war, fiel mir dazu nichts ein.
Yarid war dem Tod, der Entführung oder sonst etwas noch einmal von der Schippe gesprungen, er saß, benommen und verstört im Schankraum und man forderte meinen Dienst.
„Fionn!“ sagte er, kaum das ich zu ihm getreten war.
Ich wurde blaß und zischte nur leise. Niemand hier sollte unnötiger Weise meinen wahren Namen erfahren… Ich schluckte und reduzierte meinen Kontakt mit ihm vorerst auf das allernötigste. Ich versorgte die Wunde, die ihm der Entführungsversuch eingebracht hatte und lauschte seinem Bericht. Jemand hatte ihm etwas eingeflößt, was ihn in den Schlaf gebracht hatte, dann hatte man ihn hinausgetragen… Der Mann der dies ausgeheckt hatte war tot… und Yarid vermutete, daß seine Familie dahintersteckte.
Er hatte ihnen gedient und sie hatten nur von ihm gefordert, nichts zurückgegeben… Ich war besser dran als er… und ein dicker Kloß saß in meinem Hals als ich meine Salben wieder einpackte und ihn zurückließ…
Bei uns war er einst glücklich gewesen… auch das hatten sie ihm genommen.
Unruhig griff ich in unsere Vorräte, die wir noch von daheim dabei hatten und teilte die letzten Reste von Anildas gutem Bier aus. Wenigstens damit konnte wir uns sicher sein, daß es nicht vergiftet war… Ein ungutes Gefühl, doch der Schnee fiel ungebrochen vom Himmel und wir würden zumindest bis zum Morgen hier ausharren müssen. Wenigstens drohte Laertes nun nicht mehr die Gefahr zu erfrieren.
Dereks Zustand verschlechterte sich. Er schien mit einem Mal nicht mehr zu wissen wer er wirklich war… wir verfielen in große Unruhe, immer mal wieder, sah jemand nach ihm und schließlich entschlossen wir uns herauszufinden was mit ihm los war. Ich versuchte ihn mit Laran zu erreichen doch ich fand nur wenige Spuren von Vernunft und nichts was mich an meinen Schwiegervater erinnerte.
Rafaella ließ sich überreden ihn mit der Altonstimme zu suchen… auch dies schlug fehl… und es machte ein paar Leute auf uns und Derek aufmerksam, die wir es lieber nicht hätten wissen lassen. Puck war dabei, und auch der blonde Kerl mit dem Hut… Wir mußten die Segel streichen…
Ich nickte Corran verborgen zu… nur um zu bemerken, wie Merryl Castamir, sein jüngerer Bruder und die beiden blonden Herren in der viel zu feinen Ausstattung, die sich hier wohl als Zuhälter betätigten mit ihm in ein Zimmer gingen.
Ein eiskalter Schauder lief mir über den Rücken. Joric Aldaran hatte lang genug im Kerker von Hastur geschmachtet um von dessen Friedensmann identifiziert zu werden… und wenn Joric nun plötzlich wirklich nicht mehr wußte, wer er war, würde er sich wohl kaum verteidigen können.
Ich horchte an der Tür hinter der die Männer verschwunden waren, doch hier in den Gängen konnte ich jederzeit erwischt werden… und so gab ich diesen Posten auf, schlich auf Zehenspitzen in ein angrenzendes anderes Zimmer und versuchte es von dort. Corran und sein neuer Kumpel Ivan blieben vor der Tür… wenn etwas Schlimmes geschah würden wir Derek wohl retten müssen…
Ich horchte angestrengt, während mir der Angstschweiß über den Rücken lief. Ich fand keinen Grund, warum sich Castamir für einen Tippelbruder interessieren konnte.
Aber sie waren wohl auf der Fährte, denn sie wirkten einen Wahrheitszauber und posaunten dieses auch noch so laut heraus, daß ich es hören konnte. Ich erstarrte. Dies war ein Bann, den niemand brechen konnte… nun würden sie uns auf die Schliche kommen…
Doch welch Wunder. Joric plapperte trotz des Zaubers nur davon, daß er Derek wäre… und das ein Vai Dom Rafaella Hagebuttenwein und ein Vai Dom Joric mit ihm gesprochen hätten.
Was auch immer Lord Aldaran zugestoßen war, es bewahrte ihn zumindest davor uns zu verraten…
„Castamir hat nicht erreicht, aber wir müssen vorsichtiger sein“, klärte ich Corran auf. Jorics Zustand beunruhigte uns noch immer, aber einstweilen konnten wir daran wohl nichts ändern.
Oder doch? Ich erinnerte mich, was ich aus seinem Geist entnommen hatte, als ich ihn mittels meiner Gabe befragt hatte. „Der große Dom muß Joric Aldaran sagen. Höchste Gefahr…“
Mein Blick viel auf meinen Gefährten und haftete eindringlich auf ihm. Noch dachte ich nur darüber nach…
Dann erzählte ich es ihm und er grübelte ebenfalls. Irgend etwas in der Art hatte Aldaran ihm mitgeteilt, gestand er ein. Ich nickte. Vielleicht war dies der Schlüssel… „Wenn ich die genauen Worte noch wüßte.“
Ich hoffte er würde sie wissen, wenn es wirklich nötig war. Vielleicht hatte sich Aldaran mittels der Befehlsstimme selbst gebannt… vorerst war er so sicher… dem alten Derek würde schon niemand ein Leid antun. Solang man ihn nur schubste, weil er übel roch, war alles in Ordnung…
Rasch beschlossen Corran und ich, daß es ab jetzt sicherer war, wenn er immer in der Nähe blieb. Ich lud die beiden Söldner zu einem Becher Biers ohne Aphrodisiakum ein, und wir setzen uns zu den Frauen. Castamir hatte uns sicher längst erkannt, wenn er es auch noch mit keinem Wort zugab… Corran wirkte arg zerschlagen und gerädert. Er war bei dem Tumult um die Entführung Yarids gestürzt, (was er nur ungern zugab) machte sich Sorgen um seine Frau… und zog sich alsbald ins Bett zurück.
Ich blieb, ganz im Gegensatz zu meinen sonstigen Gewohnheiten aber vorerst war mein Platz bei den Frauen… und angesichts all dessen was geschehen war, nahm ich mir fest vor, am Morgen abzureisen. Thendara war nicht mehr soweit fort… und die Wege rings um die große Stadt waren beliebte Reisewege. Es würde auch noch andere Tavernen geben. Sicherlich ließ sich die ein oder andere davon erreichen…
Verfluchter Ort, verfluchte Nacht…
Ich erwachte mir Kopfschmerzen, einer ausgetrockneten Kehle und der Furcht, irgend etwas könnte uns im Schlaf zugestoßen sein. Ich erinnerte mich an die verschwommenen Traumbilder der Nacht. Irre dämliches Zeug hatte ich mir in meinem Kopf zusammengesponnen und der Nachhall dessen waren kalte Finger der Angst, die sich an mein Herz legten.
Mit steifen Fingern wusch ich mir den Reisedreck vom Gesicht und rasierte mich. In meinem Gesicht waren graue Schatten. Abbild des Albdrucks? Vielleicht.
Ein Blick aus dem Fenster zeigte mir wiederholt Sturm und Schnee und es schien immer noch nicht ratsam den Kupferkessel zu verlassen. Laertes schlief friedlich in seinem Korb gleich neben dem Bett der Mutter. Aliciane hatte die Augen ebenfalls noch geschlossen.
Die Reise war anstrengend gewesen und ich ließ die Frauen ruhen… sie würden die Kraft brauchen.
Zudem wollte ich eine Weile allein bleiben und nachdenken.
Ich trat in den Hof, wo seit gestern niemand mehr Schnee geschippt hatte und knöcheltief versanken meine Füße… Es war bitter kalt und obwohl der Tag angebrochen war, barg dieser Hof überall dunkle Schatten. Gestern noch schienen sie mir allein von einer weltlichen Bedrohung zu stammen… aber nun? Castamir hier war ein Problem… aber ich begann daran zu zweifeln, daß es das einzige war. Allein der Anblick des Hauses, das mir gestern noch wie ein Segen in stürmischer Nacht erschienen war, setzte mir nun einen Kloß in den Hals…
Ich wand mich von ihm ab und starrte in die Ferne. Wir hätten uns niemals zu dieser Zeit auf den Weg machen sollen. So sehr ich auch einen Aufbruch herbeisehnte, es war unmöglich. Ich sah auf die Schneemassen und wußte, sie würden für Laertes der Tod sein… wenn nicht gar für uns alle.
Traumbilder schossen mir durch den Kopf. Dunkle Gestalten, Jerome Hastur mit einem Todesbefehl, sein Friedensmann direkt hinter ihm… Das Beil eines Henkers…
Wiederum schreckte ich zusammen, wie ich auch in der Nacht plötzlich erwacht war.
Ich bin in den Hügeln GreenScarps großgeworden und habe die meiste Zeit meines Lebens unter freiem Himmel zugebracht. Einst quälte mich häufig, was mir auch jetzt das Herz zerdrückte, als ich zurück ins Haus trat. Die enge fester Mauern drohte mich zu erdrücken…
Es wurde auch nicht besser, als ich mit Aliciane und Rakhaila den Schankraum betrat und um ein Frühstück bat… Ich war nervös und zittrig, aß ohne Appetit und nur, weil ich gelernt hatte, das der Körper die Energie braucht. Meiner vielleicht mehr als andere, so etwas liegt einem im Blut oder auch nicht.
Rakhailas Gesicht war mindestens so grau wie meines, aber sie wollte nicht darüber reden und wich auf meine Nachfrage darauf aus, schlecht geschlafen zu haben. Aliciane schien es besser zu gehen, wenn ich es richtig deutete litt sie nur unter den Nachwirkungen des Liebestranks, welche zum größten Teil daraus bestanden, daß sie sich peinlich benommen hatte.
Nichts schlimmes, das würde Heilen… ganz im Gegensatz zu Corrans grauer Miene.
Unsere Blicke trafen sich, aber wir sprachen kein Wort darüber… Wir konnten den Gedanken daran beide nicht ertragen.
Ich grübelte. Mein Bauch gab mir ein, daß wir diesen Ort so schnell es ging verlassen mußten und alles, was es dazu vielleicht brauchte war ein Plan… Doch mein Kopf wollte keinen ausspucken.
Rakhaila entging meine Unruhe nicht und sie war gerade dabei mich zu beruhigen, als wir ein lautes Kreischen und aufgeregte Stimmen hörten…
Ich stand auf um nachzusehen was geschehen war und fand mich plötzlich Nase an Nase mit Merryl Castamir.
„Fionn…“ Er sah mich an und machte nicht länger einen Hehl daraus, daß wir uns sehr wohl kannten. „Wir brauchen deine Hilfe…“
Ich wußte was er wollte, aber ich war noch lange nicht bereit einem Castamir zu Hand zu gehen. Konnte er nicht selbst für seinen pubertären Bruder sorgen? Wer war denn ich, mich mit so einem einzulassen? Sein Jahrzehnten traktierte diese Sippe das Land meiner Familie. Ich hatte Castamir schon verachtet noch ehe ich wußte, daß das Blut Asturiens in meinen Adern floß. Ich war an der Grenze aufgewachsen und mehr als einmal hatten sie meine Herde hinterrücks um ein paar Schafe erleichtert.
Ich starrte ihn an, als wüßte ich nicht, welchen Namen er genannt hatte.
„Sicher, ich bin Heiler… was ist geschehen?“
Der kleinere Castamir wand sich auf dem Boden, ächzte und stöhnte und murmelte etwas von einem Traum… und draußen brauste der Sturm gegen die Fensterläden.
Aha, es waren also nicht wir allein die von nächtlichen Gespenstern heimgesucht wurden… Ob Merryl sich denken konnte, daß er in meinem Albtraum vorgekommen war?
Ich trat an dem Mann vorbei hockte mich zu dem Kleinen und zeigte dem großen, wie man der Panik leicht Herr wurde.
Die Ohrfeigen saßen fest und es war mir ein heimlicher Genuß. Der Junge kam wieder ein wenig zu sich… wimmernd und in seinem Nachthemdchen machte er wirklich nicht viel her. Nur ein Kind. Ein panischer Jüngling.
Das Bild kam den Spottliedern, die man in meiner Heimat über diese Familie sang, schon recht nahe… und es minderte meinen Hass, sodaß ich Merryl zur Hand gehen und den Knaben zurück auf sein Zimmer bringen konnte.
Dort wäre ich fast über einen Dämpfer gestolpert. Es brummte in meinem Kopf und plötzlich mangelte es mir an meinen natürlichen Talenten. Plötzlich wußte ich nicht mehr zu sagen ob Castamir sich über die Hilfe freute oder darüber nachsann mich gleich hier und jetzt zu töten.
Nur die Angst des Jungen, Lyondri, wie ich nun erfuhr blieb nicht zu übersehen. Dazu brauchte es keine Empathie, sie war in sein Gesicht gemeißelt.
„Ya-Männer, sehr viele Ya-Männer und die Macht di Asturiens…“ brabbelte der Knabe vor sich hin und Merryl versuchte rasch ihn zu beruhigen. Ich verstand nicht recht, worum es in diesem Traum gegangen war. Ya-Männer waren am gestrigen Abend aufgetaucht, aber damit hatte Asturien mit Sicherheit nichts zu tun.
„Der Junge soll sich ausruhen…“ Wieder starrte ich auf den Dämpfer. Der Sturm schien nachgelassen zu haben, plötzlich klapperte kein Wind mehr an den Fenstern. War es ruhiger geworden… oder lag es nur daran, daß dieses Zimmer im Windschatten lag?
Merryl schien verunsichert… und ich glaubte zu sehen, daß es etwas zu verbergen gab.
Jede Lordschaft, jedes Königreich hat seine eigenen, kleinen Geheimnisse…
Wieder sah ich zu Lyondri und ich glaube die Art der Panik in seinem Gesicht schon einmal gesehen zu haben. Ich sollte mit Corran darüber reden. Schnell…
„Laßt den Dämpfer an und den Knaben noch eine Weile in seinem Bett. Es geht ihm nicht gut… Ich könnte mehr für ihn tun, aber ich werde es nicht leichtfertig machen.“ Ich verließ den Castamir nach einem langen eindringlichen Blick. Die Feindschaft zwischen uns daß zu tief um sie zu übergehen.
Zurück bei meiner Familie verlangte Corran Rapport und ich berichtete was geschehen war. Sorgenvoll waren ihre Blicke und niemand konnte genau sagen, was nun geschehen wurde.
Ich mußte feststellen das Lyondri Castamir wohl nicht lange im Bett zu halten war. Noch blaß um die Nase kam er kurz darauf aus seinem Zimmer. Er wirkte wacklig auf den Beinen und starrte immer wieder unruhig aus dem Fenster. Ich würde ihn im Auge behalten müssen. Irgend etwas stimmte nicht mit dem Knaben. Seine Angst ging tiefer, als es ein harmloser Traum verursachen konnte.
Unweit von uns setzen sich die Castamirs nieder und Merryl redete lange auf den erst trotzig, später sehr ängstlich wirkenden Jungen ein. Ich konnte nicht alles verstehen, über das sie redeten, aber es schien mir, als kläre der Alte den Jüngeren über einige der Tavernengäste auf…
Erst war es amüsant, zu sehen wie er erblaßte und ihn ein wenig zu provozieren, in dem ich herausfordernd herübersah. Dann aber zeigte er erneut Anzeichen von aufkommender Panik… versuchte sich von seinem Stuhl zu erheben, grollte Flüche und starrte Corran nieder…
Schwer fiel es seinem Bruder den Jungen im Zaum zu halten und plötzlich krachten Blitze durch den Raum.
Blitze, Gewittergrollen und dieses Mal kam es nicht vom Himmel, sondern direkt aus der stickigen, bierschwangeren Tavernenluft. Vor Schreck sprang ich auf die Füße. Einer dieser Energiefunken hätte fast den armen Ivan erwischt…
„Merryl. Ihr solltet euren Bruder im Griff halten.“ Es fiel schwer klar zu denken, aber daß die Blitze mit Lyondris Laune etwas zu tun hatten, konnte ich mir nur zu gut vorstellen, schließlich kannte ich jemanden der ganz ähnlich zu agieren verstand, wenn die Gefühle mit ihm durchgingen. So spürte ich Sorge, aber keine Furcht. Mit solchen Attacken verstand ich umzugehen…
„Er wird sich beruhigen…“ Merryl schien seinen eigenen Worten nicht zu trauen.
„Gut, wenn nicht… es gibt andere Mittel und Wege ihn auszuschalten. Allerdings tue ich es nur, wenn nachher niemand brüllt ich hätte einen Castamir vergiftet.“
Ich ging nach draußen. Frische Luft, ein Blick zum stürmischen Himmel. Plötzlich begann, zum ersten Mal seit unsere Ankunft hier etwas Sinn zu machen.
Vor etwas mehr als 40 Jahren hatte ein Asturien beschlossen sich gegen die ewigen Kämpfe gegen Castamir zu rüsten… und Castamir würde längst nicht mehr existieren, wenn sich diese Waffe nicht im Geist eines überaus anständigen Mannes befunden hätte…
Zu einer Zeit, da ich noch in die Windeln kackte und Asturias nicht von meiner Existenz wußte, war dieser Mann seinem Feind begegnet.
Der Wolf Asturiens heulte, ein einziges Mal und nicht einmal mit all seiner Kraft.
Die Konsequenzen hatten den Lord Castamirs trotzdem schwer getroffen.
Ich hing diesen Gedanken nach. Ich konnte nicht einmal darüber fluchen, daß 25 Jahre nach Corrans Geburt, die Castamirs einen ähnlichen Weg einschlugen…
Laran solcher Art verheerte überall das Land.
Corran hatte es fast zerstört… und nun bibberte dort dieser Junge…
Ein wenig gedankenverloren, anderen Problemen verhangen, bemerkte ich ein paar Männer die eine Falle bauten, um die Ya-Männer anzulocken. Ich bezweifelte zwar, daß dies diese Nichtmenschen anlocken würde. Ganz so dumm waren sie sicher nicht, aber wer wußte es schon mit Gewißheit. Niemand hier in der Ebene kannte sich mit solchen Wesen aus…
Corrans Miene verdüsterte sich zusehends. Ihm gefiel nicht was hier geschah. Ich wußte warum aber ausrichten konnte ich auch nichts… nicht mehr, als ihm beiseite zu stehen, wenn es hart auf hart kommen würde.
Vorerst schloßen die Erzfeinde einen halbherzigen Waffenstillstand, so schien es… fraglich nur, ob Lyondri sich wirklich würde im Zaum halten können.
In der Taverne brüteten ein paar Damen über einem Zettel. Sie schienen sehr angestrengt in dem Versuch ihn zu lesen. Ein Liebesbrief? Ich zuckte mit den Schultern und kam auch nicht dazu ihn mir kurz zu betrachten, denn man rief wieder es wären Ya-Männer in der Nähe…
Diesmal hielt mich nichts, Zandru muß mich geritten haben, als ich mit dem winzigen Dolch in der Hand nach draußen stürmte.
Vielleicht hielt unterschwellig in meinem Inneren ein böser Geist Selbstmord für eine Alternative… vielleicht wollte ich mich auch einfach nur selbst überzeugen, daß es wirklich dieser Art von Nichtmensch war, der uns belauerte.
Wie auch immer. Ich fand mich, den Dolch in der Hand auf dem Feld wieder und sah sie wirklich. Diese häßlichen Kreaturen, denen jedes menschliche entbehrt. Wie auch immer, erlegt habe ich keinen. Noch auf der Pirsch schlug ich hin und verletzte mich. Der Versuch, daß vor mit tobende Grauen mit dem rasch geworfenen Dolch zu erwischen schlug fehl.
Ich überlebte…
Gnädig sei Avarra dafür gedankt…
Ich bin manchmal solch ein Idiot.
Corran werfe ich das ja gerne mal vor, aber ich bin nicht besser. Kein Stück…
Wie gut, daß mir gleich eine Magd zur Hand ging und die Wunde versorgte. Der erbeutete Kopf eines Vogelmenschen hatte für mich zumindest nicht länger den Wert einer Trophäe.
Kaum wieder zurück und reichlich angeschlagen regte der kleine Lyondri sich schon wieder auf… und dunkle Wolken dräuten über unseren Köpfen. Jetzt langte es mir, aber im gleichen Moment schien auch Merryl zu begreifen. Ich griff an meinen Gürtel, zauberte ein Fläschchen hervor und der Jungspunt ergab sich schließlich freiwillig einer gehörigen Portion Raivannin.
Wenigstens würde jetzt nicht noch mehr Schnee fallen…
Plötzlich wabberte extrem viel Laran durch den Raum. Es war als kröche es aus dem Boden und den Wänden, breitete sich aus und erfaßte mich mit voller Wucht. Ich hatte meine Barrieren gesenkt, um festzustellen ob von dem kleinen Castamir noch irgendeine Gefahr ausging… Im falschen Moment wie es schien.
Unendliche Mengen Angst zerschmetterten jeden klaren Gedanken, ich stolperte, übergab mich und Nebel legte sich vor meine Augen… Es riß mich fast von den Füßen, dann gab es eine weitere Welle von eben den gleichen Emotionen.
Derweil war Ivan zu Boden gegangen, doch ich sah mich außerstande ihm zu helfen…
Was immer hier geschah, es hatte mich am Schlafittchen gepackt und schüttelte mich kräftig durch. Mir war immer noch speiübel…
Ein Stallbursche und der Barde kamen mir zur Hilfe, zumindest waren sie an meiner Seite als ich wieder zu mir kam. Gnädige Ohnmacht hatte mich überkommen und nun hörte ich den vertrauten Klang einer Harfe, lauschte der fremden, aber anmutigen Stimme einer mir unbekannten Frau.
Instinktiv war das Nächste was ich tat, ein Griff in die Luft. Meine Gedanken suchten jemanden und ich spürte ihn, aber nur schwach… und ich spürte, daß meine Kräfte sich ausgezehrt hatten. Still saß ich da, konnte der Angst kaum herwerden… und ließ mir Tee und Gepäck aus hilfreichen Händen reichen.
Der Klang der Harfe schien sich zu ändern. Die Gestalt der Frau verblaßte und auch das wohltuende Gefühl, welches ihr Gesang mit sich brachte ließ nach… Yarid saß gleich neben mir und wirkte doch mehr als nur abwesend… und dann war es wieder da. Dieses Gefühl von Angst verschlungen zu werden…
Ich sah mich selbst von außen, als ich mitten auf den Tisch kotzte… und dann wurde wirklich alles Dunkel.
Als ich wieder die Augen aufschlug hatte es einen riesigen Tumult gegeben. Corran di Asturien und Merryl Castamir lagen bewußtlos am Boden der Herbergsküche.
Nichts von dem was ich sah machte einen Sinn. Nur Yarids vor Angst verzerrtes Gesicht. Es entsprach dem was ich auch fühlte… Blanke Angst.
„Wir sollten hier einfach verschwinden…“ mühte meine träge Zunge sich ab. Er nickte und wickelte bereits seine Liebste in ein schützendes Tuch.
„Einfach nur fort…“
Yarid wäre sofort gelaufen, aber Hasenfuß hin oder her, ich konnte die anderen nicht zurücklassen. Ich eilte in unser Zimmer fand Aliciane und Rakhaila dort und schrie sie nur an, wir müßten sofort hier weg…
Sie starrten mich entgeistert an, weigerten sich, hielten mich für schwachsinnig, aber da war der Schrecken und ich konnte ihn immer noch spüren. Durch den Boden und die Wände dieses Ortes drang das Böse… und wenn wir nicht gleich losliefen würde es zu spät sein.
Eiskalt umklammerte die Furcht mein Herz. Ich spürte die Blicke kalkweißer Gesichter in meinem Nacken. Bald wären sie hier…
Die Frauen versuchten mich festzuhalten, aber ich stieß sie hart von mir. Selbst Laertes, an der Brust meiner Frau hielt mich nicht ab. Ich spürte solche Angst. Ich stand kurz davor die Frauen zu prügeln damit sie endlich gehorchten. Wild schmiß ich unser Gelump in die Kiepe… als kräftige Hände nach mir packten und ich innehielt.
„Du bleibst hier, verdammt. Beruhige dich…“
Niemandem vertraute ich mehr und doch… Corran irrte. Ich setze es ihm auseinander mit hektischen, nicht durchdachten Worten. Ich erklärte ihm meine Erlebnisse, die grausame Furcht, die Wahrheit hinter diesem schrecklichen Ort. Es in Worte zu kleiden gab mir den Rest… meine Beine sanken ein… und dann spürte ich eine tiefe Ruhe und mein Blick glitt in Nebelgraue Augen. Stille…
Die Angst wich aus meinen Knochen, ich wischte mir über die Augen und mußte zerknirscht erkennen was geschehen war. Corran hatte mir seine Barrieren geliehen. In ihrem Schutz konnte ich atmen und auch der Kopf setze wieder ein…
Im Flur stand immer noch Yarid und wartete, aber ich konnte ihm nicht länger folgen.
Einfach fortzurennen war unmöglich. Es würde unseren Tod bedeuten… auch wenn es nicht sicherer war hierzubleiben. Wir saßen in der Falle…
Corran schaffte mich an die frische Luft, nicht sicher, ob ich mich schon wieder beruhigt hatte. Von der Welt um mich herum bekam ich nur wenig mit. Wieder, diesmal mit ruhigeren Worten und ohne Entsetzen schilderte ich was ich erlebt hatte. Corran war es entgangen. Niemand besaß solche Barrieren. Stark wie die Mauern GreenScarps… stärker sogar…
Als es besser ging schickte Corran mich hinein, ich mußte essen, etwas Süßes. Viel davon.
Was auch immer uns hier attackierte, ich war sicher ich würde meine Kraft brauchen…
Zuvor aber entschuldigte ich mich bei meiner Frau und Aliciane. Ich hatte ein Bild von dem was mit geschehen war. Es tat mir leid. Niemals zuvor hatte ich eine von ihnen so angefaßt. Es war, als wäre das gar nicht ich gewesen.
„Puck dieser Kerl hat einen großen blauen Stein…“, hörte ich in der Taverne. Ich registrierte es, aber ich nahm es kaum wahr. Ich durfte nicht zu lang und zu weit von Corran getrennt sein, nahm mir etwas zum Kauen mit und ging wieder zu ihm.
Hier war es sicher. Ich sollte nicht noch einmal auf die Idee kommen seinen Schatten zu verlassen… Hier war ich sicher.
Es dauerte nicht lange und eine kleine Gruppe Menschen hatte sich vor der Tür versammelt. Vielleicht allein deswegen, weil es die Gedanken klärte… ich wußte es nicht. Etwas verwirrt sah ich auf, als Merryl Castamir sich uns näherte, dicht gefolgt von seinem Bruder. Dann kam auch meine Frau, das Kind im Arm und Aliciane.
Kein Gesicht war ohne Sorge…
Irgend etwas hatte uns hier zusammengetrieben und wie es schien würde es, wenn überhaupt nur ein entkommen geben, wenn wir gemeinsam daran arbeiteten.
Gemeinsam… es würde nicht leicht werden, auch wenn wir nicht wenige waren. Wir wußten nicht mit was wir es zu tun hatten, wir konnten uns nicht leiden.
Doch es war Zeit alle Kräfte zu vereinen… ich war mir sicher, daß sonst niemand hier lebend herauskommen würde.
Lyondri fürchtete sich vor uns und konnte seinen Hass gegen Corran, der einst seinem Vater den Verstand geraubt hatte kaum verhehlen, doch als er uns seinen Traum unterbreitete, mußte ich ihm zugestehen, daß daran etwas war.
In allen Träumen, selbst in Rakhailas waren diese dunklen Gestalten gewesen, androgyn, blaß und von tödlichem Schrecken. Corran und ich hatten das gleiche geträumt, so was hatte es vorher noch nie gegeben und auch dort waren diese Gesellen. Dämonen aus der 9. Hölle, oder was auch immer, zugegen gewesen.
Ich sah nicktende Gesichter und selbst Yarid hatte sie in einer Vision gesehen.
„Also, da haben wir unseren Feind…“ Fraglich nur, wie wir ihm begegnen sollen.
„Da ist dieser Brief… und Puck hat einen dicken Kristall. Dem ist nicht zu trauen…“
Der Kristall…
„Und dann ist da dieser Brief, er wurde im Backofen…ähh… in der Feuerstelle gefunden?“
Ich war ziemlich verwirrt. Nichts davon hatte ich zuvor bemerkt…
„Ich will diesen Brief sehen.“ Ich erhob mich. Meine Knochen waren steif, aber es half nichts zu jammern.
Es war der Liebesbrief und wir studierten ihn eifrig, während Castamir und Yarid sich den Stein besorgten.
Der Inhalt des Briefes war mythisch, aber auch ein wenig wie eines von Anildas Kochrezepten. Allerdings mit sehr seltsamen Zutaten. Ich las ihn, gab ihn weiter und wir grübelten darüber nach.
Joric Aldaran, nun nicht länger nach Ziege stinkend und in gewöhnter Tracht, trat ein. Corran und die Frauen mußten ihn geweckt haben…
Jetzt würde sich Castamir sicher zusammenreimen können warum wir hier waren. Aber es war mir egal… Aldaran hatte Laran, wir würden ihn brauchen. Derek würde da nicht weiterhelfen.
Dringlicheres brannte mir auf der Seele. Corrans Barrieren hielten die Gefühle der übrigen Tavernenbesucher von mir fern, aber meine eigenen konnte er mir nicht nehmen.
Der Brief war da recht eindeutig.
Ein Stein, Hell wurde zur Dunkelheit und würde nun Dunkles wieder hell machen… wenn wir denn wußten wie. Ich hatte keinen blassen Schimmer wie man das reinste Licht erzeugen sollte. Eine Kerze anschnippen ist ein Spiel für Turmnovizen, aber ich zweifelte, daß eine Kerze das reinste Licht machte…
Ich war nicht lange im Turm gewesen und hatte dort eigentlich nur als Überwacher gearbeitet. Meine Gabe machte mich dafür zu einem idealen Kandidaten… aber nach dem ich einen ersten Blick auf den großen, halb zerstörten Kristall wagte, war mir klar, das niemand von uns ihn allein beherrschen konnte. Dafür war er zu groß.
Yarid untersuchte ihn und wir ließen die Huren herbringen, die in dieser Taverne ihr Brot verdienten, in dem sie Geschlechtskrankheiten verbreiteten.
Bislang hatte ich sie zwar gesehen, war aber zum ersten Mal in den Genuß gekommen, von gleich zwei Frauen ‚streng’ bewacht zu werden.
Sie hatten mich in Ruhe gelassen, was mir nur lieb war…
Leisten konnte und wollte ich mir sie eh nicht. 100 Sekal trug nicht mal ich in meinem Säckchen mit mir (und es war das Geldsäckchen eines Comyn).
Viel wichtiger aber war, daß diese Frauen blaue Kristalle an ihrem Hals trugen. Sie behaupteten es wären Erbstücke ihrer Großmutter…
Yarid forderte sie ein, versprach sie nur untersuchen und dann zurückgeben zu wollen…
Still saß ich daneben und häufte Nahrhaftes in meinen Mund.
Derweil las Corran den Brief…
Die Frauen rückten die Steine heraus und Yarid begann sie mittels seiner Harfe zu untersuchen. Wie er das genau machte wußte ich nicht, aber da auch Lyondri dabei saß und er in Hali sicher einiges gelernt hatte, vertraute ich ihnen.
Corran verließ den Raum… hastig aß ich zu Ende und ging ihm nach. Etwas war nicht in Ordnung…
„Der Brief.“, sagte er mir schließlich. „Ich kann nicht hierbleiben. Wenn ich bleibe… dann…“ Mir wurde eiskalt als ich ihn ansah. „Fionn… wenn ich hierbleibe werde ich euch alle töten. Die dunkle Macht!“
Ich schüttelte den Kopf. Corran war schon längst kein dünner Behälter aus Haftfeuer mehr. Er war um so vieles stärker geworden seit wir uns kannten…
„Hör auf damit. Du wirst uns nicht töten…“
„Ich denke schon. Es wäre möglich.“
Möglich war alles, aber Corran redete Unsinn. Er würde mich niemals mehr angreifen… und schon gar nicht seine Frau, Rakhaila oder das Kind. Corran hatte selbst Kinder… und eine höllische Angst vor seiner Gabe.
„Du weißt genau, ich kann dich beschützen!“ Meine schmalen Hände griffen nach seinen Armen. Ich zog ihn an mich.
„Kannst du?“ Er hatte Zweifel…
„Corran, ich brauche dich hier. Du bist stark.“ Ich schluckte trocken. „Ich… Wenn es stimmt was in diesem Brief steht, dann wird es dauern bis zum Sonnenuntergang. Bis dahin bin ich wieder voll auf der Höhe. Ich schaff das…“ Es fühlte sich nicht an, als könnte ich ihn überzeugen. Aber er mußte es. Er mußte mir vertrauen… und normalerweise war das kein Problem. Jetzt aber war ich mir selbst nicht sicher… doch Corrans Furcht war nur ein weiterer Ansporn. Ich würde ihn nicht einfach ziehen lassen.
„Warte bis eine Stunde vor Sonnenuntergang. Wenn ich dann keine Lösung weiß… dann lasse ich dich ziehen…“ Auch wenn wir dann alle sterben würden, vielleicht, wenigstens Corran würde seiner tiefsten Angst entkommen. Wieder griff ich nach ihm und es war mit gleich, wer es sah. Wir brauchten den Halt aneinander…
Corran nickte schließlich, aber seine Miene war voller Trauer, als ich ihn verließ.
Als ich in die Schankstube zurückkam, war Yarid mit dem Beobachten der Steine soweit, daß er sich sicher war, daß die Schmucksteine der Huren zu dem zerbrochenen Stein paßten. Er glaubte es fehle noch etwas… aber sicher war er sich da nicht.
Ich beließ es vorerst dabei seinen Vermutungen zu glauben.
Die Steine wurden weder Puck noch den leichten Mädchen zurückgegeben. Castamir junior sperrte sie in seinen Dämpfer, und dieser wurde sicher verstaut.
Ich schonte meine Kraft und stopfte mir an Nahrung in den Hals was mit auch immer über den Weg kam. Ich würde bei Kräften sein ehe die Sonne unterging. Corran würde nicht fliehen müssen… und wer immer um Hilfe bat, ich lehnte jedes Gesuch ab. Corran stand über den meisten Dingen in meinem Leben und ich hatte ihm meine Gabe verpfändet.
Ich bestellte mir etwas Warmes zu trinken und Milch für den Kleinen. Gestern Abend hatte Laertes ein wenig Bauchweh gehabt, aber heute war er mit seiner kleinen Welt wieder zufrieden… Es beruhigte mich den Jungen zu halten und ihn mit Milch zu füttern.
Ich liebte ihn wie mein eigen Fleisch und Blut.
Seiner Mutter Not, in den Tagen des Krieges, hatte mich dazu bewogen sie in Schutz zu nehmen und damit war es mir auch jetzt noch sehr ernst… Ich hatte sie und das Kind lieb gewonnen und auch wenn wir alles andere als eine gewöhnliche Ehe führen, sie sind mir wichtig geworden in den letzten Monaten. Ich würde nicht abwarten bis irgendeine dunkle Macht ihnen das Leben nahm. Ich würde für sie kämpfen…
Ich drückte den strampelnden Knaben an mich, atmete tief durch und übergab ihn schließlich in die Hände seines Großvaters. Nicht nur Bande des Blutes machten eine Familie aus...
Abermals sortierte mein Kopf die Worte des Briefes und langsam kam mir in den Sinn, was es zu tun galt. Viele Dinge spielten dabei zusammen… und noch mehr müßten zusammenfinden um das Ende abzuwenden…
Den Himmel im Blick, die nicht mehr lang auf sich wartende Abenddämmerung genau im Auge, lief ich und suchte die Menschen zusammen, die vielleicht als einzige helfen konnten.
Da war der junge Castamir, dessen Talent uns vielleicht alle hier zusammengetrieben hatte. Schlechtes Wetter gab es reichlich, aber ich bezweifelte, daß dies das einzige war, was er verrichten konnte. Er kam gradewegs aus einem Turm…
Ich suchte ihn auf und gemeinsam überlegten wir, welche Kräfte aufzubieten waren.
Lord Aldarans Gabe war groß und gut ausgebildet, ebenso wie die meine. Aliciane, die ihre Kräfte nicht oft benutzte, aber wenn, dann verstand sie auch damit umzugehen.
Corran… das vertagte ich auf später.
Merryl Castamir, ein eher schwacher Telepath, aber er würde sicher nicht untätig bleiben.
Rakhaila… sie stand noch am Anfang ihrer Ausbildung und hätte nicht viel lernen können, aber sie war stark. Ihre Kraft und der Wille das Kind zu retten, darauf konnte man bauen.
Yarid Ruyven, Bastardsohn derer von Ardais. Nicht zu unterschätzen. Er mochte nicht viel über seine Gabe wissen, aber er wußte sie einzusetzen… und seine Harfe war eine tatkräftige Hilfe.
Corran… nein, noch nicht.
Puck!
Puuuuuuck!
Ja… da war etwas gewesen. Gestern schon. Dereck, der Wirre, hatte behauptet er habe Laran gespürt, Puck hatte behauptet der Tippelbruder habe ihn geheilt. Ich vertröstete Lyondri und seine Überlegungen über reines Licht und hinderliche Wolken am Himmel auf später, und machte mich auf den kleinen, seltsamen Mann zu suchen.
Ich erwartete ein langes und umständliches Gespräch als ich ihn fand, denn die meisten Gemeinen haben mit Laran nicht viel zu tun, und wenn, dann erzählen sie nicht gerne darüber.
Doch das Kerlchen war sehr bereitwillig, erklärte mir, er habe sogar in einem Turm gedient…
„Wir werden dich brauchen. Ich weiß noch nicht wie, aber dein Stein… wenn wir ihn den reparieren können, könnte uns helfen…“
Er nickte dazu und willigte ein.
Wie wir aus diesen Menschen einen Kreis formen sollten, ob all der Widerstände, war mir noch nicht klar. Aber es war ein dünner Schimmer Hoffnung am Himmel…
… er wurde größer als die meisten, die ich fragte ob sie zu helfen bereit wären, nickten.
Fehlte noch einer… Corran…
Corran hatte ich bislang und aus gutem Grund noch nicht gefragt.
Aber wo war er?
„Er ist in seinem Zimmer und packt…“
So ein Idiot…
Meinte Lyondri nicht, das reine Licht könnten die vier Monde sein.
Heute Nacht sollten sie erscheinen…
Egal, selbst wenn es nicht die Monde waren. Corran war nicht die Wurzel allen Übels.
Ich stürmte die Treppe hinauf, fand ihn dort… und versuchte ihn davon abzuhalten, davon zu laufen. Aliciane war auch da, ebenso wie Rakhaila, aber egal was wir auch sagten er war nicht davon zu überzeugen, seine Satteltaschen wieder hinzulegen.
„Ich werde euch nicht töten…“ Er wiederholte es wie ein Mantra immer und immer wieder…
„Nein, das wirst du nicht. Hier sind andere Mächte am Werk…“
Castamirs traten nun ebenfalls ein. Was auch immer sie hier zusuchen hatten… sie verhinderten, daß ich dazu verfiel Corran auf Knien anzuflehen.
Sie lenkten ab und brachten Corran dazu wieder den Tatsachen ins Gesicht zu sehen.
Lyondri wirkte geknickte und schuldbewußt… und machte sich Vorwürfe. Sicherlich nicht ganz zu unrecht aber Corran brachte es auf einen Punkt, den niemand besser hätte treffen können.
„Du bist wie ich!“, raunte er mit rauher Stimme.
„Aye…“ Es war ein bedrückender Moment und er nahm den Groll gegeneinander.
Es war nichts als die Wahrheit. Zwei Menschen, die als Waffen erschaffen worden waren und unter dieser Last immer und immer wieder gebrochen wurden.
„Wir brauchen euch beide…“ versuchte ich es langsam wieder auf das Ziel zu richten, daß ich mir gesetzt hatte. „Gemeinsam haben wir genug Erfahrung um sowohl den Himmel von Wolken zu befreien als auch…“ Für das was danach kam hatte ich keinen Namen. Nur die verklärenden Worte aus dem Text, dem Rezept gegen Albträume und Angst.
Die Ähnlichkeit in den Blicken der beiden Erzfeinde, war so eindringlich. Es rührte…
Diese Welt war abgrundtief traurig und achtete niemanden…
„Gemeinsam könne wir es schaffen!“ Mein Blick fixierte Corran. Es gefiel ihm nicht, aber ich würde seine Kraft brauchen. Verdammt, wäre er der Bewahrer eines Kreises, er könnte Hali in Trümmer legen. Er war so stark… aber er fürchtete diese Stärke.
„Wir werden die Matrix reparieren, wir werden einen Kreis bilden und für den Moment vergessen wer wir sind, wenn wir diese Taverne wieder verlassen…“
Corran schleppte seine Taschen zu den Ställen, aber er reiste nicht ab. Er harrte aus…
Der Plan war gefaßt und in Worte gepackt, nun mußten nur noch die Handlungen folgen.
Yarid fand sich schnell dazu bereit noch einen weiteren Blick auf Pucks Matrix zu legen.
Andere versuchten herauszufinden wo genau er sie gefunden hatte… wo sie herkam.
Es wurde dunkler. Die Sonne war nicht zusehen, aber wir wußten uns lief die Zeit davon.
Yarid und ich untersuchten die Matrix, auch Aldaran kam dazu und wir stellten rasch fest, das längst nicht genug der alten Form gefunden worden war… doch wo die Reste waren wußten wir auch nicht und zerbrachen uns darüber lange, viel zu lange den Kopf. Niemand hatte einen Hinweis, niemand wußte etwas…
Samuel, ein mir fremder Gast, setzte sich zu uns, sah mit Neugier zu und erzählte, daß dies alles, die dunklen Gestalten, der Stein… ihn an eine alte Sage erinnerten.
Doch einen Hinweis hatte er auch nicht wirklich.
Würden wir doch noch scheitern?
Da kam der blonde Geck in den viel zu feinen Kleidern und brachte eine Kiste mit. Diese hatte er irgendwo… wo auch immer, ich weiß es jetzt wirklich nicht mehr, ausgegraben.
Das Ding war gut verschlossen…
Ich schickte die kleine Tanzmaus, irgendein zartes Wesen, das der Sturm hereingeweht hatte aus, mir Kupferdraht zu besorgen. Wir würden ihn brauchen, denn… irgendwie mußten die Bruchstücke ja wieder zusammengesetzt werden. Sie nickte, während sich um das Kästchen und sein vermaledeites Schloß eine Traube hilfsbereiter Leute sammelte.
Unruhig lief ich auf und ab… versucht den Kasten mit einem Hammer zu zerschlagen, damit er endlich aufging. Mir brannte das sinkende Sonnenlicht unter den Nägeln.
Letztendlich öffnete eine Person das Schloß, mit der ich nie gerechnet hätte…
Rakhailas Finger waren die ersten von zwei Dutzend, die es schafften. Die zarten Finger einer Frau. Meiner Frau! Ich freute mich. Ein kurzer, erleichterter Moment, voller Stolz.
Dann machten wir uns über das Kästchen her.
Steine waren darin, Materialien für ein Gitter, doch die meisten der Steine waren aus Glas…
Mir rutschte das Herz in die Hose. Wir brauchten die ganze Matrix, soviel wie von dem Sternenstein nur zu finden war… und nun war der Dämpfer der die anderen Steine hielt wieder verschwunden.
Nach unsere Untersuchung hatten wir ihn wieder in der Küche, dort wo er auch zuvor schon gewesen war, verborgen. Nun war er nicht zu finden.
Ich wand mich an die Menge… ich war mir sicher, daß keiner der Comyn ihn genommen hatte. Aber manchem Bauern, irgendeinem der Luder mochte nicht klar sein was er dort gestohlen hatte.
„Wer immer den kleinen Kasten genommen hat, er wird keine Freude daran haben. Ich habe ihn selbst versiegelt und niemand außer mir wird ihn öffnen können!“ Ich sah sie der Reihe nach an, aber die meisten wirkten ratlos…
Herr des Lichts…
Vielleicht war es die Verzweiflung die eine der Huren, die Mutter aller Huren, zumindest war sie im entsprechenden Alter, auf den Plan rief. Sie glaubte Informationen zu haben, schlich sich hinaus… und kurz darauf kam Titania die Wirtin herein und brachte den Kasten.
Von Eile getrieben machten wir uns erst einmal daran, das Gitter zu fertigen. Die Matrix mußte warten bis auch der Rest noch auftauchte.
Ich stöhnte und fummelte mit ein paar Fetzen Kupferdraht und Yarids tatkräftiger Hilfe das Matrixgitter zusammen. Wenigstens etwas, das vielleicht noch bis zum Einbruch der Nacht fertigwurde… wenn es den hielt und nicht ständig unter unseren Fingern wieder zerbrach. Ich war nicht geschickt genug… für gewöhnlich halten meine Hände Schwerter, nicht dünnste Materialien. Zum wiederholten Male zerbrach das filigrane Gestell vor unseren Augen… und auch die Matrix war noch nicht geflickt.
„Ich brauche mehr Kupferdraht…“ Meine Hände zitterten und draußen wurde es Dunkel.
Wir würden nicht rechtzeitig fertigwerden.
Irgendwann tauchte dann doch noch die kleine Mestra auf und überreichte weiteren Draht. Es wurde dadurch nicht weniger mühsam… aber irgendwann hielt das Gestell. Die Glassteine nutzen wir als weitere Leiter. Sah richtig hübsch aus…
Die Nacht kam… oder eher, sie war da, als ich mich vom Tisch erhob. Es fehlten immer noch die Brocken. Yarid blieb an dem Gitter sitzen, wenn es jetzt noch jemand zerstörte würde wohl alles zu spät sein.
Ich spürte die Anspannung, mein Nacken schmerzte und doch niemand wußte wo sich noch blaue Kristalle finden ließen… und plötzlich… ich traute meinen Ohren nicht, wurde überall geflüstert di Asturien habe die Steine.
Bitte was?
Nichts dergleichen hatten wir. Warum auch…
Ich schüttelte den Kopf, aber ehe ich weiter Bauern durch die Gegend schubste, sollten wir wohl sicher sein wirklich nicht im Besitz der Steine zu sein.
In meinem Gepäck fanden sie sich nicht, auch nicht in unserem Zimmer. Ich bat zähneknirschend Rakhaila darum Laertes aus seiner Windel zu zerren. Der einzige Ort an dem wir noch nicht nachgesehen hatten.
Nichts…
Ich rannte die Treppe hinauf um in Corrans Zimmer zu sehen. Auch dort war nichts. Es war nichts als ein lächerliches Gerücht… bis Corran sein Kissen lüftete. Da lag ein Beutel…
Ausgerechnet bei Corran der vor Matricen ähnlichen Respekt, wenn nicht nackte Furcht, hatte, wie vor der roten Robe eines Bewahrers.
„Sie werden mich alle für einen Verräter halten...“, murmelte er.
„Werden sie nicht. Warum auch…“ Ich hatte keine Zeit in lange zu trösten. Wir brauchen den Stein.
Wieder die Treppe hinab, das Säckchen entleert und angefangen zu Puzzeln.
Draußen war es mittlerweile tiefschwarze Nacht, aber vielleicht waren Lyondris Wolken nun doch ein Segen. Meine Linke, die schon lange nicht mehr viel taugt, wurde steif dabei die Bröckchen zusammen zu halten, immer wieder fiel eines heraus und es dauerte subjektiv unendlich viel Zeit bis wir den Stein zusammengesetzt hatten.
Nun würden wir versuchen müssen ihn hinauszubringen… und ich würde auch noch einen Kreis leiten müssen.
Dem Herr des Lichts sei dank, ich weiß nicht, wie ich es fertigbrachte mich auch nur halbswegs zu beruhigen.
Wir setzen uns in den Kreis… und Corran öffnete mir seinen Geist… Ich war kein Bewahrer. Mir fehlte die Kraft dazu. Corran hatte sie…
Seine Kraft, mein Verstand. Wir würden es schaffen.
Puck, dem keiner der übrigen vertrauen wollte blieb als Überwacher außen vor… Castamir vertraute eher mir als dem armen Kerlchen. Ich weiß nicht wirklich, ob man darauf stolz sein kann.
Vorsichtig bettete ich die zerbrochene Matrix im Gitter… und oh Wunder, sie schloß sich von selbst wieder. Vielleicht war das der Moment, an dem ich genug Mut schöpfte. Wir waren au dem richtigen Weg, die Götter standen uns bei.
Wir schlossen uns zusammen und dann wandten wir uns Lyondri zu. Die Wolken mußten fort, nun wollten wir das Licht der Vier Monde sehen…
Es gelang und ich konnte die Erleichterung des Jungen fühlen, als wäre es meine.
Nun… zum letzten großen Schlag.
Die Schattengestalten mußten entschwinden… wohin auch immer sie gekommen waren.
„In die tiefe, dunkle Nacht bringt der Stein das reinste Licht…“ Es sah aus, als hätten wir es geschafft. Wir waren nah dran. Ich konnte die Gesichter der Dämonen sehen… ich wußte, sie würden verschwinden. Nur noch ein letztes Mal unsere gerichtete Kraft in den Stein schicken.
Dann würde Dunkelheit zu Licht werden… oder auch nicht.
Die Dunkelheit um uns wurde heller, aber nicht Licht, sondern Nebelverhangen. Mein Kopf fühlte sich leicht und es war schwer zu sagen wo ich anging, Merryl aufhörte und Rakhaila begann. Wir waren eins… und doch wieder nicht.
Irgend etwas ging hier nicht mit rechten Dingen zu. Plötzlich war da Schmerz… Unruhe kam von Außen. Der Nebel nahm uns die Sicht. Nur nicht wanken… niemand hatte hoffen können es würde einfach werden.
„Bleibt zusammen, löst euch nicht…“ Wir faßten uns in der Oberwelt an der Hand, hielten uns und ich rang um die Kontrolle… Sie mußte mir schon vorher entglitten sein.
Der Kreis brach…
Mein Körper verkrampfte sich, Schmerz überall nur Schmerz und ich hörte die Schreie von Menschen an denen mein Herz hing. Es war heiß, dann wieder eiseskalt und niemand da…
Ich starb…
Corrans Stimme dröhnte mir in den Ohren, aber was geschah konnte ich nicht sagen. Meine Sinne schwanden dahin und nichts mehr fühlte ich außer Schmerz… und Trauer. Aliciane, Rakhaila, Joric… sie alle würden mit mir sterben. Wir hatten den Kampf verloren. Es war vorbei… und Laertes würde niemals groß werden, nie laufen lernen, nie ein Pferd reiten…
Wir hatten unser Leben eingesetzt, damit gespielt. Wir hatten es verwirkt.
Ich erwachte, den Kopf im Schoß einer süßen kleinen Magd. Ein Geschöpf wie ein Engel…
Ich war ziemlich benommen und weiß bis jetzt nicht wie mir geschah… Beta, die Tochter Titanias kam hinzu, jemand legte mir eine Decke um die Schultern. Ich sah mich um, während die kluge Wirtstochter meine Hände verband. Verbrannt waren sie. Ich hatte mitten im Kreis gesessen und als er zerplatze hatte ich den größten Teil der Energieentladung abbekommen… Ich war kein Bewahrer. Ich war nie einer gewesen.
Träge, kaum in der Lage mich zu regen sah ich mich um… Rakhailas Stimme hörte ich, ich sah Aliciane, Joric… Corran…
Ich sank zurück und versuchte meine Gedanken zu ordnen. Helfende Hände brachten Wasser und Süßes.
Nein, wir hatten nicht gesiegt, aber für den Moment hatten wir die Schatten von diesem Ort vertrieben. Sie mochten wiederkommen, aber uns würden sie nicht mehr bekommen um sich an unsere Angst zu laben… Es war vorbei. Zumindest für den Moment.
An diesem Mittwinter würde Titanias Kupferkessel nicht von Zandrus Dämonen verschlungen werden.
Ich hievte mich grade, ein wenig erholt, wenn auch nicht wirklich bei Kräften, auf die Füße, als Rakhaila entsetzt aufschrie. „Laertes! Das Kind ist weg…“
„Verdammt!“ Castamirs saßen noch, und die letzte die ich mit dem Säugling gesehen hatte war die Hebamme gewesen. Sie würde doch unser Kind nicht…
Ich stürmte los. Dicht gefolgt von Corran, Rakhaila und Aliciane… im Haus trennten wir uns, durchsuchten die Zimmer, rannten…
Ernsthaft, wenn ich wüßte woher ich die Kraft dazu nahm. Ich weiß es heute nicht mehr…
Mich peitschte die Angst. Es konnte doch nicht sein, daß wir jetzt doch noch…
Im Ballsall hörte ich Aliciane wütendes Gebrüll.
Sie hatte den Entführer Dingfest gemacht. Aber hergeben wollte er das Kind nicht… und ich konnte weder meinen Dolch noch den Kerl fassen mit Händen die bis auf rohes Fleisch verbrannt waren. Gnädige Avarra, er brauchte den Knaben nur fallen lassen und sein Werk war vollbracht…
Wir trieben ihn in die Enge und als er sich mühselig herauszureden versuchte.
Aliciane war es schließlich die ihn faßte… das Kind fiel ihn meine ausgestreckten Arme.
Heldenhafte Frau, Corran hatte die einzig richtige Frau sich gefunden.
Rakhaila stürzte zu mir, nahm das Kind und weinte bitterlich… Ich zog sie in meine Arme…
Jetzt sitze ich hier, ordne meine Gedanken und kann kaum fassen, daß wir heil aus all dem wieder entkommen sind. Meine Hände schmerzen noch, aber das wird vergehen und die Narben die zurückbleiben werden, werden mich immer gemahnen weniger leichtfertig zu sein.
Wären wir daheim geblieben wäre all dies nicht passiert.
Jorics Wunde, von einem der Ya-Männer die den Kreis wohl angegriffen hatten würden letztlich von Yarid geheilt… und Yarid, der vor einem Jahr von Corran wegen Verrats zum Vogelfreien erklärt wurde, wurde begnadigt. Ich weiß nur nicht, ob er seine hübsche Dame wiedergefunden hat. Nach dem Kreis schien sie verloren…
Er wollte auch mir helfen, aber ich lehnte ab. Die Spuren des Kreises lagen tief in seinen Augen, er war erschöpft und ich hatte meine Strafe wohl verdient… Jetzt, wo er nicht länger ein Geächteter ist können wir vielleicht Freunde werden. Ich hoffe darauf… Nein, ich wünsche es mir. Er hat ein gutes Herz und eine verschwiegene Seele. Eer sollte endlich Menschen finden, die das wissen und darauf bauen.
Meine Familie hat das Inferno überlebt, aber nicht alle kamen mit heiler Haut davon.
Puck, der hilfreiche, geistreiche und flinke Kerl hat seine großzügige Hilfe das Leben gekostet… und auch Rafait und einige andere haben die Nacht des Mittwinters nicht mehr erlebt. Ihrer Tapferkeit ist es, der ich mein Leben verdanke…
Ich werde sie nicht vergessen… und danke den Göttern, daß ich das Kind, das ich an Sohnesstatt angenommen habe, aufwachsen sehen darf.
Es war das stillste Mittwinterfest, daß ich je erlebt habe, aber es gab selten einen Moment an dem ich so dankbar war. Jeder Atemzug war ein kleines Fest für sich… und etwas Herzhaftes zu Essen war wie ein Weltwunder. Kuchen, Rosinen, Bratäpfel, Nußriegel… das alles ist für eine lange Zeit von meinem Speiseplan gestrichen.
In eine Schlacht zu ziehen ist vielleicht nicht besser, aber es erscheint mir leichter.
Ehrliche Waffen schlagen Wunden… aber sie zerschlagen keine Seelen.
Auf weiteres soll es keine Schlachten geben. Wir sind still nach GreenScarp zurückgekehrt und fanden unsere Grenzen ruhig. Castamir regt sich nicht… vielleicht… ich möchte es nicht beschreien, wird der kleine Funke entgegenkommen in der Abgeschiedenheit von Titanias Kupferkessel der Anfang einer Annäherung sein. Lyondri wäre es zu wünschen. Soll er erstmal erwachsen werden, seine Gabe unter Kontrolle bringen, um ein Mädchen freien…
Wenn es nach mir ginge… mich würde es nicht stören. Wenn ein für alle Mal Ruhe wäre, dann könnten auch Laertes und der kleine Joric in Frieden groß werden…
Castamir kackt in seine Latrine, wir in die unsere… und wenn der alte Hastur das auch tut, dann könnte es vielleicht doch noch ganz nett werden. Aber drauf vertrauen kann man leider nicht.
Fionn di Asturien
The End
"Eine Bettgeschichte" v. Rafaith Scott
„Suchst du Arbeit?“
Sei die Gestalt auch noch so undurchsichtig, die erste Antwort muss „Ja“ lauten, wenn man die Nacht unter einem Dach, vielleicht sogar in einem warmen Federbett, an der Seite einer weichen Frau verbringen will.
Und also sagte ich ja, als mich an diesem Abend eine zwielichtige, Akzentsprechende, aber überaus freigiebige Gestalt ansprach. Gemeinsam wurden wir an der Pforte der Herberge von einem aufmerksamen Stallburschen begrüßt und gleich zum Wirt, Mestru Oberon wie wir erfuhren, vorgelassen. Kritisch beäugte uns beide, meinen „Auftraggeber“, obwohl ich zu diesem Zeitpunkt aber auch rein gar nicht wusste, was mich der nächste Dienst kosten würde und mich selbstverständlich, denn auf einer langen Reise leiden nicht nur Kleidung und Anstand…mein Geruch muss tragische Ausmaße angenommen, wenn gleich später die holde Weiblichkeit…aber das kommt, wie gesagt…später.
Eingelassen, aufgewärmt und doch noch nicht mit einem Bett gesegnet, aber man sollte den Abend nicht vor der Nacht verdammen, denn vieles was im Dunkeln geschehen mag, zahlt sich im ersten Morgenlicht aus.
Die Verhandlungen mit meinem Auftraggeber gestalteten sich schwierig, denn ich war an einen vorsichtigen Mann geraten, der mir nur nach und nach den Grund mich zu verdingen Preis gab. Also blieb mir nichts anderes übrig, auch in anderen Richtungen mein Heil, also mein Bett, zu suchen.
Der Wirt gab mir Arbeit…eine Grube für…nun…jeder hat Bedürfnisse. Ich grub also, was die aufgewärmten Muskeln hergaben und nach gut einer Stunde, in der sich die Herberge bedenklich füllte, hatte ich mir mein erstes Bett verdient und 2 Sekal obendrein. Ja, meine Freunde, das erste Bett in einer Reihe von verdienten Betten, die mir eigentlich hätten die Möglichkeit geben müssen, ein kleines Geschäft aufzuziehen, in dem ich mein Bett tageweise vermieten würde. Doch es kam anders.
Noch während meiner heroischen, weil kalt, Plackerei trafen Dereck und ich auf einander. Oder viel mehr näherten wir uns immer weiter an und Stunden vergingen, bevor ich seinen Namen erfuhr. Ein abgerissener, elender und verwirrter Zeitgenosse, dem das Leben mehr als schlecht mitgespielt hatte. Von Altonland sei er gekommen, so reimten Puck, der Stallbursche von der Pforte, und ich es uns zusammen. Sicher waren wir jedenfalls nie, wen wir da vor uns hatten. Dereck sei Bauer gewesen, seine Familie tot und der vai dom habe ihn beauftragt bei den Hasturs in Thendara Hilfe zu erbitten. So oder ähnlich zumindest hätte die Geschichte, die er stammelnd und verworren vortrug, lauten können.
Aber so wichtig ihm dieser Auftrag war, schien uns doch sein unmittelbares Wohl viel wichtiger zu sein. Ich begann also den Plan zu legen, ein zweites Bett zu erarbeiten.
Mein Auftraggeber, in einem seiner weniger verschlossenen Momente, versprach mir für meine noch kommenden Dienste…na sicher…ein Bett und Kupfer obendrein. Wenn ich verschwiegen und gut mit dem Schwert sei…was ich immer gewesen bin, denn Rafaith kann alles, dann wäre ich sein Mann. Meine Zusage brachte mir zunächst noch ein gutes Getränk und eine warme Mahlzeit ein.
Mein zweites, nicht nur in Aussicht gestelltes Bett, erhielt ich dann, als mein Auftraggeber starb und Puck und ich ihn verscharrten und dem Wirt so viel Aufsehen und Ärger ersparten.
Wie aber starb mein Auftraggeber?
„Seht ihr da vorne den Barden?“ Ich nickte. „Ihn wollen wir.“
Ich erspare euch des weiteren das Gespräch, führte ich es doch so, das meine Zieren, meine Vorsicht nur noch stärker wurden und nur weiteres Kupfer mich doch noch überzeugen konnten und….wenn mans recht bedenkt, ist jeder sich selbst der Nächste und wer ein Bett für die Nacht sucht, der muss schon mal über Leichen gehen und in manchen Nächten auch mit ihnen.
Der Auftrag begann, leichter als erwartet, endete jedoch mit zerschundenen und verbrannten Händen.
Ich hatte Dereck mitgenommen, denn schließlich brauchte er noch ein Bett und zwei Männer waren kräftiger als einer, um sich des Barden anzunehmen. Dieser war zu der Zeit als wir ankamen bereits bewusstlos und lag mit seiner Harfe danieder. „Hebt ihn auf und bringt ihn nach draußen“, so lautete also der Auftrag. Doch noch bevor wir die Hand erheben konnten schlug eine unsichtbare Ohrfeige uns selbst hin und Minuten waren wir starr und ohne rechte Besinnung. Es klingt alles so unglaubwürdig und so verworren…es liegt nicht an meiner Erzählung, denn es trug sich so zu und welchen Grund hätte ich zu lügen. Als wir wieder zu uns kamen sprach der Barde mit Dereck und schickte ihn hinaus, dieser ging, wie unter einem Bann. Ab hier weiß ich selbst kaum noch etwas. Nur Bruchstücke, die mir Schmerzen in die Hände treiben. Wir versuchten den Barden zu überwältigen, ihm zunächst die Harfe zu entwenden, doch eben dieser verbrannten wir uns die Finger, auch durch schweres Tuch hindurch war die Harfe noch heißer als ein Topf auf dem Feuer. Mein Auftraggeber reichte mir ein Seidentuch und hier war die Hitze deutlich geringer und so trugen wir ihn nach draußen. Dereck, der nun zwar immer noch verwirrt, aber ohne Zauber war, kam hinzu und verdiente sich sein Bett. Doch Schock schwere Not, just als wir draußen waren, griffen uns die Ya-Männer an und mein Auftraggeber, den zu beschützen unter anderem auch meine Aufgabe gewesen war, starb. Erschlagen von diesem Vogelvolk. Ich vertrieb sie mit ausladenden Schwertschwingen.
Ja, ich Rafaith, der Kämpfer und Retter aller. Hatte ich dafür ein nicht Bett verdient?
..und ich bekam es im Überfluss. Der Wirt, zum Schlachtfeld hingelaufen, gab den Auftrag die Leiche fort zu schaffen und zu vergraben, ohne Aufsehen und schweigsam. Dies brachte schlussendlich Dereck einen Platz in der Scheune ein, immerhin und mir das zweite Bett.
Jetzt lässt man sich Gelegenheiten nicht entgehen und was hätte es ihr noch genützt. Bevor wir also die Leiche in die Grube ließen, die ja noch von meiner Arbeit am Abort vorhanden war, filzte ich sie und nahm an mich, was sich verwerten ließ. Die Geldkatze war gut gefüllt. Dies war dann schon Bett drei und vier. Langsam begann der Abend erfolgreich zu werden.
Nach getaner Arbeit nahm ich Dereck mit in die Taverne, wir hatten uns beide ein warmes Bier verdient, doch noch bevor es dazu kommen konnte, wurde Dereck schon wieder hinaus geführt. Der Wirt war unerbittlich, wenn gleich ich sagen muss, das er wohlwollender mit Dereck umging, als ich dachte. Nichts desto trotz regte ich mich maßlos auf und lautstark noch dazu. Vielleicht fand sich in der gut gefüllten Taverne noch jemand, der auf der Seite eines gebeutelten Mannes stand und so Dereck zu einem warmen Platz verhelfen konnte.
Doch weit gefehlt…ich hatte das Gefühl, das bald in Reih und Glied Gäste und Oberon an meinen Platz kamen und mich auf gutes Benehmen hinwiesen, was mich noch wütender machte, denn zeugt es von gutem Benehmen jemanden bei dieser Kälte im Stall schlafen zu lassen, auch wenn er bestialisch stank, wie Dereck es wohl tat? Nein, das zeugt nicht von gutem Benehmen und bevor ich eines meiner Betten für diese Nacht auch noch verlieren würde, gab ich mich geschlagen und trank mein Bier alleine.
Wenige Zeit später drang vom Nebentisch ein eigenartiger Geruch herüber und ich konnte nicht widerstehen einen Blick darauf zu werfen. Nun, vielmehr muss ich längere Zeit darauf gestarrt haben, denn man bemerkte meinen gierigen Gesichtsausdruck und da der Mestra zu meiner Rechten der Fraß wohl nicht schmeckte, überließ sie ihn mir. Ich dankte, auch ihrem Mann, den ich bereits als Mestru Finn kennen gelernt hatte und begann die Fischpastete zu verspeisen. Ein Genuss kann ich euch sagen, auch wenn ich von meinen Reisen nicht immer gute Erfahrungen aus Temora gemacht hatte. So kam es, wie es kommen musste, ich verschluckte mich jämmerlich an einer Gräte und wenn Mestru Finn nicht einen Griff an meinen Körper getan hätte, so wäre ich längst nicht mehr euer Rafaith und die Geschichte dieses Abends würde nie erzählt werden. Ich überlebte knapp und röchelte, spuckte noch einige Zeit, was mich für kurze Zeit der Aufmerksamkeit aller versicherte. Noch bevor ich dem Wirt ans Leder gehen konnte, um durch diesen Fehler seiner Küche ein weiteres Bett zu ergaunern, ein weiteres Bier hatte man mir schon hingestellt, also noch vor einem weiteren Erfolg meines Bettengeschäfts, überkam mich ein weiterer Anfall. Hier half mir nun die Frau von Mestru Finn und führte mich sorgsam an die frische Luft.
Ich atmete bald freier und wollte wieder zurück in die Wärme, denn der Schneefall draußen war immens und wir beide waren ohne Mantel. Doch was geschah liebe Freunde..ihr werdet es nicht glauben. Die Mestra begann mich zu umgarnen, sie sah ich an mit ihren funkelnden Augen und trieb mich weiter von der Taverne weg, bis zu einer dunklen Stelle. Jetzt gehöre ich, die Götter wissen es, nicht zu den ganz Dreisten, die alles mit nehmen, was ihnen geboten wird. Nein, Rafaith hat Anstand, so sagen die Leute, doch in jenem Moment, als sich ihr Körper an mich drängte, da war selbst die gute Tat Mestru Finns vergessen und ich gab mich ihr hin. Ein langer nie enden wollender Kuss…..und ein abrupter Ruck, der mich meterweit zurück taumeln ließ. Ich sah mich unversehens einem Hünen von Mann gegenüber, der mich anschrie und bedrohte. Ja, er zog sogar sein Schwert und drohte mir, es tief in meinem Balg zu versenken, wenn ich nicht von seiner Frau abließe.
Erst später begriff ich, das ich nichts begriff und noch in der Nacht fragte ich mich, wie dieser Berserker mit Mestru Finns Frau in Verbindung stand, ihre Ehre verteidigte und sie die Seine nannte.
Ich kam auch aus dieser Situation glimpflich davon und ich frage mich immer noch, was geschehen wäre, wenn ich an den versteckten Dolch an meiner rechten Seite heran gekommen wäre…nun wahrscheinlich wäre ich bereits an diesem Abend jämmerlich verreckt.
Ich zog mich zurück, vorsichtig und beteuernd, nie und nichts unehrenhaftes getan zu haben. In einer solchen Situation kann man nur lügen und es geht einem gut von den Lippen. Der Hüne ließ von mir ab und wandte sich wieder der wohlwollenden Mestra zu, deren Namen ich bis auf den heutigen Tag nicht erfahren habe und sicher auch nicht mehr erfahren werde. Sie schrie und rief nach ihrem Liebsten und das sie mich lieben würde, doch mir musste mein Leben lieber sein, wenn auch manchmal die Liebe das Leben ist. Der Kuss jedoch brannte noch lange auf meinen Lippen.
In der Taverne trank ich noch, still für mich, das ein oder andere ergaunerte und leider auch bezahlte Bier. Dieser Abend war zuviel für einen Mann, auch wenn er in seinem Leben schon viel erlebt hatte. Wenn es einen aber wie eine Lawine überrollt, dann helfen nur noch gute Getränke und weiche Federn.